Vornehme Blässe – gesunde Bräune, die Hauttönung durch Sonne oder Kosmetika hat einen Wandel erlebt. Was löst eigentlich eine Dermatitis solaris aus? Und ist Quark als Hausmittel noch zeitgemäß? Wie kann man vorbeugen?
Der Schmerz durch zu viel Sonne hat jetzt einen Namen: CXCL5. Was klingt wie der Bruder von R2D2 ist ein Chemokin. Die Arbeitsgruppe um Steve McMahon vom Londoner King´s College haben Probanden intensiv mit UVB-Licht bestrahlt. Vom entstandenen Sonnenbrandareal wurde eine Biopsie entnommen und auf Prostaglandine, Zytokine und andere Schmerz- und Entzündungsmediatoren untersucht. Neben den Interleukinen IL-1β und IL-6 war der Spiegel des CXCL5 besonders hoch. Die Wissenschaftler injizierten Ratten das Chemokin intracutan. Das Ergebnis war eine Rötung und Schwellung der Haut sowie die für einen Sonnenbrand typische Berührungsempfindlichkeit. Die Gabe des entsprechenden Antikörpers führte zu einer Remission der Beschwerden.
CXCL5 lockt Neutrophile und Makrophagen in das entzündete Hautareal und bringt die Immunzellen dazu, schmerzauslösende Mediatoren freizusetzen. Auf einen monoklonalen Antikörper aus der Tube gegen Sonnenbrand braucht man jedoch nicht zu warten. Die Erkenntnisse der Arbeitsgruppe sind jedoch bedeutsam für die Entwicklung antiphlogistischer und analgetischer Pharmaka bei chronischen Erkrankungen.
Die UV-Strahlung verändert die Zyklobutan-Pyrimidin-Dimere der DNA. Diese molekularen Veränderungen setzen eine Kaskade Schmerz- und Entzündungsmediatoren in Gang. Bei mangelhafter Wiederherstellung durch körpereigene Reparaturmechanismen entstehen aus DNA-Schäden spezifische, für die UV-Strahlung typische Mutationen am Tumor-Suppressor-Gen p53. Früher galt nur der UVB-Wellenlängenbereich (290–320nm) des Sonnenspektrums als hauptsächliche Ursache des Sonnenbrandes. Die UVA-Strahlung führt jedoch nicht nur zur vorzeitigen Hautalterung, sondern kann auch mutagen und karzinogen sein.
Filtern statt leiden
Zu den Neuentwicklungen der letzten Jahre gehören Breitbandfilter. Sie absorbieren UVB- und UVA-Strahlung. Eine Sonderstellung nimmt Tinosorb M ein. Es ist ein organisches Pigment, das sowohl die Eigenschaften eines chemischen Filters als auch die eines Mikropigmentes aufweist. Auch Mikropigmente wie Zinkoxid oder Titandioxid wirken als Breitbandfilter, werden aber als „physikalischer Lichtschutz“ eingestuft, da sie die UV-Strahlung nicht absorbieren sondern reflektieren. Dieses ist besonders für Kleinkinder zu empfehlen.
Bereits erfolgte Veränderungen der Hautzellen durch UVB-Strahlung können die als UV-Filter agierenden Sonnenschutzmittel nicht mehr beeinflussen. Nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen kann jedoch ein auf die Haut aufgetragenes DNS-Regenerationsenzym bereits entstandene UVB-induzierte Veränderungen wieder beheben. DNS-Regenerationsenzymhaltige Produkte sind deshalb eine sinnvolle Weiterentwicklung bisher verwendeter Sonnenschutzmethoden. Das aus der Blaualge Anacystis nidulans gewonnene Enzym Photolyase verhindert beziehungsweise vermindert die Entstehung einer Hautrötung. Da auch bereits geschädigte Zellen regeneriert werden können, sind Produkte mit Photolyase hoffnungsvolle Präparate, um die Bildung von Hautkrebs zu reduzieren.
