Napoleon konnte während der Schlacht von Waterloo seine Truppen kaum führen, weil ihn Hämorrhoiden quälten. Auch wenn die Werbung verspricht, nach der Anwendung von Hämorrhoidensalben problemlos Kamele reiten zu können, sieht die Wahrheit anders aus.
Hämorrhoiden werden in vier Stadien eingeteilt:
Hämorrhoiden sind nicht, wie lange behauptet, anale Krampfadern, so die Deutsche Gesellschaft für Dermatologie in ihren Leitlinien. Nach neueren Erkenntnissen handelt es sich bei der inneren Variante um eine variköse Dilatation und Hyperplasie des Corpus cavernosum recti. Morphologisch betrachtet sind es entzündete Gefäßkonvolute, die mit Plattenepithel überzogen sind.
Rosettenjucken gezielt angehen
Bei der Wahl des Therapeutikums spielt nicht nur der Grad der analen Plagegeister eine Rolle, sondern auch die vom Patienten geäußerten Beschwerden. In den Arzneimitteln finden sich Antiphlogistika, Lokalanästhetika, Antimykotika, Adstringentien und Kortikoide. Der Grund für den oft begleitenden Juckreiz ist, dass Hämorrhoiden zu Stauungsekzemen führen. Bei starkem Juckreiz ohne Mykose hat sich neben Hydrocortison und Prednisolon das potentere Fluocinolon-Acetonid bewährt. Diese Substanzen wirken antiphlogistisch, antiallergisch, immunmodulierend und stark antiproliferativ. Ist der Grund für den Juckreiz eine Candidainfektion, stehen Nystatin als lokale und systemische Form oder azolhaltige Externa zur Verfügung. Kortikoide sind in diesem Fall kontraindiziert. Als schmerzlindernder und juckreizstillender Wirkstoff eignet sich Lidocain. Aufgrund seines schnellen Wirkungseintritts, der langen Wirkungsdauer und der vergleichsweise geringen allergischen Potenz ist es im proktologischen Bereich Mittel der ersten Wahl.
Bei nässenden Dermatosen und hämorrhoidalbedingten Analekzemen sind Adstringentien sinnvoll. Sie vermindern die Schorfbildung und bessern bakterielle und mykotische Superinfektionen, wirken entzündungshemmend und juckreizstillend. Gerbstoffe aus der Natur sind beispielsweise Eichenrinde und Hamamelis. Chemisch wirken Harnstoff, Formaldehyd sowie phenolische Verbindungen. Das Oxidationsmittel Polyvidon-Jod wirkt antimykotisch, bakterizid und viruzid. Es verzögert nicht die Wundheilung und ist gut verträglich. Marisken wollen gegerbt werden
Äußere Hämorrhoiden sind gar keine. Hierbei handelt es sich um gutartige Hautläppchen am Anus, die korrekterweise als Marisken bezeichnet werden. Die gutartigen Hautläppchen schwellen bei manchen Frauen, beispielsweise während der Menstruation an, reiben dann an der Unterwäsche und können sich entzünden. Bleiben in den Hautfalten Stuhlpartikel haften, wird die Haut in diesem Bereich gereizt. Es siedeln sich Bakterien und Pilze an. Die aufgeweichte Haut verliert an Elastizität, kann bei der Stuhlpassage einreißen oder Ekzeme bilden.
