Seit EHEC uns den Appetit auf Sommersalate verdorben hat, sind Infektionskrankheiten wieder in aller Munde. Welche Krankheiten und Erreger gemeldet werden müssen und welche Pflichten auf den behandelnden Arzt zukommen kann man nicht früh genug wissen.
Zahlreiche Horrorschlagzeilen über die kürzlich grassierende EHEC-Epidemie haben pathogene Bakterien und andere Krankheitserreger ins Rampenlicht gerückt. Von einem Tag auf den anderen blieben Bauern auf ihrem Gemüse sitzen und manch einer fing endlich damit an, sich regelmäßig nach dem Toilettenbesuch seine Hände zu waschen.
Eigentlich ist diese plötzliche Panik schon erstaunlich. Immerhin sind Infektionskrankheiten alles andere als selten und nach aktuellen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit die ungeschlagene Nummer 1 der Todesursachen-Statistiken. Und EHEC – eine besonders pathogene Form des Darmbakteriums E. coli – ist nur ein Beispiel für eine große Gruppe von Bösewichtern. So haben in den letzten Jahren im Zuge der Schweine- und Vogelgrippe auch einige Viren vom Influenzatyp die Aufmerksamkeit der Medien auf sich gezogen. Auf Seiten der Mediziner stellt sich hierbei immer auch die Frage nach den konkreten Handlungsmaßnahmen. Was muss ich als behandelnder Arzt tun, wenn ein Patient mit verdächtigen Symptomen in meine Praxis kommt? Bei Verdacht: Bitte Melden
Antworten auf diese Frage finden sich im sogenannten Infektionsschutzgesetzt. In den Paragraphen 6 und 7 werden Erreger und Infektionskrankheiten aufgeführt, die im Falle eines Nachweises, dem Verdacht, einer bestätigten Erkrankung oder dem Tod an das Gesundheitsamt gemeldet werden müssen. Neben dem behandelnden Arzt sind auch Heilpraktiker, Krankenhäuser und Infektionslabore zur Meldung verpflichtet. Je nach Art des Falls erfolgt die Meldung anonym oder mit Angabe der Personalien des betroffenen Patienten. Während sich Paragraph 6 auf die meldepflichtigen Infektionen bezieht, werden im 7. Paragraphen die entsprechenden Krankheitserreger aufgelistet. Welche Krankheiten und Erreger im Infektionsschutzgesetzt genannt werden, bestimmen Arbeitsgruppen und Kommissionen des Robert Koch Institutes (RKI). Das RKI hat dabei die Aufgabe, die zuständigen Bundesministerien, insbesondere das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zu beraten, und wirkt bei der Entwicklung von Normen und Standards im Bereich Infektionen und Infektionsforschung mit.
Zu den namentlich zu meldenden Erkrankungen zählen u.a. die aviäre Influenza („Vogelgrippe“), akute Hepatitiden und Durchfallerkrankungen wie Cholera oder Yersiniosen. Darüber hinaus zählen auch klassische Kinderkrankheiten wie Masern, Poliomyelitis und die Meningokokken-Enzephalitis zu dieser Gruppe. Während diese Infektionen auch schon bei bloßem Verdacht umgehend gemeldet werden müssen, trifft dies bei Tuberkulose nur im Falle einer Erkrankung oder im Todesfall zu. Mikrobiell bedingte Lebensmittelvergiftungen und akute infektiöse Gastroenteritiden müssen immer dann bei Verdacht oder Erkrankung gemeldet werden, sobald Personen aus der lebensmittelverarbeitenden Industrie oder der Gastronomie betroffen sind. So muss beispielsweise der Aufnahmearzt dann zum Hörer greifen, wenn ein Mensakoch mit EHEC-verdächtigen blutigen Durchfällen in die Notaufnahme kommt - schließlich könnte er die halbe Uni bereits angesteckt haben. Alle übrigen meldepflichtigen Infektionskrankheiten sowie die entsprechenden Erreger lassen sich direkt aus dem Infektionsschutzgesetzt entnehmen.
Soziale Isolation zum Schutz vor Verbreitung
Mit dem Anruf beim Gesundheitsamt ist der erste Schritt getan. Je nach Art des Falls sind im Verlauf weitere Schutzmaßnahmen zu treffen. Ist zum Beispiel ein Kleinkind an Masern erkrankt, muss auch der Kindergarten informiert werden. Solange der kleine Patient ansteckend ist, muss der Kontakt zu anderen gesunden Kindern natürlich gemieden werden. Ein Verbot des Aufenthaltes und des Arbeitens in Gemeinschaftseinrichtungen wie u.a. in Schulen, Heimen und Ferienlagern gilt bei Verdacht auf oder Erkrankung mit Keuchhusten, Cholera, Scharlach, Masern, Läusen, Mumps und – um zum Ausgangspunkt des Artikels zurückzukehren – im Falle von EHEC.
An diesen für die Betroffenen teils drastischen Konsequenzen lässt sich gut ablesen, warum es überhaupt eine Meldepflicht gibt. Einerseits werden durch das Meldesystem statistische Erhebungen möglich und Wissenschaftler können aktuelle Entwicklungen beispielsweise in Studien publizieren. Darüberhinaus liegt der sicherlich wichtigste Bestimmungszweck in der Eindämmung von Epidemien und dem Schutz der Bevölkerung. Denn oftmals kann die Infektionsquelle nur dann identifiziert und - bestenfalls – beseitigt werden, wenn die Infizierten und ihre Umwelt zurückverfolgt werden können. EHEC lässt grüßen! Fazit für die Praxis
In der Bundesrepublik Deutschland wird die Meldepflicht von ansteckenden Krankheiten und dem Nachweis bestimmter Erreger durch das Infektionsschutzgesetzt geregelt. Je nach Infektion bzw. Erregerart hat der Arzt die Pflicht, den entsprechenden Fall an das zuständige Gesundheitsamt zu melden. Eine schnelle und lückenlose Informationspolitik kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Epidemien rechtzeitig erkannt oder bestenfalls verhindert werden. Auch als PJler oder Famulant sollte man daher schon wissen, welche Erkrankungen gemeldet werden müssen.