Neue Runde in der Diskussion um die Homöopathie. Eine Studie bei Rheumapatienten straft das Gerücht Lügen, wonach die Homöopathie nicht in kontrollierten klinischen Studien evaluierbar sei. Und sie belegt, dass Homöopathie sowohl wirkt als auch nicht wirkt.
Ob Freunde und Feinde der Homöopathie wohl bei dieser Studie endlich zueinander finden? Vielleicht. Zumindest haben Komplementärmediziner aus Großbritannien sich wirklich alle Mühe gegeben, um ein Studiendesign zu entwerfen, welches der Tatsache Rechnung trägt, dass sich Homöopathie und Schulmedizin in mehr unterscheiden als nur in der Verabreichung von homöopathisch zubereiteten Arzneimitteln.
Auf der Suche nach einem fairen Studiendesign
Der klassische Einwand, mit dem sich jeder konfrontiert sieht, der fordert, dass die Wirksamkeit der Homöopathie in klinischen Studien belegt werden müsse, bevor ein im Umlageverfahren finanziertes Gesundheitswesen dafür bezahlt, lautet folgendermaßen: Homöopathie und Schulmedizin seien von ihrem ganzen Ansatz her so verschieden, dass sie in einer randomisiert-kontrollierten Studie gar nicht sinnvoll verglichen werden können. Die Rheumatologin Dr. Sarah Brien von der Complementary and Integrated Medicine Research Unit am Aldermoor Health Centre in Southamptom hat nun explizit versucht, diesem populären Einwand zu begegnen. In einer randomisierten und bei der Medikation doppelt verblindeten und placebokontrollierten Studie bei Patienten mit stabiler, konventionell medikamentös eingestellter rheumatoider Arthritis hat sie versucht, zu ergründen, ob die Homöopathie wirkt und wenn ja warum. Die Ergebnisse sind nachzulesen in der Zeitschrift Rheumatology, wo sie sogar im Volltext abrufbar sind.
Wie hat sie das gemacht? Sie hat sich zunächst einmal den Einwand zu Herzen genommen, dass der ganze homöopathische Versorgungsprozess irgendwie besonders sei und entsprechend zwei Gruppen gebildet, eine in der die Patienten konventionell schulmedizinisch beraten wurden und eine, in der eine bekanntlich aufwändigere homöopathische Beratung beziehungsweise Anamnese und Befunderhebung erfolgte. Die Patienten in der Gruppe mit schulmedizinischer Beratung wurden dann weiter randomisiert: Sie erhielten entweder die von dem Homöopathen empfohlene homöopathische Komplextherapie oder ein Placebopräparat in identischer Aufmachung. In der Gruppe, in der homöopathisch beraten wurde, wurden die Patienten bei der Medikation sogar in drei Gruppen randomisiert, nämlich Placebo, Komplexbehandlung oder individuelle Zubereitung.
Weniger Beschwerden bei intensiverer Beratung
Die ausgewählten primären Endpunkte der Studie entsprachen denen der klassischen Rheumatologie: eine mindestens 20prozentige Verbesserung des Abschneidens beim Standardscore ACR und eine Verbesserung der globalen Selbsteinschätzung des Patienten auf Monatsbasis. Sekundäre Endpunkte waren verschiedene Schmerz- und Gelenksparameter, von denen bekannt ist, dass sie Aussagen zur Lebensqualität des Patienten erlauben.
Das Ergebnis gibt zu denken: Zwar gab es hinsichtlich der primären Endpunkte keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den insgesamt fünf Gruppen. Bei den sekundären Endpunkten Schmerzempfinden, Zahl der geschwollenen Gelenke, Patientenselbsteinschätzung auf Wochenbasis und Stimmung gab es dagegen jeweils signifikante Vorteile für jene Patienten, die homöopathisch beraten wurden im Vergleich zu jenen, die nur schulmedizinisch beraten wurden. Das interessante ist nun, dass es innerhalb der Beratungsgruppen jeweils keinerlei Unterschiede gab. Es war also gleichgültig, ob die Patienten Placebo, Komplexhomöopathie oder individuell zubereitete homöopathische Medikamente erhielten, solange sie nur vorher homöopathisch beraten wurden. Anders ausgedrückt: Reden half, Globuli nicht.
Ist Homöopathie minus Globuli immer noch Homöopathie?
Eine Schwäche der Studie liegt darin, dass sie vergleichsweise klein ist. Werden 83 Patienten auf fünf Gruppen verteilt, bleiben bei einer Dropout-Quote von immerhin 30 Prozent nur noch rund zwei Handvoll Probanden pro Gruppe übrig. Der fast durchgängige und statistisch signifikante Effekt zugunsten der homöopathischen Beratung bei den (prädefinierten) sekundären Endpunkten deutet allerdings darauf hin, dass die Studie für das, was sie zeigen wollte, nicht dramatisch zu klein war.
Die Experten der Zeitschrift Rheumatology scheinen das auch so zu sehen: Sie widmeten der Studie ein Editorial, das eine provokante Frage stellt: Have we lost core medical values? Der Autor ist Edzard Ernst, ein streitbarer und bekannt homöopathiekritischer Lehrstuhlinhaber für Komplementärmedizin an der Universität Exeter. Er unterstreicht im Einklang mit der Studienleiterin, dass es die therapeutische Beziehung zwischen homöopathisch tätigem Arzt und Patient zu sein scheine, die den Unterschied mache, nicht die homöopathische Medikation per se. Offen bleibt natürlich die Frage, ob es etwas spezifisch Wirksames an einer homöopathischen Konsultation gibt, oder ob nicht eher generell eine intensivere Beziehung zwischen Arzt und Patient zu einem größeren Therapieerfolg führt. Ernst zumindest tendiert zu Letzterem.