Vermeintlich ohne Vorankündigung trifft er einen: der Apoplex des Gehirns. Doch die Interstroke-Studie zeigt, dass es bis zu zehn beeinflussbare Risikofaktoren gibt, die mitbestimmen, ob es zu einem Schlaganfall kommt oder nicht. Ganz oben auf der Liste: die Hypertonie.
Zehn Risikofaktoren, zu denen neben der Hypertonie auch Bewegungsmangel, Hyperlipidämie, Ernährungsfehler, abdominelle Adipositas, Herzerkrankungen, psychosoziale Faktoren sowie Rauchen , Alkohol und Diabetes mellitus gehören, verursachen etwa 90 % der Schlaganfälle. Die Interstroke-Studie ist eine Fall-Kontroll-Studie, die fast 27.000 Teilnehmer umfasste. Zwischen 2007 und 2015 verglich sie die Schlaganfalldaten von 13.500 Patienten mit denen von ebenso vielen Kontrollpersonen. Interessant ist zudem, dass sozioökonomische und geographische Gruppen unterschieden wurden: Westeuropa/Nordamerika/Australien, Ost- und Zentraleuropa/Naher Osten, Südamerika, China, Südasien, Südostasien sowie Afrika.
Endpunkte der Studie waren die Odds Ratio (OR) und das populationsattributable Risiko (PAR). Mit letzterem lässt sich bestimmen, wie hoch der prozentuale Beitrag eines bestimmten Risikofaktors (hier Schlaganfall) am Gesamtrisiko innerhalb einer Bevölkerung ist. Die Summe aller PAR kann durchaus höher als 100 % sein, denn einige Risikofaktoren beeinflussen sich gegenseitig. Das größte Risiko ging vom Hypertonus aus, dessen PAR bei 47,9 % lag. Direkt dahinter folgten Bewegungsmangel (PAR 35,8 %), Hyperlipidämie (PAR 26,8 %), Ernährungsfehler (PAR 23,2 %) und abdominelle Adipositas (PAR 18,6 %). Psychosoziale Faktoren (PAR 17,4 %), Rauchen (PAR 12,4 %), Herzerkrankungen (PAR 9,1 %), Alkohol (PAR 5,8 %) und Diabetes mellitus (PAR 3,9 %) rangierten nachgeordnet. All diese Risikofaktoren waren in den geographischen Regionen alters- und geschlechtsunabhängig von Bedeutung. Einzig die Trends der Risikofaktoren zeigten regionale Unterschiede. So lag die PAR für Hypertonie als Risikofaktor in Südostasien bei etwa 60 %, während sie in Westeuropa/Nordamerika/Australien nur 39 % ausmachte. Dahingegen waren die „westlichen“ Regionen bei der Adipositas mit einer PAR von 32,1 % die Spitzenreiter in der Welt.
Unterschiede bestanden aber auch bei der Verteilung von ischämischen zu hämorrhagischen Schlaganfällen. In den westlichen Industrieländern fanden sich bei neun von zehn Schlaganfällen (= 93,3 %) ischämische Ursachen. In Südostasien hingegen nur in zwei von drei Fällen. Ebenso scheinen bestimmte Risikofaktoren entweder eher ischämische oder aber hämorrhagische Insulte auszulösen. So spielten sieben Risikofaktoren sowohl beim ischämischen als auch beim hämorrhagischen Schlaganfall eine Rolle. Der Hypertonus war z. B. besonders kritisch für zerebrale Blutungen. Auf der anderen Seite scheinen Rauchen, Diabetes mellitus und Hyperlipidämie nur für ischämische Insulte relevant zu sein. Rauchen und Alkohol bildeten bei den Männern das größere Risiko, während die abdominelle Adipositas und Herzkrankheiten Frauen schwerer belasteten.
Weltweit gesehen gehen 90 % der Schlaganfälle auf zehn Risikofaktoren zurück. Dennoch gibt es wichtige regionale Unterschiede in der Gewichtung dieser Risikofaktoren. Neben der globalen Prävention sollten deshalb zukünftig auch regional angepasste Vorsorgemaßnahmen zur Anwendung kommen, so die Autoren abschließend. Quelle: Global and Regional Effects of Potentially Modifiable Risk Factors Associated With Acute Stroke in 32 Countries (INTERSTROKE): A Case-Control Study. MJ O'Donnell et al.; The Lancet, doi: 10.1016/S0140-6736(16)30506-2; 2016