Immer wieder erleiden Leistungssportler einen plötzlichen Herztod. Radiologen plädieren deshalb für den häufigeren Einsatz der Magnetresonanztomografie. Damit ist es möglich, pathologische Veränderungen des Herzmuskels frühzeitig zu identifizieren.
Es schockiert immer wieder aufs Neue, wenn scheinbar kerngesunde Sportler während der Ausübung ihrer Sportart tot zusammenbrechen. Die Diagnose lautet zumeist auf plötzlichen Herztod. Zu dessen häufigsten Ursachen zählen die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) oder eine verschleppte Herzmuskelentzündung (Myokarditis). Wie Tübinger Radiologen auf dem diesjährigen Deutschen Röntgenkongress in Hamburg berichteten, stellt die Magnetresonanztomografie (MRT) eine sichere Methode dar, um diese Hauptrisiken rechtzeitig zu identifizieren.
Die Mediziner um Privatdozent Ulrich Kramer und Stefanie Mangold untersuchten 100 Leistungssportler mit einer wöchentlichen Trainingsbelastung von durchschnittlich 14 Stunden, darunter unter anderem Triathleten, Marathonläufer und Profi-Handballerinnen. Bevor ein Kardio-MRT von den Teilnehmern angefertigt wurde, mussten diese sich jedoch einer umfassenden kardiologischen Vorsorgeuntersuchung in der sportmedizinischen Abteilung der Universitätsklinik Tübingen unterziehen. Dabei wurde bei den Probanden neben verschiedenen Blutuntersuchungen ein Belastungs-EKG und eine transthorakale Echokardiographie vorgenommen.
Training verstärkt Fehlbildungen
Hauptziel der Studie war es, die Anpassungsreaktion der Sportlerherzen an das intensive Training und mögliche negative Auswirkungen zu erfassen. „Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass das trainingsbedingte Wachstum des Herzmuskels genetisch angelegte Fehlbildungen verstärkt und diese dadurch symptomatisch werden“, sagt Kramer, der leitender Oberarzt an der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Universitätsklinik Tübingen ist.
Normalerweise geht von einem vergrößerten Herzen keine besondere Gefahr für den Sportler aus, doch wenn er an einer HCM leidet, wächst der Herzmuskel nicht regelmäßig. Die Herzscheidewand, die linke und rechte Herzkammer trennt, verdickt sich dann asymmetrisch. „Hierdurch kann es zu einer Hemmung des Blutflusses aus der linken Herzkammer in die Hauptschlagader kommen “, erklärt Mangold, die Assistenzärztin für Radiologie an der Universitätsklinik Tübingen ist.
Keine Warnsignale
Die HCM wird autosomal-dominant vererbt und ist die häufigste Ursache für einen plötzlichen Herztod bei jungen Sportlern unter 35 Jahren. Das Gefährliche an der Erbkrankheit ist, dass daran leidende Sportler selbst zunächst nichts von dem ungleichmäßigen Muskelwachstum merken und selbst Echokardiographie oder EKG die krankhaften Veränderungen nicht immer eindeutig nachweisen können. „Eine sichere Diagnosestellung ist in vielen Fällen erst durch die Magnetresonanztomografie möglich“, sagt Mangold. „Diese Methode gibt Organstrukturen sehr genau wieder, sodass wir auf den Bildern sehen können, ob zum Beispiel die Herzscheidewand unnatürlich verdickt ist und somit eine genetisch bedingte Hypertrophie vorliegt.“
Auch bei einer weiteren Erkrankung hilft die MRT, das Risiko für die Entstehung von lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen frühzeitig zu erkennen. So können beispielsweise virale Infektionen der Atemwege eine Entzündung des Herzmuskels auslösen, die dann narbige Veränderungen des Herzmuskels zur Folge haben können. Das passiert besonders häufig bei Hochleistungs-, aber auch ambitionierten Amateursportlern, die sich nach einer schweren oder langwierigen Erkältung nicht ausreichend schonen, sondern zu schnell wieder mit dem Training beginnen. „Auch eine Myokarditis kann mitunter schwer mit EKG oder Echokardiographie alleine zu diagnostizieren sein“, sagt Kramer. Mit Hilfe der MRT ist es jedoch möglich, diese narbigen Veränderungen des Herzmuskels zu erkennen. Gleiches gilt auch für die Wassereinlagerungen im Herzmuskelgewebe, die für die akute Phase der Myokarditis typisch sind.
Dank der gründlichen Untersuchung konnten die Tübinger Radiologen in ihrem Sportlerkollektiv sieben Personen identifizieren, deren Herz in Mitleidenschaft gezogen war: Drei Teilnehmer wiesen postischämische Veränderungen des Herzmuskels auf, ein Proband hatte eine Anomalie der Herzkranzgefäße, ein Sportler litt an einer HCM und bei zwei weiteren Sportlern wurden narbige Veränderungen des Herzmuskelgewebes nach einer Myokarditis entdeckt. Diese Fälle von intensiv trainierenden Sportlern, die sich bis dahin beschwerdefrei und körperlich fit gefühlt haben, sind für Kramer der eindeutige Beleg, dass eine genauere kardiologische Untersuchung als bisher dazu beitragen kann, die Zahl der plötzlichen Herztode zu verringern.
Kardio-MRT für ambitionierte Sportler
„Die regelmäßige Anwendung der MRT in diesem Zusammenhang ist sicher übertrieben und nicht realisierbar“, sagt Kramer. „Es wäre aber vorstellbar, dass Hochleistungssportler im Rahmen der medizinischen Untersuchungen einer Kardio-MRT unterzogen werden.“ Und auch der engagierte Amateursportler tue gut daran, im Rahmen eines Check-ups über eine MRT-Untersuchung seines Herzens nachzudenken, vor allem, wenn EKG oder Echokardiographie auffällige beziehungsweise grenzwertige Befunde ergäben.
Auch andere Experten empfehlen die MRT: „Gerade bei Profisportler wäre ihr Einsatz sinnvoll“, sagt Privatdozent Michael Lell, leitender Oberarzt am Radiologischen Institut des Universitätsklinikum Erlangen. Allerdings gibt der Radiologe zu bedenken, dass die Studie der Tübinger Arbeitsgruppe verschiedene Altersgruppen und mehrere Sportarten mit unterschiedlichen physiologischen Anpassungsreaktionen umfasse, und es somit schwierig sei zu bestimmen, welche Veränderungen des Herzmuskels sich auf welche Ursache zurückführen ließen.