Medizinstudenten stehen ständig unter Druck: Zeitdruck, Lerndruck, Leistungsdruck. Viele Studenten leiden daher unter Phobien, die Ihnen das Studium schwer und manchmal sogar unmöglich machen.
Während wir uns manchmal über eine Freundin lustig machen, weil sie vor einer kleinen Spinne kreischend auf einen Hocker springt, vergessen wir oft, dass es sich bei solchen Symptomen in manchen Fällen um eine ernst zu nehmende Angststörung handeln kann. Gehörte Angst in der Steinzeit noch zu den Basisemotionen, die den Jäger davor bewahrte, Opfer des anvisierten Mammuts zu werden, macht sie in unserer modernen Gesellschaft immer mehr Menschen krank. Und dazu zählen in besonderem Maße auch Medizinstudenten, die durch einen vollen Stundenplan und hohe Leistungserwartungen fast permanent unter Stress stehen.
Dass dieser anstrengende Dauerzustand ohne wesentliche Erholungsphasen nicht selten die psychische Gesundheit der zukünftigen Ärztegeneration gefährdet, konnte bereits in zahlreichen Studien bewiesen werden. So führten Selinger und Brähler (2007) eine empirische Untersuchung an 370 Medizinstudenten der Universität Leipzig durch. Das psychische Befinden wurde dabei mit Hilfe eines Fragebogens ermittelt und den entsprechenden Werten einer Kontrollstichprobe aus der Bevölkerung gegenüber gestellt. Im direkten Vergleich litten besonders die Studentinnen signifikant häufiger unter psychischen Belastungen als Frauen aus der Bevölkerungsstichprobe. Differenziert man zwischen verschiedenen Störungsformen, fanden sich die entscheidenden Unterschiede besonders bei Angststörungen, Depressionen und Stressbelastung. Ein Grund mehr, das Thema Angsterkrankungen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Angststörung ist nicht gleich Angststörung
Angststörungen zählen zu den psychischen Störungen und sind in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten der WHO, der ICD-10, im Kapitel F4 unter „Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen“ codiert. Wirft man darin einen Blick auf die Diagnosekriterien der verschiedenen Krankheitsbilder, fällt unmittelbar ihre Vielfältigkeit ins Auge. Denn Angststörung ist nicht gleich Angststörung und umfasst neben klassischen Phobien wie Höhenangst oder Spinnenphobien auch Panikanfälle und die sogenannte Generalisierte Angststörung.
Allen Formen gemein ist dabei per definitionem eine unspezifische Angst oder die konkrete Furcht vor einem Objekt oder aber auch einer bestimmten Situation. Letzteres liegt zum Beispiel bei Prüfungsängsten vor. Rückt die „Stunde der Wahrheit“ immer näher werden die Selbstzweifel immer größer und können sich in Form körperlicher Symptome wie Schlafstörungen oder Schmerzen äußert. Im schlimmsten Fall befindet sich der oder die Betroffene dann während der Klausur oder einer mündlichen Prüfung in einem Panikzustand und kann sich dadurch natürlich nicht mehr richtig auf die Inhalte konzentrieren. Durch diesen „Black-Out“ wird die Prüfung schließlich nur knapp oder gar nicht bestanden, was wiederrum neue Selbstzweifel schürt und einen Teufelskreis in Gang setzt.
Der Sprung ins kalte Wasser
Kommt es wiederholt zu oben beschriebenen Situationen, könnten dies die ersten Anzeichen für eine Angsterkrankung sein. Um den Teufelskreis von schlechter Leistung, sinkendem Selbstwert und wachsenden Ängsten frühzeitig zu durchbrechen, sind kompetente Beratung und ggf. Verhaltenstherapie der erste Schritt zur Besserung. Eine wichtige Anlaufstelle für Studierende sind beispielsweise die psychologischen Beratungsstellen der deutschen Studentenwerke. Darüberhinaus gibt es heute deutschlandweit verschiede Ambulanzen (z.B. Berliner Charité), die sich auf die Behandlung von Angststörungen spezialisiert haben. Diese bieten in der Regel offene Sprechstunden an, in denen Betroffene schnell eine erste Hilfe und Orientierung über Behandlungsmöglichkeiten erhalten können.
In Hinblick auf aktuelle Behandlungsmethoden bei Phobien ist die Verhaltenstherapie als nachweislich effektiver Behandlungsansatz meist die erste Wahl. Bei der sogenannten Exposition wird der Patient u.a. in Begleitung seines Therapeuten dem Angstobjekt oder auch der Angst auslösenden Situation schrittweise ausgesetzt. Da bei dieser verhaltenstherapeutischen Übung „alle Fluchtwege“ durch den Therapeuten versperrt werden, muss der Patient in seiner Angstsituation verharren. Innerhalb dieser Schrecksekunden lassen Körperreaktion wie Herzrasen oder Schweißausbrüche langsam nach und der Patient spürt selbst, dass alles doch gar nicht so schlimm ist. Natürlich ist eine schwere chronische Angststörung nicht durch eine einzige Expositionssitzung zu kurieren. Internationale Studien haben allerdings gezeigt, dass sich die Verhaltenstherapie insbesondere bei der Behandlung von Phobien sehr bewährt hat und schließlich vielen Patienten helfen kann.
Fazit
Angststörungen zählen heute weltweit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und können sowohl den Alltag als auch ein Studium stark belasten. Im Fall von Prüfungsängsten ist es immer ratsam, sich bei ersten Anzeichen Hilfe bei Spezialambulanzen oder psychosozialen Beratungsstellen zu holen. Moderne Behandlungsprogramme aus dem Bereich der Verhaltenstherapie können Betroffene dabei unterstützen, belastende Ängste wieder in den Griff zu bekommen, bevor Noten oder vielleicht sogar die Studienzulassung darunter leiden.