Die Wahlprogramme für die Bundestagswahl 2017 sind offiziell noch nicht draußen. Zukünftige gesundheitspolitische Maßnahmen werden bisher hinter verschlossenen Türen diskutiert. Wir verraten, welche die wichtigsten Forderungen der großen deutschen Parteien sind.
Noch liegen sie in den Schubladen, und in den Gremien werden sie diskutiert: Die Wahlprogramme für die Bundestagswahl sind fast fertig. Vor allem die SPD steht unter Zugzwang. Nach den massiven Verlusten der vergangenen Landtagswahlen und dem schlechten Abschneiden des Kandidaten Martin Schulz in den Umfragen, muss die SPD jetzt vorlegen. Im „Entwurf des Leitantrags der Programmkommission für das Regierungsprogramm 2017“ stehen die wichtigsten Punkte. CDU und CSU halten sich bedeckt. Auf unsere Anfrage hin verwiesen beide Parteien auf den 3. Juli. Dann soll das Programm in seiner endgültigen Fassung vorgestellt werden. Alle anderen Parteien verrieten DocCheck News, mit welchen gesundheitspolitischen Maßnahmen sie in den Wahlkampf 2017 ziehen werden. SPD Eine einheitliche Honorarordnung für Ärzte ist eine der zentralen Forderungen in dem Papier. Demnach soll sich die Vergütung allein nach dem Bedarf des Patienten und der medizinischen Leistung berechnen. Die Honorarordnung geht einher mit einer paritätischen Bürgerversicherung, in die Versicherte und Arbeitgeber zu gleichen Anteilen einzahlen. Jeder bisher gesetzlich Versicherte, sowie Beamte werden automatisch in die Bürgerversicherung übernommen. Privatversicherte können wählen, ob sie beitreten möchten oder nicht. In diesem System sollen Menschen mit chronischen Erkrankungen keine Zuzahlungen mehr leisten müssen. Zudem will die SPD einen Patientenentschädigungsfonds zur Absicherung von ärztlichen Behandlungsfehlern als Stiftung des Bundes schaffen. Im Fall eines Wahlsiegs will die Partei eine Bedarfsplanung der gesamten medizinischen Versorgung umsetzen. Darin soll unter anderem mit einer Telematik-Infrastruktur und der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) die Telemedizin gestärkt werden. Sie sei insbesondere in dünn besiedelten Gebieten nützlich und diene der Vernetzung von ambulantem und stationärem Bereich, von Rehabilitation und Pflege: „Wir wollen, dass das auch für ländliche und strukturschwache Regionen, wie auch für Stadtteile mit sozialen Problemen gilt", heißt es in dem Entwurf. Dazu soll es auch mehr Hausärzte geben als bisher. Die SPD will künftig verstärkt Arzneimittelpreise kontrollieren. Deutschland liege im europäischen Vergleich in der Spitzengruppe, heißt es in dem Papier. In einem solidarisch finanzierten System sollten Preise aber nicht allein vom Markt bestimmt werden. Künftig müsse geprüft werden, ob neue Medikamente notwendig seien und ihr Preis gerechtfertigt. Die Grünen Bündnis 90/Die Grünen wollen eine so genannte grüne Bürgerversicherung einführen, in die alle einzahlen. Die Höhe der Beiträge richtet sich nicht nur nach dem Einkommen, sondern auch nach Besitz wie etwa Mieten oder Aktien. Manche Personengruppen wiederum sollen von Beitragszahlungen befreit sein, etwa pflegende Angehörige. Die Partei will sich zudem besonders für die Apotheken stark machen. Sie möchte sowohl das Netz von Präsenzapotheken als auch den Versandhandel unterstützen. Verschreibungspflichtige Arzneimittel stellten für Patienten einen ergänzenden und wichtigen Teil der Gesundheitsversorgung dar, so die Grünen. Insbesondere für solche mit komplexen chronischen und seltenen Erkrankungen. Die Grünen wollen die durch den Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geregelte Benachteiligung für inländische Präsenz- und Versandapotheken durch die Aufhebung der Preisbildung auflösen. Die Partei möchte dazu die hiesige Preisbindung ändern: Inländischen Apotheken soll es möglich sein, begrenzte Rabatte auf Arzneimittel geben zu können. So könne ein Wettbewerb stattfinden, der zugleich Zuzahlungen zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln reduziere. Mittelfristig will die Partei Zuzahlungen für chronisch Erkrankte ohnehin abschaffen. Langfristig soll die Preisgestaltung so reguliert werden, dass die Beratungsleistung von Apothekern stärker honoriert wird. FDP Die wichtigsten Eckpunkte der FDP in Sachen