Jedes sechste deutsche Kind hat Übergewicht. Forscher meinen, dafür gebe es pränatale Risikofaktoren. In einer Studie hatten Kinder von Frauen mit Gestationsdiabetes und hohem Verzehr von weißem Getreide ein erhöhtes Adipositas-Risiko. Bewiesen ist dieser Zusammenhang aber nicht.
Adipositas ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter geworden. Das belegen Zahlen der Langzeitstudie ifamily mit europaweit 16.000 Kindern zwischen zwei und zehn Jahren. In Deutschland leiden 16,5 Prozent aller untersuchten Teilnehmer an Übergewicht. Ernährungssünden beim Nachwuchs stehen als Erklärung wenig überraschend an erster Stelle. Doch die Gründe sind komplexer als gedacht. Eine neue Assoziationsstudie zeigt weitere mögliche Risikofaktoren auf.
Schwangerschafts-Diabetes oder hoher Blutzucker während der Schwangerschaft kann zu gesundheitlichen Problemen für Mütter und Neugeborene führen. Yeyi Zhu vom Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development in Bethesda, USA, stellt jetzt fest, dass industriell raffiniertes Getreide, beispielsweise polierter Reis oder weißes Mehl, mit Fettleibigkeit, Typ 2 Diabetes und Herzerkrankungen von Mutter als auch Kind verbunden sind. Zhu hat Patientenakten von 918 Müttern und ihren Kindern ausgewertet. Sie arbeitete mit der dänischen nationalen Geburtskohorte, eine Studie, bei der bislang Schwangerschaften von mehr als 91.000 Frauen erfasst worden sind. Dabei identifizierte Zhu zwei Risikofaktoren bei der Mutter: Schwangerschaftsdiabetes und den Konsum vom mehr als 156 Gramm raffiniertem Getreide pro Tag. Trafen beide Faktoren zu, so war das Risiko von Kindern, im Alter von sieben Jahren adipös zu werden, doppelt so hoch. Dabei galten die WHO-Definitionen für Übergewicht beziehungsweise für Adipositas. Als Vergleich zog die Forscherin Kinder heran, deren Mütter weniger als 37 Gramm raffinierte Getreideprodukte pro Tag verspeisten und keinen Schwangerschaftsdiabetes hatten. Es wurden keine Assoziationen zwischen Produkten mit raffiniertem Getreide und dem Säuglingswachstum beobachtet.
In den westlichen Ländern haben rund fünf Prozent aller Schwangeren hohe Blutzuckerwerte oder Schwangerschaftsdiabetes. Zusammen mit aufbereiteten Getreideprodukten steige das Adipositas-Risko beim Kind, schreibt Zhu. Sie bewertet die Schwangerschaft als „entscheidender Zeitraum“ für die Gesundheit von Kindern - auch hinsichtlich späterer Stoffwechselerkrankungen. Ihre Assoziation blieb erhalten, obwohl die Forscherin weitere Faktoren mit Folgen für das Körpergewicht des Kindes statistisch korrigierte. Dazu gehörten Sport und Bewegung, aber auch der Konsum von Obst, Gemüse oder von Süßigkeiten. Ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang zwischen mütterlichen Stoffwechselreaktionen und kindlicher Adipositas besteht, kann die Forscherin mit ihrer Kohortenstudie nicht beweisen. Quelle: Maternal dietary intakes of refined grains during pregnancy and growth through the first 7 years of life among children born to women with gestational diabetes Yeyi Zhu et al.: American Journal of Clinical Nutrition, doi:10.3945/ajcn.116.136291; 2017