Bei der posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) denkt man an Gewalt, Unfälle oder Krieg, kaum aber an körperliche Erkrankungen wie Krebs oder Morbus Crohn. Forscher haben jetzt einen genaueren Blick auf die Folgen der schweren Erkrankungen geworfen.
Die posttraumatische Belastungsstörung ist eine Antwort auf traumatische Erlebnisse und manifestiert sich typischerweise in Symptomen wie sich aufdrängenden wiederkehrenden belastenden Träumen und Gedanken, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit, Vermeidungsverhalten, Depressionen u.a. Die Störung tritt unmittelbar oder auch längere Zeit nach einem traumatischen Ereignis auf, so die Definition.
Die neuere Forschung konzentriert sich auf körperliche Erkrankungen wie Krebs und andere schwere chronische Krankheiten als Ursache der PTSD. Denn schwere Krankheiten an sich, dazugehörende diagnostische und therapeutische Maßnahmen fordern einen emotionalen Tribut, der eine Form des posttraumatischen Stresses darstellten kann. Das US-National Cancer Institute z.B. informiert Betroffene umfassend zur PTSD bei Krebs.
Crohn gleicht chronischem Trauma
Dass auch Morbus Crohn potentieller Auslöser einer PTSD ist, die sich wiederum äußerst negativ auf die Darmkrankheit auswirkt, ergab eine Schweizer Kohortenstudie an 597 Patienten mit Morbus Crohn. Zunächst erfasste die Studiengruppe um Ronald von Känel des Inselspital in Bern die mentale Gesundheit der Studienteilnehmer mit der Posttraumatischen Stress Skala, die 17 Items enthält und maximal 51 Punkte ergibt. Einer von fünf Patienten erreichte den Schwellenwert von 15 Punkten. Das bedeutet, ein Fünftel der Untersuchten berichtete über Beschwerden einer voll ausgeprägten PTSD. Wie sich die PTSD auf den weiteren Krankheitsverlauf auswirkt, ergab die folgende 18 Monate andauernde Untersuchung der Patienten. Die Häufigkeit von Exazerbationen, definiert als Aufflackern der Erkrankung, extraintestinale Manifestationen, Komplikationen oder fehlende Therapieantwort stieg mit den erreichten PTSD-Punkten.
Studienteilnehmer mit PTSD-Scores von 15 oder mehr erlebten über viermal wahrscheinlicher Verschlechterungen ihrer chronischen Darmerkrankung als jene, deren Score unterhalb dieses Schwellenwertes lag. Gegenüber Crohnpatienten mit Scores von O in der PTSD-Erfassung ergab sich gar eine dreizehnmal wahrscheinlichere Exazerbation. Mögliche beeinflussende Faktoren wie Krankheitsdauer, Strikturen, Fisteln, Medikamentenbedarf, Geschlecht und Alter wurden berücksichtigt. Aus PTSD-Symptome achten
Es zeigte sich, dass spezifische Symptomcluster das Risiko einer Krankheitsverschlechterung erhöhen: Dies waren v.a. wiederkehrende krankheitsbezogene Träume oder Albträume, Vermeidungsverhalten in Bezug auf die Krankheit und Zustände von Übererregung.
Posttraumatischer Stress verändert die Hormon- und Immunlage, was den Negativeinfluss auf körperliche Erkrankungen erklären kann, so die Forscher. Da die PTSD bei Patienten mit Morbus Crohn häufig vorkommt und den Verlauf ungünstig beeinflusst, sollten behandelnde Ärzte nach Symptomen der PTSD fragen. In vielen Fällen wollen betroffene Patienten nicht über ihre Krankheit sprechen, um nicht mit dieser konfrontiert zu sein, so die Forscher. Dieses Vermeidungsverhalten in Verbund mit dem Zeitmangel in der ärztlichen Praxis leistet schlechten Verläufen der Krankheit unbewusst Vorschub.
Gezielte Fragen nach wiederholtem Erleben, Vermeidungsverhalten und Symptomen der Überregtheit wie Angst und Schlafstörungen bringen behandelte Ärzte auf die Spur. Bei Verdacht auf eine PTSD kann eine Überweisung zum Facharzt die Diagnose sichern, damit eine gezielte Traumatherapie eingeleitet werden kann. Zwar ist Morbus Crohn unheilbar, die PTSD jedoch nicht.