Immer mehr Studenten zieht es ins Ausland und auch in heimischen Kliniken begegnet man Krankheiten aus anderen Erdteilen. Die Globalisation and Health Initiative (GandHI) der bvmd fordert deshalb, globale Gesundheitsthemen ins Medizinstudiums aufzunehmen.
Wer bereitet uns auf die Herausforderungen im In- und Ausland vor oder gibt uns überhaupt einmal eine Übersicht über die „globalen“ Prozesse in der Medizin? Wer erklärt uns warum es in manchen Teilen dieser Erde ein rapides Bevölkerungswachstum gibt und bei uns der Nachwuchs fehlt? Wer zeigt uns was es mit Pharmapatenten und dem Recht auf Gesundheit auf sich hat? Im Moment leider niemand. Zurzeit ist das Lehrangebot an den deutschen Medizinfakultäten zu solchen Themen deutlich unterrepräsentiert.
Studenten werden aktiv
Deswegen setzt sich die Globalisation and Health Initiative (GandHI), eine Arbeitsgruppe von Medizinstudierenden, die zur Bundesvertretung der Medizinstudieren in Deutschland (bvmd) gehört, aktiv für die Etablierung von Kursen zu globaler Gesundheit ein. Bereits Anfang 2009 hat sie ein Positionspapier zum Thema veröffentlicht. Gefordert wird die Einführung des interdisziplinären Arbeitsfeldes Global Health in die medizinische Ausbildung. Deutsche Medizinstudierende sollen eine Ahnung davon bekommen, was es mit der Gesundheit anderswo auf sich hat, denn um mit solchen Problemen konfrontiert zu werden, muss man heutzutage nicht mal das Land verlassen.
Globale Herausforderungen nehmen zu
Wir leben in einer immer kleiner werdenden Welt. Das Zusammenrücken, die Vernetzung, der Handel – sprich die Globalisierung – der Welt hat gerade in den letzten Jahrzehnten rapide zugenommen. Das hat nicht nur wirtschaftliche und soziale Auswirkungen sondern auch direkten Einfluss auf die Gesundheit der Bewohner unserer Erde. Die Entstehung von immer mehr Riesenmetropolen verändert unseren Lebensraum, die zunehmenden Emissionen verändern unser Klima und die Veränderungen der lokalen Volkswirtschaften führen zu anderen Erwerbsformen. Und das sind nur einige Beispiele die direkten Einfluss auf unser Leben und unsere Gesundheit haben. Sicher ist, die Lebensumstände ändern sich, teilweise im positiven, aber oft auch im negativen Sinne.
Auch in Deutschland haben wir auf den Stationen der Krankenhäuser immer öfter mit Patienten zu tun, die aus anderen Regionen der Erde kommen. Aber auch wir selbst planen immer öfter Auslandsaufenthalte, sammeln Erfahrungen in der Ferne oder absolvieren Teile unserer Ausbildung in einem anderen Land. Mit dem erleichterten Reisen verwischen die geographischen Grenzen von Krankheitserregern.
Den bestehenden Bedarf zeigt auch die Umfrage von Kayvan Bozorgmehr. In seinem Paper „Global Health Education: a cross-sectional study among German medical students to identify needs, deficits and potential benefits“ berichtet er, dass bei seiner Umfrage unter mehr als 1000 deutschen Medizinstudenten, 33% bereits ein Praktikum im Ausland absolviert hatten, davon 36 % in Entwicklungsländern. Praktisch alle Befragten befürworteten eine Einführung von „Global Health“-Themen in die curriculare Lehre.
Fehlt Dir der globale Bezug in der Ausbildung?
Kurse stoßen auf großes Interesse
Inspiriert durch das Positionspapier haben im Verlauf dieses Jahres bereits die ersten Veranstaltungen in Form von Wahlpflichtkursen statt gefunden. Mit großem Erfolg wurden Kurse dieser Art bisher in Aachen, Marburg, Münster und Gießen durchgeführt, an weiteren Fakultäten befinden sich Kurse in der Planung. In den meisten Fällen waren diese Veranstaltungen von großem studentischem Engagement geprägt. Von den Fakultäten selbst gingen die Initiativen in den seltensten Fällen aus. Die Evaluationen und Zahl der Anmeldungen zeigen, was vorher schon vermutet wurde: der Bedarf und das Interesse sind groß.
Die Fakultäten müssen beginnen zu verstehen, dass bei der Ausbildung nicht nur an die Anforderungen des deutschen Gesundheitssystems gedacht werden darf. Der Beruf des Arztes verlangt, egal ob als Facharzt oder als niedergelassener Allgemeinmediziner, zumindest ein gewisses Maß an Verständnis globaler Prozesse. Das zeigt nicht nur das mediale Interesse an SARS, Schweinegrippe oder HIV. Denn viele beginnen sogar das Studium gerade aus dem Wunsch heraus, später in der Humanitären Hilfe zu arbeiten. Doch darauf, müssen sie im Studium auch vorbereitet werden.