Trotz radikaler Prostataentfernung erleiden viele Patienten mit Prostatakarzinom einen Rückfall. Ursache dafür könnten klinisch nicht nachweisbare Mikrometastasen in den Lymphknoten sein. Forscher wollen nun ein Verfahren entwickeln, das die Übeltäter zuverlässig aufspürt.
Die Chancen auf Heilung sinken meist deutlich, wenn ein Tumor Tochterzellen in die benachbarten Lymphknoten streut. Identifiziert werden solche Lymphknotenmetastasen üblicherweise durch bildgebende Verfahren oder durch eine histopathologische Analyse der Lymphknoten. Diese Nachweisverfahren versagen aber, wenn sich nur einzelne Krebszellen in die Lymphknoten eingenistet haben. Klinischen Studien zufolge lassen sich Mikrometastasen in Lymphknoten jedoch bei Dickdarm-, Magen-, Speiseröhren- und Brustkrebs mithilfe der so genannten Polymerasekettenreaktion (PCR) aufspüren. Auch bei Prostatakrebs kam diese Methode bereits versuchsweise zum Einsatz, ohne jedoch eindeutige Ergebnisse zu liefern.
Nun will ein Forschungsteam der Urologischen Klinik und Poliklinik am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München für das Prostatakarzinom ein modifiziertes Verfahren zum zuverlässigen Nachweis von Mikrometastasen in Lymphknoten etablieren. „Eigentlich sind Chancen auf Heilung sehr gut, wenn der Tumor auf die Prostata begrenzt ist“, berichtet Matthias Heck, Leiter des Projekts. „Doch immer wieder treten Fälle auf, wo Patienten trotz vollständig entfernter Prostata einen Rückfall erleiden.“
Krebszellen befallen Lymphknoten
Der Urologe vermutet, dass die Lymphknoten bei einem Großteil dieser Patienten zum Zeitpunkt der Operation schon von Mikrometastasen befallen waren. Gäbe es, so Heck, eine Methode diese vereinzelten Krebszellen im Anschluss an die Operation nachzuweisen, könnten die behandelnden Ärzte früher als bisher die gestreuten Tumorzellen bekämpfen und dadurch die langfristigen Heilungsaussichten des Patienten verbessern.
Um diesem Ziel einen Schritt näher zu kommen, haben Heck und seine Mitarbeiter eine Studie entworfen, in deren Rahmen sie Prostatakrebspatienten gezielt auf Mikrometastasen untersuchen wollen. Dabei setzen die Forscher auf die Multiplex-PCR – eine spezielle Form der Polymerasekettenreaktion, bei der Lymphknotenproben gleichzeitig auf mehrere Krebsgene untersucht werden können. „Mithilfe der PCR wollen wir in den Proben nach Genen suchen, die typisch sind für Prostatakrebszellen und die normalerweise in Lymphknoten nicht vorkommen“, sagt Heck. Fünf Markergene spüren Krebszellen auf
Für ihn war es keine leichte Aufgabe, die richtige Kombination von Markergenen festzulegen, da die PCR möglichst kleine Mengen an verdächtigem Material nachweisen und außerdem hochspezifisch nur auf Mikrometastasen in Lymphknoten reagieren soll. Schließlich hat sich das Team um Heck für fünf unterschiedliche Markergene entschieden. Darunter befindet sich das Gen für das prostataspezifische Antigen (PSA), das derzeit der wichtigste Marker in der Diagnostik des Prostatakarzinoms ist. Die klinische Studie, die im vergangenen Jahr begonnen hat, soll nun Aufschluss geben, ob das neue Verfahren tatsächlich bei Patienten mit Prostatakrebs Mikrometastasen mit hoher Wahrscheinlichkeit aufspüren kann. Insgesamt rund hundert Patienten werden für die Studie rekrutiert. Nach der operativen Entfernung der Prostata und der benachbarten Lymphknoten fahnden die Mediziner in den Lymphknoten einerseits mithilfe der Multiplex-PCR nach aktiven Krebsgenen, andrerseits untersuchen sie die Lymphknoten mithilfe von Gewebeschnitten, wie es derzeit in der klinischen Routine üblich ist.
PSA-Wert gibt Auskunft über Erfolg der Studie
Anschließend werden die Studienteilnehmer in drei Gruppen aufgeteilt: Patienten mit positiven histologischen Befund und positivem PCR-Test, Patienten ohne histologischen Befund, bei denen der PCR-Test aber auf Mikrometastasen hinweist, und Patienten, bei denen beide Verfahren keinen Hinweis auf Krebszellen erbracht haben. Im Anschluss daran wollen die Münchener Mediziner in regelmäßigen Abständen bei den Patienten den PSA-Wert im Blutserum bestimmen.
Normalerweise, so Heck, sei dieser Wert nach einer vollständigen Entfernung der Prostata gleich Null, ein Ansteigen des Wertes deute deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass die Patienten einen Rückfall erlitten hätten. „Der neue PCR-Test wäre nur dann klinisch relevant, wenn wir bei den Patienten mit Mikrometastasen häufiger einen Anstieg des PSA-Werts beobachten, als bei denjenigen, die keine Mikrometastasen aufweisen“, sagt Heck. „In diesem Fall könnte der Test dazu beitragen, dass Prostatakrebspatienten mit Mikrometastasen zukünftig eine adjuvante Therapie erhalten, die das Risiko für einen Rückfall herabsetzen könnte.“ Experten äußern Skepsis
Ob der neue PCR-Test wirklich zum diagnostischen Forschritt beiträgt, wird von anderen Experten in Frage gestellt: „Es ist noch offen, ob Mikrometastasen in den Lymphknoten tatsächlich die Hauptursache für Rezidive sind“, sagt Professor Manfred Wirth, Direktor der Klinik für Urologie der Technischen Universität Dresden. „Aber selbst wenn es so wäre, hätte ein solcher Test momentan keine therapeutischen Konsequenzen.“ Bei Prostatakrebspatienten mit einem molekularbiologischen Nachweis von Metastasen in den Lymphknoten, so der Mediziner, müsse deshalb erst bewiesen werden, dass eine adjuvante Behandlung deren Überlebenschancen verbessere. Wirth: „Im Moment kann man selbst bei Patienten, die histologisch einzelne nachgewiesene Lymphknotenmetastasen haben, so lange abwarten, bis sich der PSA-Wert erhöht hat und ergreift erst dann therapeutische Maßnahmen.“
Die Studie der Münchener Forscher soll zusätzlich darüber Aufschluss geben, in welchen Lymphknoten die Metastasen besonders häufig auftreten: Deswegen findet bei Hochrisikopatienten mit schlechter Prognose auch eine Entnahme von Lymphknoten statt, die weiter von der Prostata entfernt sind. Anhand dieser Proben will das Team um Heck dann herausfinden, über welche Lymphknoten sich Mikrometastasen ausbreiten und wie weit der Befall fortgeschritten sein kann.