Die American Heart Association (AHA) erlaubt dem Unternehmen Nintendo, das AHA-„Heart Check“-Logo auf eine Spielkonsole und einige Videospiele zu drucken. Kritiker sehen darin eine problematische Verquickung medizinischer und kommerzieller Interessen.
So prominent ist eine Spielkonsole in einer medizinischen Fachzeitschrift wohl noch nie platziert worden. In der Fachzeitschrift Circulation veröffentlichte eine Gruppe namhafter US-Kardiologen einen immerhin elfseitigen Beitrag unter dem Titel „The Power of Play“. Es handelt sich um den Bericht von einer Konferenz, die Anfang des Jahres stattgefunden hatte und bei der sich alles um die kardiovaskulären Nutzeneffekte so genannter Exer-Games gedreht hatte.
Wissenschaftler untersuchen Exer-Games in Reha und Prävention
Exer-Games sind Videospiele, bei denen die Spieler nicht passiv vor einem Monitor kleben, sondern sich aktiv bewegen müssen. Als Begründer des Genres gilt das Unternehmen Nintendo, das vor fünf Jahren seine Spielkonsole Wii auf den Markt gebracht hat. Die Wii arbeitet mit unterschiedlichen neuartigen Controllern, die es dem Spieler erlauben, eine Figur auf dem Fernsehbildschirm mit ausladenden Körperbewegungen zu steuern. Ein Spieler kann so beispielsweise ein Sportspiel wie Bowling, Boxen oder Tennis absolvieren, bei dem er mehr oder weniger realistische Bewegungen macht und damit die Kegel umwirft, den Gegner k.o. schlägt oder einen Ball übers Netz drischt. Nach ihrer Markteinführung war die Wii unerwartet erfolgreich. Mittlerweile haben die beiden großen Nintendo-Konkurrenten Sony und Microsoft ähnliche Konsolen im Programm oder arbeiten daran.
Auch die medizinische Forschung hat die Wii schnell als ein mögliches Hilfsmittel erkannt. Einige Arbeitsgruppen in den USA und in Deutschland, haben das System genutzt, um Patienten in Rehabilitationseinrichtungen zu mobilisieren (DocCheck berichtete). Die Erfahrungen dabei waren überwiegend positiv, vor allem weil die Motivation, selbständig Übungen auszuführen, bei Einsatz der Konsole relativ hoch ist. Studien, die den Nutzen der Exer-Games in rehabilitativen und in präventiven Kontexten evaluiert haben, bildeten einen der Schwerpunkte der eingangs genannten Konferenz: „Die Konferenz war ein wichtiger erster Schritt, um den möglichen Nutzen aktiver Videospiele besser zu evaluieren und Kindern und Erwachsenen dabei zu helfen, einen sitzenden Lebensstil zu vermeiden“, betonte Dr. Debra Lieberman von der University of California, die die Veranstaltung ausgerichtet hatte. „Mittlerweile gibt es bereits Forschungsergebnisse in einem vernünftigen Umfang, sodass wir erste Aussagen zum Nutzen dieser Spiele treffen können.“ Vorgestellt wurden bei der Konferenz beispielsweise Untersuchungen, die zeigen, dass der Energieumsatz bei übergewichtigen Menschen um den Faktor zwei bis fünf gesteigert werden kann, wenn sie damit beginnen, Exer-Games zu praktizieren.
Umstrittene Partnerschaft, großer Scheck
So weit, so unumstritten. Was nun allerdings Diskussionen ausgelöst hat, war die Entscheidung der American Heart Association (AHA), Nintendo zu gestatten, die Wi-Konsole und die beiden Videospiele „Wii Fit“ und „Wii Sports Resort“ mit dem Heart Check-Logo der AHA zu versehen. Dieses Logo soll Konsumenten anzeigen, welche Produkte besonders herzfreundlich sind. Bisher prangte dieses Logo fast ausschließlich auf Nahrungsmitteln. Kritiker der im Sommer 2010 getroffenen Entscheidung fragen nun, warum das Logo denn nicht zunächst einmal auf Fahrräder, Turnschuhe oder andere Sportgeräte gedruckt wird.
Woran sich einige US-Experten besonders stoßen ist, dass die AHA das Ausmaß, in dem sie von Nintendo Geld erhält, in dem Circulation-Beitrag nicht transparent macht. Zwar steht unter dem Artikel, dass die Konferenz von Nintendo unterstützt wurde. Der Betrag, um den es geht, wird allerdings nicht deutlich. Dazu muss man schon etwas suchen. Im Jahresbericht 2009 wird Nintendo noch als ein vergleichsweise kleiner Geldgeber mit Spenden in der Region 10.000 bis 24.999 US-Dollar aufgeführt. Im Jahr 2010 wurde dann eine formale Partnerschaft eingegangen. Sie beinhaltet außer der Vereinbarung zum Heart Check-Logo auch noch eine Spende in Höhe von 1,5 Millionen US-Dollar, die Nintendo an die AHA überweist. Im Gespräch mit dem Onlinedienst heartwire weist der Kardiologe Dr. Allen Taylor vom Washington Hospital Center dann auch auf die Risiken hin, die dieses Vorgehen der AHA beinhaltet: „Was wir nicht sehen wollen, sind Schlagzeilen wie ‚AHA unterstützt Wii-Konsole‘ oder ‚die offizielle Spielkonsole der AHA‘. Aber sie werden schon vorsichtig genug sein und das vermeiden.“