Immer mehr Frauen entbinden per Kaiserschnitt. Eine von fünf Müttern leidet noch drei weitere Monate nach dem Eingriff unter chronischen Schmerzen. Stillen scheint einen positiven Einfluss auf die postoperativen Schmerzen zu haben, wie eine Assoziationsstudie zeigt.
In Deutschland entbindet fast jede dritte Frau per Kaiserschnitt, berichtet das Statistische Bundesamt. Jede vierte Geburt in Großbritannien, in den USA oder in Kanada findet ebenfalls mit chirurgischer Hilfe statt. In der Folge treten bei jeder fünften Mutter chronische Schmerzen auf. Die Beschwerden halten meist drei oder mehr Monate an. Viele Patientinnen versuchen, auf Analgetika zu verzichten. Jetzt zeigt Dr. Carmen Alicia Vargas Berenjeno aus dem spanischen Sevilla, dass Stillen möglicherweise die Beschwerden lindert.
Zusammen mit Kollegen rekrutierte Vargas Berenjeno 185 Mütter, die sich zwischen Januar 2015 und Dezember 2016 einem Kaiserschnitt unterzogen hatten. Alle Frauen wurden zu ihren Stillgewohnheiten befragt. Forscher erfassten außerdem das Schmerzniveau 24 sowie 72 Stunden und vier Monate postoperativ. Fast alle (87 Prozent) Mütter stillen ihre Babys. Mehr als die Hälfte (58 Prozent) gaben ihnen zwei Monate oder länger die Brust. Genau 23 Prozent aller Frauen, die weniger als zwei Monate gestillt hatten, berichteten am Studienende von chronischen Schmerzen. In der Vergleichsgruppe mit längerem Zeitraum waren es nur acht Prozent. „Alle Unterschiede erwiesen sich auch nach der Anpassung des mütterlichen Alters als bemerkenswert“, kommentiert Vargas Berenjeno. Die WHO-Empfehlung lautet, Säuglinge sollten während der ersten sechs Lebensmonate ausschließlich gestillt werden. Laut KiGGS-Studie traf das auf lediglich zwölf Prozent aller Mütter in Deutschland zu. 54 Prozent stillten zu diesem Zeitpunkt noch, gaben aber weitere Kost.
Damit wäre der Rat der Weltgesundheitsorganisation auch gut, um Schmerzen vorzubeugen. „Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Stillen für mehr als zwei Monate vor chronischen Schmerzen nach dem Kaiserschnitt schützt“, resümiert die Autorin. „Ein weiterer guter Grund, Frauen zum Stillen zu ermutigen.“ Vargas Berenjeno muss selbst einsehen, dass Assoziationsstudien bekanntlich mit großen Unsicherheiten verbunden sind. Kausalitäten beweisen sie nicht. Zahlreiche Einflussfaktoren machen die Sachlage schwierig. Beispielsweise fand Vargas Berenjeno heraus, dass Mütter mit Hochschulausbildung ein geringeres Risiko haben, chronische Schmerzen zu entwickeln, als Frauen mit niedrigerem Abschluss. Welche Rolle Ängste bei der Nozizeption spielen, bleibt unklar. Immerhin war jede zweite stillende Frau (54 Prozent) davon betroffen. Auf biochemische Faktoren geht die Forscherin nicht ein. Durch das Stillen wird bekanntlich Oxytocin ausgeschüttet. Das Hormon führt nicht nur zur Kontraktion des Uterus. Ältere Studien geben Hinweise, dass Oxytocin die Wundheilung beschleunigt.