Die Veränderungen des Gesundheitssystems stellen Apotheken vor neue Herausforderungen. Wie reagieren die Apotheker darauf? DocCheck hat sich umgehört und stellt im Rahmen einer 3teiligen Serie verschiedene Konzepte vor. Den Anfang macht die inhabergeführte Taunus-Apotheke in Köln-Humboldt.
DocCheck: Frau Herweg, der "Mensch im Mittelpunkt"- Können Sie uns kurz erläutern, was es mit Ihrer Firmenphilosophie auf sich hat?
Apothekerin Susanne Herweg: Egal ob Kunde oder Mitarbeiter, das geht meiner Meinung nach nur Hand in Hand. Wir sehen uns hier wirklich als eine große Familie, sowohl von Kunden- als auch von Mitarbeiterseite. Uns ist es zum Beispiel enorm wichtig, dass der Kunde sich ernstgenommen fühlt und nicht als Nummer abgefertig wird. Damit das auch gut funktioniert, versuchen wir wirklich jeden Kunden beim Namen zu kennen. Hehres Ziel, es klappt leider nicht immer, aber in den meisten Fällen. Ich kenne teilweise ganze Lebensgeschichten. Das zeigt, wie vertraut man hier miteinander ist.
DocCheck: Ihre Apotheke ist seit drei Generationen in Familienhand. Sehen Sie es eher als Vor- oder als Nachteil an, eine traditionsträchtige Familienapotheke zu führen?
Herweg: Absolut als großen Vorteil! Wir sind hier ein super Team. Gegründet hat die Apotheke mein Großvater, seit nunmehr fast hundert Jahren ist sie in Familienhand. Selbst die Bomben des Zweiten Weltkrieges konnten uns nichts anhaben, dann sind wir halt vorübergehend umgezogen - in die Arztpraxis um die Ecke. Anschließend hat mein Vater die Apotheke weitergeführt, bis zum Jahr 1988. Danach haben meine Schwester und ich die Leitung übenommen. Bis Ende 2008 haben wir die Apotheke gemeinsam geführt, mit allen Höhen und Tiefen. Seit sie ausgestiegen ist, arbeite ich noch mehr. Eine Mittagspause ist meistens nicht wirklich realisierbar, da wird dann der "Schreibkram" erledigt. Meist stehe ich von 8 Uhr bis 18.30 Uhr durchgängig hier. Dennoch liebe ich meine Arbeit. Und ich hatte und habe immer ein tolles Team: 3 PTAs, 3 PKAs und eine Apothekerin. Alle sind hier bei uns ausgebildet worden und langjährige Mitarbeiter. Da wir alle Frauen sind, sind wir im Viertel schon bekannt als die "Weiberapotheke".
DocCheck: Sie konnten im Laufe der Zeit viele Veränderungen mitbekommen. Nun wurde das Pick-Up-Verbot im Rahmen des AMNOG aufgehoben. Merkt man das am Umsatz im OTC-Bereich?
Herweg: Das merkt man schon sehr. Zum Beispiel unsere Knoblauchpräparate, die liefen früher super. Aber seit einiger Zeit ist der Verkauf stark rückläufig, man kann sagen wir verkaufen davon wirklich gar nichts mehr. Oder ein anderes Beispiel: Klosterfrau Melissengeist - all solche Mittel sind nicht mehr gefragt. Als weitere Entwicklung ist auch festzustellen, dass der Rezeptanteil immer höher wird, und die OTC-Produkte immer weniger abverkauft werden. Da muss man sich dann anpassen und deshalb haben wir uns einiges ausgedacht, um auch wettbewerbfähig zu bleiben, unsere Kundenkarte zum Beispiel.
DocCheck: Also ein Treuesystem. Was hat es damit auf sich? Und wie wird das Ganze angenommen? Herweg: Ja, wir haben unsere Kundenkarte. Mit dieser gibt es 3 % Rabatt auf bestimmt Arzneimittel und wird sehr gut von den Kunden angenommen. Obendrein gibt es bei uns das Angebot des Monats. Dafür geben wir denn auch gerne Geld für Werbung aus, zum Beispiel im Wochenspiegel. Ich stelle immer wieder fest, dass sich das Ganze auch im Umsatz bemerkbar macht. Der Markt verändert sich, da müssen wir uns auch verändern und dürfen nicht einfach zusehen und still stehen. Das hat dann auch dazu geführt, dass wir 2009 umgebaut haben.
DocCheck: Ihr Team besteht aus Mitarbeitern mit multilingualem Background. Ist dies eher Zufall oder haben Sie bewusst PTA eingestellt, die aus verschiedenen Kulturkreisen stammen?
Herweg: Das ist schon so gewollt, denn auch in diesem Bereich muss man sich anpassen. Insgesamt können wir hier mit Türkisch, Polnisch, Russisch, Arabisch, Französisch und Englisch aufwarten. Eine unserer PTAs ist Marokkanerin und es kommen jetzt vermehrt Marokkaner zu uns. Allerdings gibt es auch Schattenseiten: Eine unserer Mitarbeiterinnen trägt ein Kopftuch und es gab wirklich Vorfälle, dass Kunden sich partout nicht von ihr bedienen lassen wollten. Aber da sind wir ganz rigoros geblieben und mit der Zeit haben sich alle daran gewöhnt. Mitunter kommen Kunden zu uns und sind erstaunt, "wie gut unsere Mitarbeiter deutsch sprechen", das wird dann nicht erwartet. Ich finde, wir konnten hier ein Stück weit Aufklärungsarbeit leisten.
DocCheck: Frau Herweg, zum Schluss noch kurz aus Ihrem Erfahrungsschatz: Wie setzen Sie in Ihrer Apotheke Neuerungen der ApBetrO um?
Herweg: Unsere PTAs werden nun bei verschreibungspflichtigen Präparaten mit dem 4-Augen-Prinzip kontrolliert, d.h. ich zeichne die Rezepte gegen. Aber da gab es keine Reibereien im Team, wir haben das vorher klar kommuniziert und haben unseren Mitarbeiten auch den Gesetzestext gezeigt. Mich beeinflusst es jetzt nicht allzu sehr in diesem speziellen Fall. Aber ich muss sagen, dass der bürokratische Aufwand in letzter Zeit insgesamt sehr viel höher geworden ist. Ich sitze mindestens drei Stunden am Tag am Schreibtisch. Der heftigste Einschnitt momentan ist mit der Änderung der Verpackungsgrößenverordnung gekommen. Dadurch, dass sehr viel retaxiert wird, müssen wir uns wirklich sehr stark absichern. Mal sehen, was da noch auf uns zukommt...
DocCheck: Frau Herweg, wir danken Ihnen für das Gespräch!
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