Hautärzte im Netz
Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen bietet einen neuen Mehrwertdienst, der helfen soll, Sonnenbrände zu vermeiden. Sie gelten als eine der Hauptursachen für die Entstehung von Hautkrebs. Frei zugänglich für die breite Öffentlichkeit sind dann online zahlreiche wichtige Hintergrundinformationen rund um das Thema Hautkrebs und Hautkrebsvorsorge in der Hautarztpraxis. Ein fundiertes und umfassendes Angebot der ADP zum Thema Hautkrebs und Sonnenschutz finden Sie auf der Site unserehaut.de.
Was tun bei Sonnenbrand?
Schutz von innen?
Vorbeugen ist besser als Cremen. Mit Sonnenschutzmitteln lässt sich ein Sonnenbrand verhindern. Auch die Einnahme von bestimmten Mikronährstoffen kann die Haut unterstützen, mit der Sonnenbelastung besser klar zu kommen. Spätestens nach einer Woche Urlaub hat man vom Eincremen gründlich die Nase voll. Tube oder Flasche des Sonnenschutzmittels sind sandig, verklebt, die Lotion trotzt der Schwerkraft und will nur mit großer Anstrengung ihr schützendes Behältnis verlassen. Außerdem bleiben selbst bei preußischer Gründlichkeit einige Körperstellen verschont, die sich abends in Signalrot als sonnenüberflutet outen. Ein Sonnenschutz zum Schlucken würde da vieles erleichtern. Deshalb erstaunt es nicht, dass jedes Jahr neue „Wundermittel“ auf den Markt drängen, die Sonnenschutz und –bräune aus der Kapsel versprechen. In den Präparaten sind u.a. Salze von Zink, Selen, Calcium oder Biotin bzw. Lycopin.
Zink
14 Tage vor dem Sonnenurlaub eingenommen, beugt Zink in Kombination mit Sonnencreme Sonnenbrand vor und die Haut entzündet sich nicht. Wenn die Sonne auf die Haut trifft, führt die UV-Strahlung zur Freisetzung von freien Radikalen auf der Haut, die oxidative Zellschäden auslösen. Hier setzt das Spurenelement Zink ein. Es fängt freie Radikale ab. Zink wirkt als Adstringens und stabilisiert Proteine und Zellmembranen. Es reduziert lokale Entzündungsreaktionen, fördert die Replikation von T-Zellen und steigert die Interferonproduktion. Damit Zink wirken kann, sind die Wertigkeit, die Salzform, der pH-Wert der Zubereitung und die Art der Einnahme wichtig. Am besten wirkt das Spurenelement, wenn es als Lutschtablette oder Gurgellösung verabreicht wird; geschluckt sind Tabletten weniger wirksam. Zinksalze haben allerdings den Nachteil, dass sie bitter schmecken und die Compliance deshalb gering ist. In Deutschland befindet sich eine entsprechende Tablette in der Zulassungspipeline. Wenn Zink oral gegeben werden soll, so ist das auch in Deutschland erhältliche Zinkhistidin am besten wirksam. Diese Komplexverbindung wirkt zusätzlich antioxidativ und antientzündlich. Im Allgemeinen sind Zinkpräparate gut verträglich. Selten kann es zu leichten Magen-Darm-Beschwerden oder Geschmackstörungen kommen.
In der Laienliteratur wird auch dazu geraten, zinkhaltige Salben oder Pasten bei einem Sonnenbrand auf die Haut aufzutragen. Dies ist mehr schädlich als nützlich. Zink wirkt nur in freier, dissoziierter Form als Ion entzündungshemmend. Als Zinkoxid in halbfesten Zubereitungen hat es diese Wirkung nicht. Die Paste oder Salbe kann als abdichtender Okklusivverband wirken und das Abdunsten von (Entzündungs-)Wärme verhindern. Fettsalben und Pasten habe nach einem Sonnenbad oder –brand auf der Haut nichts zu suchen. Hilfreich sind kühlende Emulsionen, bei denen sich das Wasser in der äußeren Phase befindet. Diese O/W-Zubereitungen können auch Zusätze wie Antihistaminika oder Hydrocortison enthalten. Präparate mit Korbblütlern wie Kamille oder Arnika sind nicht unkritisch. Die Haut ist gereizt und gegenüber einer Allergisierung besonders empfindlich. Die sonst so gut verträgliche Kamille kann so zu Kontaktallergien führen.
