Die Bundestagswahl naht. Eine Bürgerversicherung hätte weitreichende Folgen für das Honorar niedergelassener Fachärzte. Eine Praxis für Allgemeinmedizin würde einer Simulation zufolge rund 22.000 Euro jährlich verlieren und Orthopäden 139.000 Euro einbüßen.
Im laufenden Wahlkampf wünschen sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke eine Frank Ulrich Montgomery © Claudia Ketels / Wikimedia Commons CC-BY-SA 3.0 Angesichts dieser Trends überrascht es wenig, dass Kollegen die Bürgerversicherung größtenteils ablehnen. Einige Stimmen vom letzten Ärztetag: „Das deutsche Gesundheitssystem gehört zu den besten der Welt. Es bietet allen Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und sozialen Status direkten Zugang zu hochwertiger ärztlicher Versorgung“, sagt Bundesärztekammer-Präsident Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery. „Das sollten sich diejenigen vor Augen führen, die von Gerechtigkeitslücken sprechen und als vermeintlich gerechtere Alternative die Einheitskasse propagieren.“ Und Dr. Wolfgang Bärtl aus der Oberpfalz ergänzt: „Durch eine Bürgerversicherung werden Sie Gleichheit erwirken. Die Frage ist: Wird es für alle gleich gut oder gleich schlecht sein?“ Politiker fürchten angesichts vehementer Proteste um ihre Rückendeckung. Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) meldete sich zu Wort. „Wir wollen eine einheitliche Honorarordnung, die dasselbe Volumen hat wie heute die der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung zusammen“, erklärte sie gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Wie sie ihre Pläne finanzieren will, bleibt unklar. Gewerkschaften wittern Beitragserhöhungen.
Trotz dieser Kontroversen möchte niemand das alte System einfach nur weiterlaufen lassen. Dr. Norbert Metke aus Stuttgart sagte beim Ärztetag, es wäre „völlig verlogen, das GKV-System zu idealisieren“. Er kritisiert Fallzahlbegrenzungen, aber auch die Verschreibungsangst vieler Kollegen. Und nicht zuletzt würden „16 Prozent der ärztlichen Arbeit in diesem System nicht bezahlt“. Doch es gibt nicht nur die Bürgerversicherung und das alte Modell. Ein Reformvorschlag der FDP sieht vor, die Grenzen zwischen GKV und PKV zu verringern. Private Versicherungen sollen für alle Interessierten einen Basistarif anbieten – unabhängig vom Einkommen. Gleichzeitig planen Liberale mehr Tarifoptionen für die GKV. Die Budgetierung im Gesundheitswesen soll abgeschafft werden, um ein weiteres „Ausbluten der gesundheitlichen Versorgung“ zu verhindern. Jetzt haben Wähler das letzte Wort.