In den USA gibt es sie schon lange, in Deutschland kommen sie grade erst auf: Physician Assistants (PAs) sollen die Ärzte zukünftig im Klinikalltag entlasten. Werden Ärzte jetzt überflüssig?
Viele Ärzte - gerade junge Kollegen in den internistischen Fachrichtungen - kennen das Problem: man kommt früher zum Dienst, geht ohne Überstunden zu notieren später als geplant heim, verzichtet auf Pausen. Und das vor allem, weil der Bürokratieaufwand im Gesundheitssektor in den vergangenen Jahren stetig – ach was, exponenziell! – zugenommen hat. Entlassbriefe wollen geschrieben und EKGs befundet werden, planmäßig einbestellte Patienten stehen im Flur vor dem Arztzimmer und warten darauf befragt, untersucht und aufgenommen zu werden.
Gerade am Anfang der Assistenzarztzeit ist man in der täglichen Routine noch nicht so geübt, dass man alles in der dafür vorgegebenen Zeit schaffen könnte, und so bleibt man am Abend halt ein, zwei Stunden länger. Die Arbeit muss schließlich erledigt werden. Kommt zu alldem noch ein schlecht besetztes Kollegium hinzu, spitzt sich die Situation zu.
Helferlein wanted!
Schön wäre hier ein „Helferlein“. Gut, das Pflegepersonal hilft natürlich wo es kann, aber längst nicht alle Krankenhäuser und Abteilungen verfügen über genug Ressourcen, und so bleibt am Ende doch viel Nicht-Ärztliches am Arzt hängen.
Bei ähnlich problematischen Voraussetzungen haben die USA bereits Mitte der 1960er einen Beruf etabliert, der hinsichtlich Aufgaben und Kompetenzen zwischen Arzt und Pflege steht: den Physician Assistant (PA). Idealerweise soll es sich hierbei um eine Art Schnittstelle zwischen ärztlichem und pflegerischem Bereich handeln und dem Arzt ermöglichen, spezifische Aufgaben wie beispielsweise Anamnese und Untersuchung aber auch Aufklärung und Medikamentenverordnungen entsprechend zu delegieren. Inzwischen gibt es in den USA über 60.000 PAs.
Der PA kommt nach Deutschland
In Deutschland wird ein ähnliches, an den bestehenden amerikanischen Inhalten angelehntes Studium seit einiger Zeit angeboten. Vorreiter war im Jahr 2005 die private Hochschule Steinbeis in Berlin, die deutschlandweit als erstes das Studium zum PA – so auch hier die offizielle Abkürzung – mit Bachelor of Science Abschluss anbot. Inzwischen haben einige Hochschulen den Handlungsbedarf erkannt und entsprechend nachgezogen. Beispiele hierfür sind die Mathias Hochschule Rheine/Münster oder die DHBW in Karlsruhe.
Neben der Vermittlung von medizinischen Grundlagen (Anatomie, Physiologie) wird in dem 6-semestrigen Studium auch auf die einzelnen fachspezifischen Gegebenheiten (Innere, Chirurgie, Anästhesie) eingegangen. Notfallmanagement und das Erlernen invasiver Techniken stehen ebenso wie ethische Grundsätze und wissenschaftliches Arbeiten auf dem Lehrplan.
Mögliche Einsatzgebiete des PAs sind Funktionsbereiche, Ambulanzen und nicht zuletzt der OP. Gerade hier können sie die Ärzte beispielsweise im Lagern, sterilen Abwaschen und als erste Assistenz während der OP unterstützen.
Wir der Stationsarzt überflüssig?
Im Zuge von steigenden Personalkosten wird immer wieder der Vorwurf laut, dass vermeintlich günstigere PAs das Ärztepersonal ersetzen könnten und die Klinik durch Stellenkürzungen im ärztlichen Bereich massiv Gelder einsparen könne. Auch wenn dieses Argument sicher immer wieder angebracht wird, so muss ganz klar gesagt sein: PAs sollen Ärzte nicht ersetzen, sondern entlasten. Sie haben in Deutschland beispielsweise auch keinen konkreten Heilauftrag. Anamnese, Patientengespräch und Heilplan sind meiner Meinung nach immer noch rein ärztliche Aufgabe und nicht oder zumindest nicht vollständig delegierbar. Allzu schnell könnten man sich sonst bei etwaigen Fehlbehandlungen einer Anklage auf Organisations- oder Übernahmeverschulden gegenübersehen.
Anders in den USA: Dort sind im Laufe der Jahre die Kompetenzen des PAs deutlich ausgeweitet worden. Sie verschreiben dort eigenständig (bestimmte) Medikamente, interpretieren Befunde und pflegen diese in Patientenakten ein. Sie unterstehen auch nicht direkt einem bestimmten Arzt sondern handeln unabhängig, müssen entsprechende "Malpractice"-Versicherungen abschließen und verdienen bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden knapp 90.000$ pro Jahr.
Fazit
Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich die Rolle der z.Zt. noch wenigen PAs in Deutschland langfristig wohl immer mehr etablieren wird. Gleiches gilt für die Kompetenzen, die sich bei voranschreitender Verbreitung des Berufsstandes immer klarer definieren. Ich persönlich sehe hier eher Chancen als Gefahren für den Gesundheitssektor und bin – auch als Berufsanfänger – dankbar für jede Arbeitsentlastung oder Hilfe seitens der qualifizierten Pflege oder eines PA.