Karotinoide
Karotinoide sind sekundäre Pflanzenstoffe, die zum Beispiel als Lycopin in Tomaten oder als Betacarotin in Karotten vorkommen. Lycopin und Betacarotin können vor UV-Strahlung, vor Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Sie tun dies, indem sie zu Vitamin A umgewandelt werden, das zellschädigende freie Radikale hemmt. In Studien konnte bewiesen werden, dass Karotinoide einen gewissen Schutz vor UV-Licht bieten. Bei einer Supplementierung von ß-Carotin im Dosisbereich von 24 mg pro Tag über 12 Wochen konnten Schutzeffekte erzielt werden. Nach ca. 8 Wochen Einnahme wurde eine deutliche Verminderung einer UV-Licht-induzierten Hautrötung (Sonnenbrand) im Vergleich zur Kontrolle festgestellt. Dieser Effekt war nach 12-wöchiger Gabe von ß-Carotin noch stärker ausgeprägt. Die Schutzwirkung lässt sich durch die Kombination von ß-Carotin mit Tocopherol noch steigern. Für Raucher ist das Nahrungsergänzungsmittel Beta-Carotin nicht ohne Risiko. Bereits bei einer täglichen Dosis von 20 mg wurde im Zusammenhang mit Rauchen eine gesundheitsschädliche Wirkung beobachtet. In manchen A-C-E-Säften sind bis zu 30 mg pro Glas enthalten.
Forscher der Universitäten in Witten-Herdecke und Düsseldorf haben in Zusammenarbeit mit niederländischen Kollegen herausgefunden, dass Tomatenmark vor Sonnenschäden schützen kann. Sie testeten die Schutzwirkung an 19 Versuchspersonen. Eine Gruppe der Testpersonen verzehrte täglich 40 Gramm Tomatenmark zusammen mit 10 Gramm Olivenöl. Eine Kontrollgruppe erhielt nur das Öl. Das Ergebnis nach zehn Wochen: Die Haut der „Tomatenmarkgruppe“ war besser vor Sonnenbrand geschützt. Der aufgebaute Sonnenschutzfaktor lag bei allen Personen zwischen zwei und drei. Nach Ansicht der Wissenschaftler ersetzt das zwar keine Sonnencreme, ein erhöhter Grundschutz für besonders sonnenempfindliche Menschen ist jedoch möglich.
Über die normale Nahrung hingegen können Carotinoide nicht als Überschuss aufgenommen werden. Natürliche Carotinoide in Gemüse sind kein ausreichender Schutz vor der Sonne. Eine Lokaltherapie mit Lycopen reduzierte die Erythemreaktionen durch UV-Strahlung signifikant stärker als Placebo und immer noch deutlicher als die lokale, kombinierte Applikation von Vitamin E und C in derselben wirkstofffreien Grundlage.
Grüner Tee gegen rote Haut
Polyphenole aus grünem Tee schützen vor sonnenbedingten Hautschäden, berichtet Katrin Raschke, Diplom Oecotrophologin vom Deutschen Institut für Ernährungsmedizin und Diätetik (D.I.E.T.), Bad Aachen. Untersuchungen zeigen, dass Polyphenole aus grünem Tee die Zellen vor der Sonne schützen. Sie beugen sowohl beim Auftragen auf der Haut als auch beim Verzehr der Entstehung von Hautkrebs vor. Auch das Ausmaß der DNA- und Zellschädigung in der Haut wird durch grünen Tee deutlich vermindert.
Derzeit noch ein Traum ist ein Sunblocker zum Schlucken. Erste Ansätze gibt es mit dem Farngewächs Polypodium leucotomos. Der Hersteller verspricht einen Schutzfaktor von 2-3. Die evidenzbasierte Studienlage ist jedoch sehr dürftig. Es bleibt zu hoffen, dass die „orale Sonnencreme“ irgendwann Realität ist, damit das lästige Schmieren ein Ende hat.