Chronisch entzündliche Darmerkrankungen erhöhen das Thromboserisiko. Sie fördern venöse Rethrombosen und verlangen deshalb nach einer längerfristigen Gerinnungshemmung.
Jahrelange Bauchschmerzen und Durchfälle: Sie sind die Symptome Chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CED). Unter diesem Oberbegriff werden Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (Cu) zusammengefasst. Beide sind ihrer Ursache nach unklare chronische Darmentzündungen. CED treten in den Industriestaaten immer häufiger auf. In Österreich ist die Anzahl der Patienten im stationären Bereich in den vergangenen 15 Jahren um 270 Prozent gestiegen. Die Ursache der CED ist nicht bekannt. Der Beginn beider Erkrankungen liegt meist im Jugend-, beziehungsweise jungen Erwachsenenalter.
Verlauf und Schwere der Erkrankung können sehr unterschiedlich sein, CED verlaufen jedoch meist schubweise. Beide Erkrankungen können derzeit nicht geheilt werden. In den meisten Fällen ist eine Dauertherapie erforderlich, unter anderem mit immunsuppressiv wirksamen Medikamenten. Sie hat das Ziel, die Entzündungsaktivität zu verringern, Rückfälle zu vermeiden und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Extraintestinale Komplikationen
Trotz aller Therapiebemühungen kommt es nicht selten zu einer fortschreitenden Darmschädigung mit der Entwicklung von Komplikationen, die ein operatives Vorgehen erfordern. Zusätzlich kann es auch zu extraintestinalen, außerhalb des Darms gelegenen, Manifestationen und Komplikationen kommen, wozu auch Thrombosen und potentiell lebensbedrohliche Lungenembolien zählen. Dass CED einen allgemeinen Risikofaktor für das Auftreten von venösen Thrombosen (VTE) darstellen, konnten Wissenschaftler der Medizinischen Universität Wien bereits vor einiger Zeit nachweisen: CED-Patienten neigen verstärkt zur Bildung von Beinvenenthrombosen.
Unsicher war bisher jedoch, ob CED auch das Risiko für Rethrombosen erhöhen und deshalb eine längerdauernde Gerinnungshemmung anzustreben ist. Jetzt wiesen die Wissenschaftler dies nach: CED kann das Wiederauftreten der Blutgerinnselbildung nach Beendigung einer gerinnungshemmenden Therapie begünstigen. Ao.Univ. Prof. Dr. Gottfried Novacek von der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III führte mit seinem Team eine landesweite Studie durch, in welche 14 CED-Zentren Österreichs eingebunden waren. Untersucht wurden 3.000 Patienten mit CED nach einer früheren Thrombose. In der Folge wurde die Rate einer neuerlichen Thrombose bei CED-Patienten mit der Rethromboserate eines großen Kontrollkollektivs der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin I verglichen.
Hohe Rate an Erst- und Rethrombosen
Sowohl die für den Vergleich herangezogenen 86 CED-Patienten als auch die 1255 Kontrollpersonen hatten als erste Thrombose eine tiefe Arm- oder Beinvenenthrombose und/oder eine Lungenembolie, die spontan auftraten und somit nicht durch eine maligne Erkrankung, eine Operation, ein Trauma oder eine Schwangerschaft begünstigt waren. Es zeigte sich, dass fünf Jahre nach Beendigung der Gerinnungshemmung nach der ersten Thrombose bereits 33 Prozent der CED-Patienten, aber nur 22 Prozent der Kontrollpersonen eine neuerliche Thrombose erlitten hatten. Dieses Ergebnis belegt, dass Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nicht nur ein erhöhtes Risiko für eine Erst- sondern auch für eine neuerliche Thrombose haben.
Damit konnte die CED als unabhängiger Risikofaktor für eine Thrombosebildung bestätigt werden, was die Therapieentscheidung beeinflussen kann. „Damit konnte erstmals gezeigt werden, dass Patienten mit CED Kandidaten für eine verlängerte blutgerinnungshemmende Therapie sind", erklärt Novacek zum Ergebnis der Studie. "Selbstverständlich ist dabei das eventuell erhöhte Risiko für eine durch die Gerinnungshemmung provozierte Blutung zu beachten.“