Schnarchen ist mehr als ein nächtliches Konzert des Gaumensegels. Oft ist das Flattern im Gaumen die Spitze des Eisberges mit Namen Schlafapnoe. Diese kann durch zentrale Störungen oder eine Verengung der pharyngalen Atemwege entstehen.
App gegen Apnoe
Die obstruktive Schlafapnoe ist eine häufige Erkrankung: 2 Prozent der Frauen und 4 Prozent der Männer im Alter zwischen 30 und 60 Jahren haben ein therapiebedürftiges obstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS). Wenn es für so was sogar eine App gibt, erkennt man die Verbreitung des Problems. Ende August dieses Jahres gab Philips die Einführung der weltweit ersten iPhone-App für Schlafapnoe bekannt. Das kostenlose Programm „Sleep&Cardio“ soll Wissen vermitteln und mit interaktiven Screeningfragebögen der Diagnose dienen.
Wenig Sauerstoff, viel Druck
Das National Institute of Health wertet die obstruktive Schlafapnoe als unabhängigen Risikofaktor für die Entstehung einer arteriellen Hypertonie. Auch die Deutsche Hochdruckliga hat in ihren „Leitlinien für die Prävention, Erkennung, Diagnostik und Therapie der arteriellen Hypertonie” die Schlafapnoe als Ursache einer sekundären Hypertonie und Ursache für eine Therapieresistenz eingeordnet. Bei nahezu allen Apnoe-Patienten steigt nachts der arterielle Blutdruck an. Die Hypoxie löst eine Alarmreaktion aus, Adrenalin wird freigesetzt, die peripheren Gefäße verengen sich, der Druck steigt an. Dieser nächtliche Gefäßstress kann dazu führen, dass das physiologische nächtliche Dipping bei diesen Patienten nicht mehr stattfindet. Das Ausmaß des Non-Dipping korreliert hierbei mit der Schwere der obstruktiven Schlafapnoe.
Warum Schlafapnoepatienten auch tagsüber hyperton(er) sind, ist unklar. Vermutlich steigern die repetitiven nächtlichen Hypoxämien und Arousalreaktionen den Sympathikus auch tagsüber. Außerdem ist die endothelabhängige Vasodilatation beeinträchtigt. Ist eine Pharmakotherapie zur Blutdrucksenkung notwendig, sollten Arzneistoffe gewählt werden, die nicht den Schlafrhythmus stören. Sinnvoll sind ACE-Hemmer, AT1-Blocker, Vasodilatatoren, Calciumantagonisten und kardioselektive Betablocker. Diuretika sind nicht sinnvoll.
Nächtliche Hypoxien: Risikofaktoren für Vorhofflimmern
Kardiale Arrhythmien treten bei bis zu 50 Prozent aller Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe während des Schlafens auf. Intermittierende ventrikuläre Tachykardien, Sinusstillstände, höhergradige AV-Blockierungen und gehäufte ventrikuläre Extrasystolen treten besonders häufig auf. Bei den Patienten wird der Tauchreflex aktiviert. Die kardiale Vagusaktivität wird gesteigert, die peripheren Gefäße reagieren auf einen gesteigerten sympathischen Reflex. Die erklärbare Folge ist eine Bradykardie. Warum es bei einigen Patienten zu Tachyarrhythmien kommt, ist nicht hinreichend geklärt.
In einer Studie von Gami et al. mit 3.500 Probanden waren nächtliche Hypoxien unabhängige Risikofaktoren für Vorhofflimmern. Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass nächtliche Hypoxien eine Rolle in der Entstehung von Vorhofflimmern spielen könnten. Apnoe macht das Blut dicker und süßer
Bei Apnoepatienten lassen sich eine veränderte Blutgerinnung und eine erhöhte Thrombozytenaggregation nachweisen. Die OSAS-Patienten leiden unter einer erhöhten Glucoseintoleranz und unter Insulinresistenz. Die nächtlichen Apnoen haben auch Einfluss auf den Lipidstoffwechsel. 50 Prozent der Patienten sind von einer nicht-alkoholischen Fettleber betroffen.
Druck für die Lungen…
Drei wichtige Säulen in der OSAS-Therapie sind die Reduktion eines eventuell vorhandenen Übergewichtes, das Vermeiden abendlichen Alkoholgenusses und die Einnahme von Sedativa/Hypnotika.
Bei den schlafbezogenen obstruktiven Atmungsstörungen ist die wirksamste Therapie die nächtliche nasale Überdruckatmung (CPAP, Continuous Positive Airway Pressure). Hierbei wird quasi eine „pneumatische Schienung“ der Atemwege erzeugt. Ein kollabieren der Atemwege wird vermindert und einer nächtlichen Hypoxie wirksam vorgebeugt. So gut die Erfolge sind, so schlecht ist die Compliance des Patienten (und des Partners). Die Patienten fühlen sich durch die Maske, das Schlauchsystem und den Geräuschpegel erheblich gestört. Ein Motivationsgrund könnte ein deutliche Besserung der kognitiven Leistungsfähigkeit sein. Eine Studie von Aloia et al. untersuchte die Gedächtnisleistung von OSAS-Patienten, die unterschiedlich lange am CPAP-Gerät angeschlossen waren.
Die Wahrscheinlichkeit, eine normale Gedächtnisleistung zu haben (40 Punkte im Hopkins-Verbal-Learning-Test ) war bei den optimalen Nutzern achtmal höher als bei den "ungenügenden Nutzern". Mit CPAP hatten von den "ungenügenden Nutzern" 21 Prozent eine normale Gedächtnisleistung, von den "mittleren Nutzern" 44 Prozent und von den "optimalen Nutzern" 68 Prozent.
…und Beine
Nicht selten lagern Schlafapnoepatienten Flüssigkeit in den Beinen ein. Studien von Teschler et al. zeigen, dass eine Korrelation zwischen den Atemaussetzern und dem Volumen der nächtlichen Flüssigkeitsverlagerungen aus den Beinen besteht. Je mehr Volumen in den Beinen eingelagert wird, desto stärker schwillt der Hals an und desto mehr Apnoen treten auf. Das aus den Beinen verlagerte Flüssigkeitsvolumen korrelierte positiv mit dem Ausmaß der Beinödeme und der tagsüber sitzend verbrachten Zeit. Eine CPAP-Therapie verbessert nicht nur die obstruktive Schlafapnoe, sondern verhindert auch die Zunahme des Halsumfangs während der Nacht.
Diese Studien lassen den Schluss zu, bei herzinsuffizienten Patienten die Flüssigkeitsretention in den Beinen am Tag zu reduzieren. Somit sollen die Phasen obstruktiver als auch zentraler Schlafapnoe positiv beeinflusst werden. Dies könnte durch Diuretika oder Kompressionsstrümpfe erreicht werden.
In einer Studie von Redolfi et al. wurde gezeigt, dass im Vergleich ohne Stützstrümpfe bei der Kompression sowohl die Menge des Wassers in den Beinen als auch der Umfang des Nackens bei Apnoepatienten um 60 Prozent verringert wird. Die Zahl der Apnoe- und Hypopnoe-Episoden pro Stunde Schlaf verringerte sich an Tagen mit Stützstrümpfen um 36 Prozent (von 48 auf 31). Die Studie wurde über einen Zeitraum von zwei Wochen an schlanken Patienten durchgeführt. Weitere Studien bei adipösen Patienten sowie über einen längeren Zeitraum sollen durchgeführt werden.