Kommerzielle Diätprogramme sind effektiver als die unter ärztlicher Führung. Und nicht nur der Erfolg bekannter Anbieter wie Weight Watchers ist bemerkenswert, sondern auch die Kosten – zumindest im Vergleich zum Honorar für ärztliche Bemühungen.
Adipositas und Fettleibigkeit nehmen in allen Altersklassen weltweit kontinuierlich zu. Eine in der Fachzeitschrift Lancet veröffentlichte Langzeitstudie von Majid Ezzati und Kollegen der Harvard School of Public Health in Boston, Massachusetts, zeigt den alarmierenden Anstieg des Körpergewichts Erwachsener in 199 Staaten unserer Erde über die letzten 30 Jahre. Pro Jahrzehnt steigt der Body Mass Index (BMI) bei Männern durchschnittlich um 0,4; bei Frauen um 0,5 an. Die Anzahl Fettleibiger hat sich seit 1980 mit einer halben Milliarde Menschen fast verdoppelt. Schwacher Trost: Deutschland erreicht im Vergleich zu anderen Staaten mit seiner Anzahl an Schwergewichten „nur“ Rang zehn bei Männern und Rang 17 bei Frauen. Spitzenreiter der Industriestaaten sind erwartungsgemäß die USA.
Von der globalen Problematik hin zur individuellen, überlegen sich viele Betroffene, welches die beste Strategie zur Gewichtsreduktion ist. Gescheiterte Diätversuche gehen häufig dem vermuteten kompetenten Rat von Arzt oder Apotheker voraus. Warum viel Geld und Energie in sinnlose kommerzielle Programme oder Konzepte stecken, wenn der Erfolg nicht garantiert ist?
Abnehmen auf alle Art
Tatsächlich ist der Erfolg wissenschaftlicher und ärztlich begleiteter Abnehmprogramme nicht besser als der der Programme von Weight Watchers und anderen kommerziellen Anbietern, ergab eine im British Medical Journal veröffentlichte Untersuchung von Forschern der University of Birmingham. Im Gegenteil: Sie sind weniger erfolgreich, aber dafür teurer.
Die sogenannte Lighten up-Studie, finanziert vom National Health Service (NHS), zeigt den Erfolg verschiedener Abnehmstrategien an insgesamt 740 britischen Teilnehmern. In Großbritannien gilt annähernd ein Viertel der Bevölkerung als fettleibig. Die Gewichtsreduktionsprogramme wurden zwölf Wochen lang durchgeführt. Drei Gruppen nahmen an den Abnehmprogrammen der kommerziellen Anbieter Weight Watchers, Slimming World und Rosemary Conley teil. Eine Gruppe erhielt ein gruppenbasiertes Diätprogramm, das vom NHS entwickelte Size Down Programm mit wöchentlichen Treffen. Zwei weitere Gruppen nahmen an einmal wöchentlichen Einzelgesprächssitzungen bei einem Arzt und Apotheker teil. Eine weitere Gruppe konnte sich für eines der Konzepte frei entscheiden und eine Kontrollgruppe erhielt zwölf Gutscheine für ein Fitnessstudio.
Schlusslicht: Arzt und Apotheker
Nach den zwölf Wochen konnten alle Verfahren mit einem signifikanten Gewichtsverlust punkten. Doch zeigten sich bereits früh Unterschiede. Den geringsten Gewichtsverlust wiesen Abnehmwillige mit einer fachkundigen Betreuung durch Arzt oder Apotheker auf, nämlich 1,37 kg bzw. 2,11 kg. Der einmal wöchentliche Besuch eines Fitnessstudios der Kontrollgruppe war aber mit 2,01 kg genauso wirkungsvoll. Spitzenreiter nach der Studienperiode waren Teilnehmer bei Weight Watchers, sie hatten - ohne wirklich hungern zu müssen, wie dies die Strategie des Konzepts ist – satte 4,43 kg abgenommen. Auch die anderen kommerziellen Anbieter konnten mit 4,23 kg und 3,32 kg ein paar Pfunde mehr bekämpfen als Arzt oder Apotheker.
In einer Kontrolluntersuchung nach einem Jahr zeigte der langfristigere Erfolg. Alle Gruppen hatten ein im Vergleich zur Ausgangslage signifikanten Gesichtsverlust zu verzeichnen – abgesehen von den Studienteilnehmern, die von Arzt oder Apotheker betreut waren worden. Nur bei Weight Watchers hatten die Teilnehmer auch langfristig statistisch relevant mehr Gewicht verloren als die der Kontrollgruppe. Die meisten der Teilnehmer, die nach den zwölf Wochen der Studiendauer ihr Programm fortführten, gehörten dem Size Down Programm und den Weight Watchers an. Die Teilnehmer aller Gruppen waren körperlich aktiver, am wenigsten jedoch diejenigen des Programms von Ärzten und Apothekern.
Teuer und ineffektiv
Arzt- und Apothekerbehandlungen waren mit den höchsten Kosten verbunden. Während die Kosten für die fachliche Betreuung dort 90 Pfund betrugen, waren dies bei kommerziellen Anbietern nur 50 bis 55 Pfund. Die Studienautoren vermuten, dass die Häufigkeit der Teilnahme und die Motivation der Teilnehmer entscheidend für den Erfolg der Gewichtsabnahme. Die Teilnehmerrate war bei den Weight Watchers am höchsten, bei Arzt und Apotheker am geringsten. Sie bewerten die Programme von Arzt und Apotheker als unwirksam und teuer. Eine andere Frage, die sich stellen könnte, ist eine Kostenübernahme von erwiesen erfolgreichen kommerziellen Anbietern von den Krankenkassen. Denn die Abnehmprogramme der Krankenkassen sind ebenfalls teuer, aber auch wirksam?