Seit Jahren versucht US-Molekularbiologe John Craig Venter, künstliches Leben zu erschaffen. Nach Erfolgen mit viralen oder bakteriellen Genomen wagt er sich jetzt an Eukaryoten und Proteine. Die Teleportation von Lebewesen auf den Mars ist nur eine seiner Visionen.
Nach bahnbrechenden Erfolgen bei der Genomsequenzierung schreibt John Craig Venter wieder Geschichte. Der amerikanische Molekularbiologe und Unternehmer entwickelte einen neuartigen Bioprinter, um aus digitalen Daten, etwa Genomsequenzen, Biopolymere herzustellen. „Im Moment druckt er Proteine. In der fernen Zukunft könnte man menschliche Babys auf dem Mars drucken“, heißt es auf der Technikplattform Motherbord. Venters neueste Veröffentlichung kam nicht aus heiterem Himmel.
Craig Venter © PLoS Biology CC BY 2.5 Seit Menschengedenken versuchen Wissenschaftler, Lebensformen in vitro zu erzeugen. Bereits 2003 entstand aus 5.000 künstlichen Basenpaaren in nur zwei Wochen ein künstliches Virus. Venters Ziel war, eine Plattform für weitere Entwicklungen zu schaffen. Weiter ging es Schlag auf Schlag. Im Jahr 2007 übertrugen Forscher das Erbgut von Mycoplasma mycoides auf Mycoplasma capricolum. Venter sprach von einer „Genomtransplantation“ und hoffte, das Verfahren auf andere Organismen mit niedrigerem Verwandtschaftsgrad auszudehnen, wovon er jedoch bald abkam. Vielmehr synthetisierte sein Team das komplette Genom von Mycoplasma genitalium. Mit nur 580.076 Basenpaaren handelt es sich um einen Winzling, was Venters Arbeit natürlich erleichtert hat. Warum er nicht sofort versucht hat, das künstliche Genom in eine Zelle zu integrieren, ist unbekannt. Dieser Durchbruch gelang im Jahr 2010: Molekularbiologen brachten maschinell hergestellte genomische DNA von Mycoplasma mycoides in Zellen von M. capricolum, aus denen sie vorher das Erbgut entfernt hatten. Anschließend produzierte der neue Organismus nur Proteine, die für M. mycoides typisch sind, war aber noch nicht lebensfähig. Schließlich entstand aus 473 Genen das erste funktionsfähige Bakterium. Es gewinnt Energie aus chemischen Quellen und kann sich teilen. Bleibt als Wermutstropfen: Bei 149 Genen ist unbekannt, wozu diese überhaupt nützlich sind.
Venters Konverter mit Drucker (a) und das Prinzip des Digital-to-Biological Converter (b) © Nature Biotechnology Neuerster Geniestreich des umtriebigen Entwicklers ist ein „Digital-to-Biological Converter“. Der innovative Drucker erhält über das Web oder über Funkwellen Sequenzdaten. Aus dem Alphabet der Basen entstehen je nach „Drucktinte“ DNA-, RNA- oder Proteinmoleküle. Die einzelnen Kartuschen enthalten unterschiedliche reaktive Chemikalien. Gleichzeitig werden Fehler, die auftreten, korrigiert. In der Praxis stellten Wissenschaftler unter anderem Fragmente von H1N1-Grippeviren her. Realistisch betrachtet liegt hier der große Mehrwert: Funktionsfähige Infrastrukturen vorausgesetzt, reicht ein Datensatz aus, um Vakzine oder Medikamente auf Proteinbasis, etwa Antikörper, herzustellen. „Wenn Sie einen Digital-to-Biological Converter an Ihren Computer angeschlossen hätten, könnten Sie Insulin oder einen Impfstoff selbst herzustellen“, sagt Venter. „Wenn Sie an all die Protein-basierten Medikamente denken, die es gibt … Wenn Sie diese per E-Mail bekommen, anstatt sie aus der Apotheke zu holen, wird sie konzeptionell eine ganz andere Welt.“
Craig Venture, nie um plakative Marketing-Slogans verlegen, sieht schon Möglichkeiten der „biologischen Teleportation“: Man könnte per Signal Sequenzdaten zur langfristig geplanten Marsstation schicken. Vor Ort reicht ein Drucker aus, um diverse Prokaryonten oder Eukaryonten herzustellen – vielleicht sogar Menschen.