Das Restless Legs Syndrome kann verschiedene Ursachen haben. Mit Hilfe eines sensorischen Messverfahrens können Mediziner nun sicher entscheiden, welche Form der Erkrankung vorliegt und Patienten die richtige Therapie anbieten.
Die meisten Betroffenen haben noch nie etwas von der Krankheit gehört: Viele Patienten, die wegen Schlafstörungen zum Neurologen gehen, erfahren erst dort, dass sie am Restless Legs Syndrome (RLS) leiden. Dabei ist das Syndrom der ruhelosen Beine eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen in Deutschland. Experten schätzen, dass rund zehn Prozent der Bevölkerung eine Veranlagung für diese Erkrankung aufweisen und von diesen rund ein Viertel behandlungswürdige Symptome haben. Frauen sind rund doppelt so häufig von der Krankheit betroffen. Wichtigstes Kennzeichen des RLS ist ein Bewegungsdrang der Beine, der mit Missempfindungen wie Kribbeln, Brennen, Ziehen oder Zucken einhergeht.
RLS-Symptome stören Schlaf der Patienten
Da die Beschwerden vor allem abends und nachts auftreten, haben RLS-Patienten oft Probleme beim Ein- und Durchschlafen. „Untersuchungen im Schlaflabor zeigen, dass bei den Patienten häufig periodische Beinbewegungen in der Nacht auftreten, die sie am Einschlafen hindern und sie während des Schlafes wiederholt aufwecken“, berichtet Professorin Karin Stiasny-Kolster, Fachärztin für Neurologie und Inhaberin eines Ambulanten Schlaflabors in Marburg.
Die Ursachen für die unangenehmen Empfindungen können unterschiedlich sein. Beim primären RLS weiß man noch sehr wenig darüber, nimmt aber an, dass Dopamin eine wichtige Rolle spielt. Der Botenstoff leitet Reize zwischen den Nervenzellen des Gehirns und des Rückenmarks weiter. Beim sekundären RLS können die Beschwerden zum Beispiel entstehen, wenn die feinen Nervenfasern in den Beinen erkrankt sind.
Schmerzmuster erlauben schnellere Entscheidung
Ein Göttinger Forscherteam konnte kürzlich zeigen, dass ein einfaches Messverfahren ausreicht, um diese beiden RLS-Formen sicher zu unterscheiden. Wie die Wissenschaftler um Cornelius Bachmann im Fachmagazin Brain berichteten, erlaubt das Verfahren, charakteristische Schmerzprofile sowohl für Patienten mit primärem RLS als auch solchen mit sekundärem RLS, verbunden mit einer Neuropathie der feinen Nervenfasern, zu erstellen. „Dadurch sind wir in der Lage, früher als bisher zu entscheiden, welche Therapie für welche Patienten am ehesten geeignet ist“, sagt Bachmann, Facharzt in der Abteilung Klinische Neurophysiologie der Universitätsmedizin Göttingen.
Grundlage für das von den Wissenschaftlern angewandte Verfahren ist die so genannte Quantitative Sensorische Testung (QST): Dabei werden auf der Haut von Betroffenen Schmerzschwellen für Kälte und Wärme sowie die Empfindlichkeit für spitze oder stumpfe Reize oder Druck ermittelt. „Im Gegensatz zu anderen neurologischen Untersuchungsmethoden erforderte die QST von den Probanden die Bereitschaft zu kooperieren“, erklärt Bachmann. „Wir haben einen objektiven Stimulus gesetzt und bekamen anschließend von den Testpersonen eine subjektive Antwort.“
Diagnose ohne Blutentnahme
Mit Hilfe der sensorischen Tests untersuchten er und seine Kollegen insgesamt 21 Patienten mit primärem und 13 Patienten mit sekundärem RLS, das mit einer Neuropathie der feinen Nervenfasern einherging. Als Vergleich dienten 20 gesunde Probanden. Zwar waren alle RLS-Patienten besonders empfindlich auf spitze Nadelreize und stumpfen Druck, aber Patienten mit der primären Form der Krankheit nahmen Vibration und Druck auf die Muskulatur intensiver wahr. Die RLS-Patienten, die an einer Erkrankung der feinen Nervenfasern litten, reagierten auch weniger stark auf Kälte und Wärme. „Wir konnten mithilfe der QST einfach und unblutig ermitteln, an welcher RLS-Form die Patienten erkrankt waren“, sagt Bachmann.
Die genaue Diagnose helfe, so der Neurologe, die Behandlung der RLS-Patienten zu optimieren. So profitieren Patienten mit primären RLS eher von Wirkstoffen, die wie der Nervenbotenstoff Dopamin wirken. Das können Dopaminagonisten wie Ropinirol, Pramipexol oder Rotigotin oder auch die Dopaminvorstufe Levodopa sein, die nach Passieren der Blut-Hirn-Schranke zu Dopamin verstoffwechselt wird. Bei Patienten mit sekundärem RLS kommen vor allem Medikamente gegen Nervenschmerzen wie die GABA-Analoga Gabapentin oder Pregabalin zum Einsatz.
Lebenslang Medikamente
Auch die Neurologin Stiasny-Kolster findet, dass QST geeignet ist, verschiedene Schmerzprofile zu erstellen: „Man kann damit Mechanismen des Schmerzes auf die Schliche kommen und idealerweise passgenaue Therapien einsetzen.“ Kein unwichtiger Aspekt, denn vor allem für Patienten mit primären RLS ist die medikamentöse Therapie fast immer von Dauer: „Weil wir die Ursache der Krankheit nicht kennen, ist es eine symptomatische und keine kausale Behandlung“, so Bachmann. Die Patienten müssten deshalb für den Rest ihres Lebens Medikamente einnehmen.