Der Puls geht hoch, die Hände schwitzen und die Stimme versagt: Das erste Mal vor einem größeren Publikum zu reden, ist ein aufregendes Erlebnis. Unser Autor Robert Kromer berichtet von seinem ersten Kongress mit allen Pannen, Ängsten, Erfolgen und viel Wein.
„Yia mas!“ ruft mir ein leitender Oberarzt mit einem Lachen im Gesicht und einem halbvollen Weinglas in seiner Hand zu. An seinem Akzent kann ich erkennen, dass er aus Frankreich kommen muss, den genauen Ort hatte er mir vor einer Stunde gesagt, aber es war unmöglich das im Gedächtnis zu behalten. Wir heben erneut unsere Gläser und trinken einen Schluck, während im Hintergrund die griechische Musik lauter wird.
Vorbereitungen
Am 29. August bekomme ich die Erinnerungsmail meines Doktorvaters, dass ich noch zwei Tage zur Anmeldung habe. Ich habe das Wichtigste tatsächlich fast vergessen - und das, obwohl ich mich schon seit Wochen freue. Nach einigen E-Mails und einem Telefonat mit der Veranstaltungsleitung, habe ich es geschafft: Anmeldung ausgefüllt, Studentenrabatt bekommen, Anmeldegebühr überwiesen. Endlich! Mein erster Kongress! Hier wird also meine wissenschaftliche Karriere beginnen. Die Visitenkarten liegen bereit.
Die Reise beginnt - oder doch nicht?
Zwei Monate später - meine Koffer sind gepackt - bekomme ich einen Anruf der Fluglinie: Die griechischen Fluglotsen streiken, der Flug wird um 17 Stunden nach hinten verschoben. Also noch länger warten! Unendlich viele Stunden später komme ich mitten in der Nacht in einem kleinen Hotel direkt am Meer an, ich falle todmüde in mein Bett und schlafe mit dem Rauschen des Meeres im Ohr ein.
Beim Kongress
Der Wecker klingelt: Ich habe es geschafft, ich bin in Griechenland, ich bin bei meinem ersten Kongress! Ich komme in der Eingangshalle des Kongresscenters an und bin beeindruckt: 400 Forscher aus der ganzen Welt bewegen sich zwischen sieben verschiedenen Vorlesungsräumen, in welchen gleichzeitig Vorträge gehalten werden, hin und her. Während ich noch staunend versuche die Szenerie zu erfassen, empfängt eine freundliche Hostess mich. Ich bekomme mein eigenes Namensschild, diverse Werbegeschenke - und den Weg zum Speakers Room gezeigt? Ach ja! Ich muss ja noch eine Rede halten! Ich darf einen Teil meiner Doktorarbeit präsentieren: als Neuling vor der Forscherelite dieser Welt - um danach in der Diskussion zerfleischt zu werden? In einer halben Stunde ist es so weit. Ich gehe schon einmal in den richtigen Raum, spreche mit den Moderatoren, die mir sofort Glück wünschen.
Gefühlte Sekunden später stehe ich vor einer Gruppe hoch spezialisierter Experten und spreche möglichst ruhig in das Mikrofon „Dear Chairman, Ladies and Gentlemen …“ Die Angst ist verflogen, mein Doktorvater hat mich auf diesen Moment vorbereitet, den Vortrag lange mit mir trainiert und viele gute Ratschläge gegeben. Ich höre den Applaus und bedanke mich für die angenehme Diskussion. Der schwierigste Teil ist geschafft! Der Rest besteht aus tollen, innovativen Vorträgen, interessanten Gesprächen und atemberaubenden Pharma-gesponserten Abendveranstaltungen, wie die, bei der ich mit Ober- und Chefärzten um die Wette trinke.
Nächstes Jahr wieder! Kongresse sind etwas Tolles! Ernsthaft! Wer als Student die Chance haben sollte zu einem Kongress zu gehen, der sollte sie nutzen. Als Student wurde ich freudig begrüßt, zu unzähligen Kliniken weltweit eingeladen und habe hochspannende Menschen kennengelernt. Ganz nebenbei erfährt man die neusten Details der Forschung und kann endlich einmal die Fragen stellen, die in der Vorlesung unbeantwortet blieben. Aber vor allem kann man einen unglaublich wichtigen Aspekt der Medizin und unseres Studiums sehen und erleben: lebendige Forschung.