Gesundheitspolitik beziehen sich auf die freie Wahl der Krankenversicherung, die Abschaffung der Budgetierung, eine Stärkung der ambulanten und stationären Versorgung sowie den Ausbau der Palliativmedizin und des Hospizwesens. Die Bürgerversicherung lehnen die Freien Demokraten hingegen ab. Sie wollen das System aus gesetzlicher (GKV) und privater (PKV) Krankenversicherung erhalten, mehr Wettbewerb fördern, sowie eine freie Wahl der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung für jedermann ermöglichen. Es soll einfacher werden, zwischen den Krankenversicherungen zu wechseln. Eine weitere Forderung der FDP ist die Abschaffung der Budgetierung: Sie habe laut der Partei zu einer Unterfinanzierung der medizinischen Versorgung geführt, Bürgern würden Untersuchungen und Therapien vorenthalten. Die ambulante Versorgung wollen die Freien Demokraten ebenfalls stärken. Wie, steht jedoch nicht in dem Wahlprogramm, das der Redaktion vorliegt. Die FDP möchte sowohl inhabergeführte Apotheken als auch den Versandhandel im In- und Ausland erhalten und stärken. Das Arzneimittelgesetz, die Arzneimittelpreisverordnung und das Sozialgesetzbuch V sollen dahingehend angepasst werden. Die Beratung von Patienten soll abrechenbar sein, abgelegene Standorte für Praxen durch einen Zuschlag gesichert werden. AfD Die Alternative für Deutschland möchte es für Ärzte attraktiver machen, sich auf dem Land niederzulassen. Ein flächendeckendes Angebot eines Hausarztsystems soll ambulante Behandlungen besser koordinieren und Doppeluntersuchungen vermeiden. Zudem möchte die AfD die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser verbessern. Die Partei unterstützt dabei die Trägervielfalt im Krankenhauswesen und lehnt eine Entwicklung hin zur Monopolbildung ab. Die Notfallambulanzen in Krankenhäusern sollen durch die im Krankenhausstrukturgesetz 2015 beschlossenen Portal-Praxen entlastet werden, die weniger kritische Behandlungen übernehmen. Die Partei spricht sich für alternative Medizin unter ganzheitlicher Betrachtung des Patienten als Ergänzung zur herkömmlichen Medizin aus. Entsprechende Standards sollen noch definiert werden. Ärzte in der Patientenversorgung sollen über sehr gute deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Deren fachliche Qualifikation muss uneingeschränkt dem deutschen Standard entsprechen, darum sollen sie nach Möglichkeit in Deutschland ausgebildet sein. Die AfD lehnt die Schaffung einer zentralen Datenbank zur Speicherung diagnostischer Unterlagen und Untersuchungsergebnisse aller behandelnden Ärzte über den Patienten ab. Stattdessen möchte die Partei einen Gesundheitspass, auf dem die Daten gesammelt und nur auf freiwilliger Basis eingesehen werden dürfen. Zudem soll es einen Notfalldatensatz mit Medikamentenplan und Patientenverfügung auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) geben. Die Linke Die Linke spricht sich generell für ein solidarisches und gerechtes Gesundheitssystem ohne Privatisierung aus. Die Partei fordert eine solidarische Gesundheitsversicherung, in der alle Bürger anteilig ihrer Vermögensverhältnisse einzahlen - so ließe sich der Beitragssatz von derzeit rund 15,7, ohne Leistungskürzungen auf elf Prozent senken. Private Versicherungen soll es nicht mehr geben. Auch Krankenhäuser sollen von der Privatwirtschaft in die öffentliche Hand überführt werden. Um den Investitionstau abzubauen, soll der Bund die Länder um die Hälfte mit jährlich mit 2,5 Milliarden Euro unterstützen. Den ländlichen Raum will die Linke mit Patientenbussen, Gemeinschaftspraxen, medizinischen Versorgungszentren und Polikliniken stärken, die neben interdisziplinärem Fachwissen auch familiengerechte Arbeitsbedingungen für Ärzte und Pflegepersonal bieten. Apotheken sollen gestärkt werden: Apothekenketten sollen verhindert, und der Versandhandel begrenzt werden. Nach der Ansicht der Linken hat Wettbewerb im Gesundheitssystem nichts verloren, darum soll der Einfluss der Pharmakonzerne auf allen Ebenen zurückgedrängt werden. Ein öffentliches Register für Arzneimittelstudien soll gewährleisten, dass negative Studienergebnisse eingesehen werden können. Die Preise für Medikamente sollen sich am Nutzen orientieren und eine Deckelung bekommen.