Humane Papillomviren sind nicht nur Verursacher des Gebärmutterhalskrebses, sondern auch an der Entstehung von Hauttumoren beteiligt. Besonders betroffen davon sind Menschen mit einem schwachen Immunsystem. Forscher wollen nun eine Impfung entwickeln.
Humane Papillomviren (HPV) greifen Epithelzellen der Haut und verschiedener Schleimhäute an. Sie können bei den infizierten Zellen ein unkontrolliertes Wachstum hervorrufen und führen zur Warzenbildung an der betroffenen Haut- oder Schleimhautstelle. Mittlerweile sind mehr als 100 Typen dieser DNA-Viren bekannt. Einige HPV-Typen können bösartige Veränderungen hervorrufen, insbesondere Gebärmutterhalskrebs bei Frauen. Ferner ist auch ein erheblicher Anteil der Scheiden-, Penis- und Anal-Karzinome Folge einer solchen HPV-Infektion.
Aktuelle Studien zeigen, dass diese Viren sehr wahrscheinlich eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Plattenepithelkarzinomen der Haut spielen. Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind besonders dafür anfällig, da sie die Viren in der Haut nicht mehr erfolgreich abwehren können. Vor allem organtransplantierte Patienten, deren Körperabwehr mithilfe spezieller Medikamente stark unterdrückt wird, leiden aufgrund der Papillomvirusinfektionen unter massiver Warzenbildung und Hautkrebsvorstufen. Sie besitzen daher ein sehr stark erhöhtes Risiko, an einem Plattenepithelkarzinom zu erkranken – besonders an Körperregionen, die stark dem Sonnenlicht ausgesetzt sind.
Immunsystem kontrolliert Viren
Experten schätzen, dass bei Patienten mit einem transplantierten Organ diese Form des Hautkrebses rund 100mal häufiger vorkommt als bei vorher gesunden Personen. „Normalerweise ist das Immunsystem in der Lage, kutane HPV-Typen zu kontrollieren“, sagt Privatdozent Ingo Nindl, Wissenschaftlicher Leiter am Hauttumor-Centrum der Berliner Charité. „Die extreme Häufung von Plattenepithelkarzinomen bei Organtransplantierten sowie zahlreiche weitere Daten weisen eindeutig daraufhin, dass die Papillomviren diesen Hauttumortyp auslösen, sobald die Kontrolle durch das Immunsystem ausfällt.“
Obwohl Plattenepithelkarzinome in der Regel erst spät Metastasen bilden, gestaltet sich ihre Behandlung bei Organtransplantierten extrem schwierig. Bei dieser Patientengruppe tritt der Hautkrebs fast immer großflächig und an vielen Stellen auf. Eine chirurgische Entfernung, so Nindl, komme in den meisten Fällen dann nicht mehr in Frage. Mediziner versuchen daher, den Tumor alternativ zu behandeln: Kryotherapie, photodynamische Therapie, lokal wirkende Chemo- oder Immuntherapie mit Hilfe von Cremes sind hierbei Mittel der Wahl.
Impfstoff ahmt Virushülle nach
Noch mehr könnten organtransplantierte Patienten allerdings davon profitieren, wenn man das Übel direkt an der Wurzel packen würde: Eine Impfung, wie es sie gegen Gebärmutterhalskrebs schon gibt, wäre eine viel versprechende Möglichkeit, das Hauttumorrisiko der Betroffenen deutlich zu verringern. Genauso wie bei der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs könnte ein virusähnlicher Impfstoff zum Einsatz kommen. Dieser besteht aus Partikeln, die zwar die Hülle der Papillomviren nachahmen, aber kein infektiöses Erbmaterial enthalten. Nach der Impfung bildet das Immunsystem gegen die Partikel Antikörper, die den zukünftigen Eintritt von Viren verhindern. Bislang sind die Erfolgsaussichten einer Impfung gegen das Plattenepithelkarzinom jedoch noch weitgehend unerforscht. Das will eine Forschergruppe des Deutschen Krebsforschungszentrums in Kooperation mit der Berliner Charité nun ändern. Die Wissenschaftler Professor Frank Rösl, Ingo Nindl und Kai Schäfer möchten vor allem die Frage klären, zu welchem Zeitpunkt eine solche Impfung den größten Erfolg verspricht. „Wir wissen nicht, ob die Impfung vor oder nach der Organtransplantation erfolgen muss“, sagt Schäfer. Auch sei noch unklar, so der Molekularbiologe, ob die Impfung noch wirksam sei, wenn der Patient sich schon mit Papillomviren angesteckt habe.
Vielzitzenmaus als Tiermodell
Diese Aspekte wollen Schäfer und seine Kollegen in Rahmen einer präklinischen Studie mit Hilfe der afrikanischen Vielzitzenmaus untersuchen. Diese Nagetiere sind ein bisschen größer als eine Hausmaus und tragen von Natur aus Hautpapillomviren in sich. Sie erkranken im Laufe ihres Lebens fast immer an Hauttumoren. Ein idealer Ausgangspunkt für die Forscher: Deshalb haben sie vor, die Mäuse zu impfen und einem Teil der Tier zusätzlich Immunsuppressiva zu verabreichen. „Einerseits wollen wir herausfinden, wie sich die Unterdrückung des Immunsystems auf das Tumorwachstum auswirkt“, sagt Schäfer. „Andrerseits wollen wir testen, wie der Impfstoff unter Immunsuppression wirkt und dadurch die Situation bei Organtransplantierten simulieren.“ Falls die präklinische Studie mit der Vielzitzenmaus in den kommenden zwei Jahren erfolgreich verlaufen sollte, plant Nindl im Anschluss, eine Studie beim Menschen zu starten. Der Virologe geht jedoch nicht davon aus, dass die Impfung gegen Hautkrebs in den kommenden Jahren schon routinemäßig angewendet werden wird. „Im Moment sind keine Hochrisikotypen des kutanen Papillomvirus bekannt, die auf jeden Fall Hautkrebs auslösen“, sagt Nindl. „Und gegen alle Typen von Hautpapillomviren zu impfen, das ist zurzeit zu aufwändig und zu teuer.
Risikofaktor Hautwarzen
Vorrangig, findet der Virologe, solle man deswegen Impfungen gegen Hautwarzen vorantreiben. Diese stellten auch ein großes Problem bei organtransplantierten Patienten dar und stünden zudem dringend in Verdacht, sich nach ein paar Jahren zu einem Plattenepithelkarzinom weiterzuentwickeln. Nindl: „Reduziert man die Zahl der Warzenträger, gibt es wahrscheinlich auch weniger Patienten mit einem Hauttumor.“