Die Essgewohnheiten von Müttern könnten sich direkt auf die Gesundheit ihrer Kinder auswirken. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUVA) modifizieren die intestinale Permeabilität und fördern die Entwicklung des zentralen Nerven- und intestinalen Immunsystems.
Schwangere Frauen haben vermehrten Appetit, darüber müssen sich viele der werdenden Mamas auch keine allzu großen Gedanken machen. Anders sieht es aber bei der Wahl der Nahrungsmittel aus. Klinische Studien ergaben bereits, dass bestimmte mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFAs) in der Nahrung der werdenden Mutter das Nervensystem ihres Kindes beeinflussen und das Allergierisiko reduzieren. Der Mechanismus dieser Wirkung war allerdings bislang unklar.
Leinsamenöl moduliert Darmnervensystem
Auf eine mögliche Erklärung stießen jetzt Gaëlle Boudry und Mitarbeiter des Französischen INRA (National Institute for Agricultural Research) in Rennes. In ihrer Studie an Schweinen zeigten sie, dass eine Anreicherung der mütterlichen Nahrung mit langkettigen mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren (n-3 polyunsaturated fatty acids, n-3 PUFAs) die Darmentwicklung des Babys verändert. Dies wiederum könnte die Entwicklung des Immunsystems des Darms beeinflussen.
In der Studie hatten Säue in der Schwangerschaft und Stillperiode entweder eine Kontrollernährung oder eine n-3 PUVA-Ernährung basierend auf Leinsamenöl erhalten. Messungen der intestinalen Permeabilität der Ferkel bei Geburt und bis zu 28 Tagen nach der Geburt zeigten, dass die den Muttersauen verabreichten Fettsäuren die intestinale Permeabilität geändert hatten. Die intestinale epitheliale Barriere spielt für die Aufrechterhaltung der Darmhomöostase und die Entwicklung des Immunsystems Neugeborener eine entscheidende Rolle. Das enterische Nervensystem ist ein Schüsselregulator gastrointenstinaler Funktionen, der sich über Nahrungsfaktoren modulieren lässt.
Mit den richtigen Fettsäuren Antigenen trotzen
Die basale Permeabilität des Jejunums stieg in beiden Gruppen bis zum 15. postnatalen Tag signifikant an und fiel danach ab. Doch 28 Tage nach der Geburt war die Permeabilität der Ferkel Fettsäure-supplementierter Mutterschweine höher. Ferkel von Müttern mit Kontrollernährung wiesen eine höhere Aktivität eines vasoaktiven intestinalen Peptid-Rezeptor-Antagonisten auf, der die parazelluläre Permeabilität der Kontrollferkel steigerte, nicht jedoch die der Ferkel Nahrungs-supplementierter Mütter. In dieser Gruppe fand sich dagegen eine gesenkte parazelluläre Aktivität. Auch zeigten sich in der Submucosa des Jejunums mehr immunreaktive Neurone.
Die gesteigerte Permeabilität des Jejunums durch n-3 PUVAs ermöglicht die leichtere Passage von Bakterien und neuen Substanzen über die Darmauskleidung in das Blut. Neue Substanzen triggern die kindliche Immunantwort und die Produktion von Antikörpern. Die Folge: Das Immunsystem kann sich schneller entwickeln und reifen. Eine bessere Immunfunktion und eine geringere Wahrscheinlichkeit, an Allergien zu erkranken, sind die mögliche Folge.
Fisch fürs Hirn
Damit knüpft die Studie an Forschungsarbeiten an, die belegen, dass eine Ernährung mit n-3 PUVAs in der Schwangerschaft die Gestationsdauer verlängert und die Reifung des zentralen Nervensystems der Babys fördert. Ebenso scheint die mentale Leistung gesteigert zu sein. Die Bedeutung mehrfach ungesättigter Fettsäuren in der Schwangerschaft und Stillzeit für die kognitive Entwicklung und Leistungsfähigkeit des Kindes, aber auch Auswirkungen auf erwachsene und alternde Gehirne war bereits 2009 Thema des Satellitensymposiums „Fisch fürs Hirn: Essenzielle Fettsäuren und ihre Bedeutung im ZNS“ anlässlich der Dreiländertagung Nutrition ernährungsmedizinscher Gesellschaften aus der Schweiz, Österreich und Deutschland.
PUFAs haben demnach nicht nur große Bedeutung für die frühkindliche Hirnentwicklung, sonder auch für die Gehirne Erwachsener und älterer Menschen. Sie wirken Studien zufolge neuroprotektiv und können psychischen und neurologischen Erkrankungen wie Depressionen und Demenzerkrankungen entgegenwirken. Auch Kindern mit Lern- und Verhaltensauffälligkeiten wie Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom profitieren.