Wichtig ist hierbei die richtige Hygiene nach dem Stuhlgang. Ungeeignet ist trockenes Toilettenpapier. Die Feuchtvariante enthält als Konservierungsmittel nicht selten Alkohol, der die empfindliche Schleimhaut austrocknet. Sinnvoll zur Reinigung ist stattdessen Wasser, Schwarzer Tee wegen der Gerbstoffe oder ölhaltige Babypflegetücher. Richtige Arzneiform bestimmt Therapieerfolg
In den meisten Fällen ist bei Hämorrhoiden und Marisken eine symptomorientierte Behandlung notwendig. Der Patient sollte aber aufgeklärt werden, dass diese Therapie zur Linderung seiner Beschwerden beiträgt, die Hämorrhoiden aber nicht schrumpfen. Dies suggerieren einige Werbeaussagen fälschlicherweise. Die Wirkung wird entscheidend von der Wahl der richtigen Arzneiform bestimmt: Zäpfchen, Salben oder Analtampons. Suppositorien für innere, Salben für äußere Hämorrhoiden, so einfach ist es leider nicht. Bei den konventionell geformten Zäpfchen gelangt der Wirkstoff nicht an den „Wohnort“ der Hämorrhoiden, den proximalen Analkanal. Entweder führt der Anwender das Zäpfchen zu weit ein oder aber das Hartwachs schmilzt und läuft mit dem Wirkstoff aus dem Anus hinaus. Bei Therapieversagern ist die Anwendung von Analtampons sinnvoll. Hierbei ist das Suppositorium fast doppelt so lang wie übliche Zubereitungen und von einem Mullschlauch umgeben. Dadurch ist eine lange Verweildauer des Wirkstoffes gewährleistet.
Bei äußeren Hämorrhoiden sind Salben und ggf. Pasten sinnvoll. Diesen Zubereitungen liegt meist ein Einführrohr oder gar ein Analdehner bei. Dieser soll bei regelmäßiger Anwendung die Rektalöffnung geschmeidig machen, erweitern und somit die Stuhlpassage erleichtern. Bei der Anwendung von Salben im inneren Analbereich ergibt sich die gleiche Problematik wie bei Zäpfchen. Auch der Schatz der Naturheilkunde bietet Homöopathika und Phytotherapeutika. Trotz neuerer pathophysiologischer Kenntnisse werden zur Therapie von Hämorrhoiden solche Mittel eingesetzt, die auch bei Venenbeschwerden wie Krampfadern sinnvoll sind. Aus für den Hämo-Star
Das seit den 1970er Jahren gegen verschiedene dermatologische und proktologische Erkrankungen verwendete Bufexamac kann schwerste Kontaktallergien auslösen. Es war DIE Substanz in fast allen gängigen Hämorrhoidenzubereitungen. Die Studienlage für den Nutzen war sehr gering. Dem gegenüber standen zahlreiche Studien und Fallberichte zu den schweren, teils tödlichen Nebenwirkungen. Die anogenitalen Ekzeme, die der Wirkstoff auslösen kann, ähneln der Indikation. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat die Zulassung widerrufen.
Nitroglycerin sprengt häufig Fissuren-Budget
Stechender Schmerz und schmerzhafte Verkrampfung des Schließmuskels bei Stuhlabgang sowie lang anhaltender Nachschmerz, so äußern sich Analfissuren. Bei chronischen Beschwerden über sechs Wochen sollte über eine effiziente Pharmakotherapie nachgedacht werden.
Nitroglycerin ist in der Therapie der Angina pectoris, des kardialen Lungenödems und von Koliken etabliert. Aber auch bei schmerzhaften und schlecht heilenden Analfissuren ist es schon längst kein Geheimtipp mehr. Sprengstoff für die Fissur? Die lokale Anwendung von 0.2 – 0,4 % Nitroglycerin-Crème mindert den Schließmuskeldruck um bis zu 30 Prozent und steigert den Blutfluß im Bereich der Fissur. Dies lässt die Fissur meist schneller abheilen. Nitrokörper setzen Stickstoffmonoxid (NO) frei und vermitteln einen anorektalen Inhibitionsreflex, der innere Analsphinkter entspannt sich. Patienten mit Analfissuren neigen zu einem deutlich höheren analen Ruhedruck.
An Nebenwirkungen können u.a. Kopfschmerzen auftreten. Einige Fertigpräpräparate für die kardialen Indikationen enthalten 2 Prozent (!) Nitroglycerin. Leider sind die Produkte relativ hochpreisig. Alternativ kann auch das besser verträgliche Nifedipin in 0,2 prozentiger Konzentration eingesetzt werden oder eine Kombination beider Wirkstoffe. Die Anwendung erfolgt 2-3 mal täglich. Danach kann man bestimmt wieder auf ein Kamel steigen.