Für Raucher droht eine neue Gefahr: zusätzlich zu ihrer Gesundheit können sie in den USA nun auch ihre Arbeitsstelle mit ihrem Laster gefährden. Sollte man als Medizinstudent schonmal die Gewohnheiten ändern, falls deutsche Kliniken es gleichtun?
Mein anstrengender Arbeitstag als Famulant neigt sich seinem Ende. Ich stehe vor der Klinik, hole tief Luft und rauche eine Zigarette. Ich freue mich, endlich den heutigen Krankenhausstress hinter mir zu lassen. Wieder einmal gefühlten hundert Patienten Blut abgenommen. Wieder einmal beim Visiten-Verhör nur die Hälfte der Antworten gewusst. Wieder einmal alle Schwestern genervt. Schön einfach nur einmal abzuschalten.
Meine Ruhe wird unterbrochen. Vor mir steht der wütende Stationsarzt und wirft mir aus 20 Zentimeter Abstand an den Kopf: „Wie können Sie rauchen? In Amerika hätte man Sie längst rausgeworfen!“ Perplex sehe ich nur noch, wie er kopfschüttelnd in sein Auto steigt und davon fährt. Damit endet meine Ruhe. Ich nehme mein Fahrrad und fahre mit seinen Worten im Kopf nach Hause. Raucherverbot in den USA
Große Firmen wie Alaska Airlines, Union Pacific oder Turner Broadcasting hatten in den USA lange Zeit Regelungen, dass nur Nichtraucher eingestellt werden durften. Dies änderte sich vor 20 Jahrzehnten jedoch schlagartig, als 29 Staaten und der District of Columbia Gesetze verabschiedeten, dass diese Diskriminierung von Rauchern ein Ende haben muss. Einige dieser Staaten, wie Missouri, haben sich jedoch eine kleine, aber entscheidende Ausnahme erlaubt: bei Gesundheitsorganisationen bleibt die Regelung bestehen.
Lange Zeit war das Gesetz in Vergessenheit geraten, bis vor einigen Jahren die Frustration der Arbeitgeber Oberhand gewann. Nachdem das rauchfreie Firmengelände, angebotene Raucherstopp-Programme und steigende Kosten für Raucher nicht Anreiz genug waren, das Rauchen aufzugeben, gehen verschiedene Krankenhäuser nun einen neuen bzw. den alten Weg: Die Zigarette wird behandelt wie eine illegale Droge. Nikotinpflaster werden verboten. Mit Urintests auf Nikotin werden die Mitarbeiter kontrolliert - und bei Abusus gekündigt. Bei Zigarette Kündigung
Während die Regeln bei viele Kliniken nur für neue Angestellte gelten, haben einige diese auch für bestehende Mitarbeiter geltend gemacht und diesen gekündigt. Das Truman Medical Center in Kansas City, kann davon eine wahre Erfolgsgeschichte berichten: „In einem aktuellen Fall kam ein Mitarbeiter von der Mittagspause zurück und roch nach Rauch. Schließlich hat er zugegeben, dass er geraucht hat.“ berichtet stolz Marcos DeLeon, Leiter der Personalverwaltung. Dem Mitarbeiter wurde - selbstverständlich - sofort gekündigt.
Allein letztes Jahr haben Kliniken in Florida, Georgia, Massachusetts, Missouri, Ohio, Pennsylvania, Tennessee und Texas ähnliche Regeln durchgesetzt, und weitere ziehen es ernsthaft in Betracht. Die Aussage von Paul Terpeluk, Direktor der Cleveland Klinik, welcher die Regelung seit 2007 einsetzt und verfechtet, klingt fast wie eine Warnung: „Die Trendlinie ist schon ziemlich steil, und ich würde vermuten, dass man in den nächsten Jahren sehen kann, dass viele große Krankenhäuser diesem Weg folgen.“ 3391$ Zusatzkosten pro Raucher pro Jahr
Der Großteil der Gesundheitsunternehmen rechtfertigt diesen Schritt damit, dass dadurch sowohl das Wohlbefinden der Mitarbeiter gefördert, als auch die Gesundheitskosten reduziert werden. 1 von 5 Amerikanern raucht immer noch, und Rauchen bleibt der Hauptgrund für vermeidbaren Tod. Raucher kosten viel: Laut Bundesschätzungen kostet ein Raucher pro Jahr durchschnittlich 3391$ mehr als ein Nicht-Raucher, verursacht durch höhere Gesundheitskosten und verlorene Produktivität.
„Wir haben das Gefühl, dass das nicht fair für Mitarbeiter mit gesundem Lebensstil ist, da diese die Raucher unterstützen und ihre Kosten mittragen.“ denkt Steven C. Bjelich, Hauptvorstand des St. Francis Medical Center in Cape Girardeau, Missouri, der das Raucherverbot Anfang diesen Jahres eingeführt hat. „Das ist es, was im Wesentlichen passiert.“ Dumme Entscheidung. Persönliche Entscheidung.
Bedenken wird durch das National Workrights Institute (eine Bürgerrechtsorganisation in den Vereinigten Staaten) geäußert, dass solche Regelungen schnell zum Dammbruch werden können: Wenn erst einmal erfolgreich gezeigt wurde, dass dadurch Gesundheitskosten gesenkt werden können, werden die Arbeitgeber ermutigt andere Verhaltensweisen ihrer Arbeiter zu verändern: Alkohol trinken, Fastfood essen, gefährliche Hobbys wie Motorrad fahren - alles Geschichte. Der Direktor der Cleveland Clinic, kündigte bereits vor 2 Jahren an: Falls es nicht illegal wäre, würde er übergewichtigen Menschen kündigen.
„Rauchen ist nichts Besonderes.“ so Lewis Maltby, Präsident des Workrights Insitute, der seit Jahren entschieden gegen solche Vorgehensweisen kämpft. „Auch vieles Anderes, was wir in unserer Freizeit machen, hat einen negativen Einfluss auf unsere Gesundheit. Falls es nicht Rauchen ist, ist es Bier. Falls es nicht Bier ist, sind es Cheeseburger. Und wie sieht es mit Ihrem Sexleben aus?“ Auch die Studentin Carroll (University of Kansas), 26 Jahre, lebt „rebellisch“. Obwohl beide ihrer Eltern an raucherassoziierten Erkrankungen gestorben sind, raucht sie. „Es ist eine dumme Entscheidung“ sagt sie, und nach einer langen Pause fügt sie hinzu: „aber es ist eine persönliche Entscheidung.“
Ob das nun auch in Deutschland droht? Darf ich etwa nach meinem Studium nicht mehr rauchen? Oder sollte ich besser schon jetzt während meines Studiums meine Freiheit aufgeben? Unabhängig davon, ob ich später noch rauche oder nicht, ist dies für mich ein Grund, mich berufspolitisch (z.B. im Marburger Bund oder Hartmannbund) zu engagieren, um solche Entwicklungen zu verhindern. Wie sich die Situation in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird, hängt davon ab, was wir aus ihr machen.
Mit der Überzeugung, dass das totale Raucherverbot nie in Deutschland ankommt, sondern bestenfalls als Diskussionsanreger dient, sitze ich auf meinem Balkon. Ich bin wieder ruhig. Die Zigaretten liegen neben mir. Anmerkung des Autors: Rauchen schadet Ihrer Gesundheit.