Kein anderes Fach hat so sehr mit Vorurteilen zu kämpfen wie die Plastische Chirurgie. Denn neben den Botoxbehandlungen und Nasen-OPs, die man im TV sieht, übersieht man leicht die Vielfalt der Plastischen-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie (PHW).
Teil 4 der Facharzt-Reihe
Wie der Name des Faches schon verrät, steckt hinter der Plastischen-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie mehr als die Ästhetische Chirurgie, die in den Medien überrepräsentiert ist. Natürlich kümmern sich Plastische Chirurgen auch um Nasenhöcker, abstehende Ohren und störende Fettpolster, welche in der breiten Gesellschaft gerne als Luxusprobleme der Reichen und Schönen angesehen werden, doch dabei sollte nicht vergessen werden, wie sehr die Betroffenen oft unter ihren Makeln leiden. Dies kann sich in Minderwertigkeitsgefühlen, sozialer Isolierung und depressiven Verstimmungen äußern und dabei kann der Plastische Chirurg einen großen Beitrag dazu leisten, dass es seinem Patienten seelisch wieder besser geht.
Professionelle Hilfe nach Krankheit und Unfall
Medizinisch notwendiger erscheint der Bevölkerung aber sicher der Einsatz der Plastischen Chirurgie, wenn es darum geht, Patienten nach einem Unfall, einer Tumorentfernung oder bei einer angeborenen Fehlbildung zu einem normalen Äußeren zu verhelfen. Dabei sind die Chirurgen in der Lage, Haut, Knochen, Muskeln, Sehnen und sogar Nerven mit Hilfe des Mikroskops und filigranem Operationsbesteck zu rekonstruieren und so dafür zu sorgen, dass auch die Funktion des Körperteils wieder vollkommen hergestellt ist. Zum Einsatz kommen dabei unter anderem diverse Hautlappenplastiken, wobei Haut aus anderen Körperregionen zum Teil auch mit Muskeln oder Knochen in die zu rekonstruierende Region geschwenkt oder transplantiert wird. Durch genaueste Schnitttechniken wird dabei auf gewebeschonendes Arbeiten und unauffällige Narben geachtet, damit Funktionalität und Optik bestmöglich wiederhergestellt werden.
Gesucht: geschickte Fingerfertigkeiten für eben solche
Zum Arbeitsfeld des Plastischen Chirurgen zählt auch die Handchirurgie. Dazu folg auf die 6-jährige Facharztausbildung zum Plastischen Chirurgen eine 3-jährige Weiterbildung. Die Komplexität und Schwierigkeit handchirurgischer Operationen versteht sich von allein, wenn man sich die Wichtigkeit der Handfunktionen für die handwerklichen, gestalterischen und emotionalen Geschicke eines Menschen vor Augen führt. Anspruchsvoll sind diese Eingriffe auch durch die anatomischen Verhältnisse der Hand mit ihren 3 feinen Nerven, 27 Knochen, 33 Muskeln bzw. Sehnen und unzähligen kleinsten Blutgefäßen. Auch hier kommen, wie in anderen Feldern der Plastischen Chirurgie, mikrochirurgische und atraumatische Operationstechniken zum Einsatz, welche zum Beispiel die Reimplantation abgetrennter Finger oder deren Ersatz durch Transfer von Zehen ermöglichen. Aber auch Volkskrankheiten wie der schnellende Finger oder das Karpaltunnelsyndrom stehen auf dem Operationsplan des Handchirurgen.
Wenn's mal zu brenzlich wird...
Als weiteres Spezialgebiet der plastischen Chirurgie ist außerdem die Verbrennungschirurgie zu nennen, die sich oft notfallmäßig um Schwerstverbrannte kümmert. In bundesweit 38 Spezialkliniken sorgt man für die Körperfunktionsstabilisierung, Schmerzmittelgabe und Verhinderung der Ansteckung mit Keimen über die Verbrennungs-Wunden. Im Anschluss an die Akutbehandlung folgt die spätere Deckung des Defektes mittels Spalthaut, Lappenplastiken oder Eigen- bzw. Fremdhauttransplantationen, aber auch synthetische Auflagen oder kultivierte Hautzellen kommen zum Einsatz.
Vorurteile ade
Die Vielfältigkeit der Einsatzmöglichkeiten und deren Komplexität ist das charakteristische Merkmal der Plastischen-, Hand-und Wiederherstellungschirurgie und zeigt, dass das Bild, welches in den Medien präsentiert wird, ein sehr eindimensionales und unzureichendes ist. Ein Blick hinter die Fassade, zum Beispiel in Forum einer Famulatur, lohnt sich auf jeden Fall.
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