Das Examen ist bestanden, die Studentenzeit ist vorbei. Jetzt gilt es den richtigen Job zu finden und sich erfolgreich zu bewerben. Wir haben mit Kliniken gesprochen, wie die Jobchancen aktuell stehen und mit welcher Taktik man zum Traumjob findet.
Betrachtet man die Stellenanzeigen auf der Homepage des deutschen Ärzteblattes wird man durch eine gigantische Zahl von 1764 Angeboten erschlagen. Dem gegenüber stehen nur 164 Inserate von arbeitsuchenden Ärzten. DocCheck Jobs zeigt ein ähnliches Bild: 1609 ausgeschriebene Stellen stehen 268 Kandidaten zur Auswahl. Aus diesen Zahlen lassen sich schon mal die Verteilungsverhältnisse abschätzen, die zur Zeit auf dem Arbeitsmarkt herrschen.
Paradigmenwechsel auf dem Arbeitsmarkt
Zumindest bei der Stellensuche der Jungbewerber ist der deutschlandweite Ärztemangel momentan ein Segen. Sowohl an Häusern der Maximalversorgung, und noch extremer in Provinzkrankenhäusern haben die rückläufigen Ärztezahlen zu einem Umdenken an den Kliniken geführt. "Die Zeiten des Ärztebooms wie in den 80ern ist spätestens seit der Jahrtausendwende vorbei. Es geht mittlerweile nicht mehr darum, die Ansprüche an die Bewerber herunterzuschrauben, wir müssen unseren Nachwuchs konkret umwerben. Im Grunde haben wir ein Paradigmenwechsel erlitten.", sagt Prof. Peters* aus Mainz.
"Wenn Sie männlich sind und Deutsch sprechen können, sind Sie ohne Umwege eingestellt."
Diesen Paradigmenwechsel erkennt man deutlich in den Stellenanzeigen. Kliniken aller Fachbereiche werben mit bedeutungsträchtigen Adjektiven wie "innovativ, anspruchsvoll, großzügig, modern", viele bieten Unterstützung zur nachträglichen Promotion an, Möglichkeiten zur Vereinbarung von Elternzeit und Job, zum Teil wird sogar das Umzugsunternehmen finanziert. Das Gesamtbild, das sich hier ergibt, beschreibt sicherlich den allgemeinen Grundtonus, allerdings ist die Ausgangslage auch ein wenig abhängig von der jeweiligen Fachabteilung. "Wenn Sie männlich sind und Deutsch sprechen können, sind Sie ohne Umwege eingestellt.", so der O-Ton eines Oberarztes einer Kinderklinik. Nicht ganz so erbärmlich sieht es beispielsweise in der Unfallchirurgie aus. Hier sind die Bewerberzahlen nicht so drastisch eingebrochen. Neben den Deutschkenntnissen kann daher eine abgeschlossene Doktorarbeit nicht schaden.
Kliniken in der Provinz haben es dagegen wohl am schwersten. Hier reicht es im Extremfall schon aus, wenn der Bewerber Deutsch versteht. Dieses Softskill qualifiziert einen angehenden Arzt zumindest schon mal fürs obere Viertel des Bewerberkreises. Im Grunde folgt die Stellensuche also den Marktgesetzen analog zu Angebot und Nachfrage. Ist die Nachfrage nach einer Klinik zu gering, wird das Angebot im Rahmen der ökonomischen Möglichkeiten durchaus attraktiver gestaltet.
Die Würde des Chefarztsekretariats
Trotz pathetischer Stimmung in der Personalabteilung darf man sich natürlich nicht zu sehr auf die Statistik verlassen, wenn man sich auf seinen Traumjob bewirbt. Ein bisschen Würde hat sich auch im Chefarztsekretariat erhalten.
Die meisten Kliniken verlangen eine sogenannte "aussagefähige" Bewerbung in schriftlicher Form, welche die üblichen Dokumente wie Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse, Lichtbild etc. beinhaltet. Welche Inhalte im Anschreiben erwähnenswert sind, kann man pauschal nicht zusammenfassen, denn hier unterscheiden sich mitunter die Ansichten der befragten Chefärzte. Im Allgemeinen sollte der Bezug zum umworbenen Haus deutlich gemacht werden, es sollte die Motivation zur Berufsergreifung in dem jeweiligen Fachgebiet offensichtlich sein, zudem schadet eine Übersicht der angestrebten Karriereziele nicht. Entscheidungshilfe für die Bewerberauswahl sind in erster Linie die Examensnoten, die (abgeschlossene) Doktorarbeit, sowie freiwillige Seminare. Auslandsaufenthalte, Fremdsprachenkenntnisse und Famulaturen sind eher von untergeordneter Wichtigkeit, so im Allgemeinen der Konsens.
Da unlängst an Universitätskliniken Assistenzärzte ohne Doktortitel eingestellt, sowie Notenspiegel jenseits der 3,0 toleriert werden, scheinen die harten Einstellungskriterien, wie sie von uns telefonisch erfragt wurden, in der Realität unter dem Druck des Fachkräftemangels aufgeweicht worden zu sein. Nichts desto trotz gilt es, auch wenn man sich heutzutage vielleicht nicht mehr gegen 20 Mitbewerber, sondern vielleicht nur zwei Mitstreiter durchsetzen muss, dass man auch gegen einen dieser beiden den Kürzeren ziehen kann. Trotz aller günstigen Arbeitsmarktvoraussetzungen darf die Bewerbung nicht zu leichtsinnig gehandhabt werden.
Alles in allem stehen die Segel zum Berufseinstieg zurzeit günstig wie nie. Der Ärztemangel zwingt die Krankenhäuser zum Umdenken, im Grunde umwerben Kliniken mittlerweile junge Nachwuchsärzte mit besseren Arbeitsbedingungen, Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung und kompetenter Fachausbildung. Je kleiner und provinzieller die Häuser sind, desto geringer ist ihr Anspruch an den Bewerber, auch wenn der offizielle Kommentar dazu nicht ganz so verzweifelt daher kommt, wie tatsächliche Angestelltenprofile offenbaren. Nicht ganz so düster sieht es an den großen Kliniken der Maximalversorgung (z.B. an Unikliniken) aus. Hier existiert schon noch ein gewisser zumindest fachabteilungsabhängiger Konkurrenzdruck. Hier muss man auf den Kommentar der einstellenden Personen verweisen, die unter den Bewerbern bevorzugt diejenigen mit abgeschlossener Doktorarbeit, besseren Noten und freiwilligem Engagement einstellen.
*Name auf Wunsch geändert