Damit die elektronische Gesundheitskarte nicht zur teuren Nullnummer wird, wurde jetzt die Online-Anbindung auf die Spur gebracht. Sie bietet die Chance für eine übergreifende Arzneimitteldokumentation. In Bochum wollen die Apotheker genau das testen.
Als sich die Gesellschafter der gematik Anfang Dezember zu ihrer turnusgemäßen Sitzung trafen, war die Problemlage klar umrissen. Knapp zehn Prozent der gesetzlich Versicherten in Deutschland besitzen bis Jahresende elektronische Gesundheitskarten. Im nächsten Jahr sollen nochmal 60 Prozent dazu kommen. Das hat die Politik so gewollt. Nur: Die zehnmal teurere Karte kann bis dato nicht mehr als die alte KVK.
Einigung auf knappe Fristen
Dass sich das ändern muss, ist jedem klar. Und so haben sich die Verbände der Selbstverwaltung in der Sitzung am 5. Dezember tatsächlich und einvernehmlich auf einen groben Schlachtplan für den so genannten Online-Rollout geeinigt. Vorausgegangen waren monatelange Verhandlungen unter der Regie des offiziellen eGK-Schlichters Klaus-Theo Schröder (SPD). Das Ergebnis, kurz zusammengefasst: Die Krankenkassen bekommen ihren vorgezogenen Rollout, damit sie das Online-Update der Versichertenstammdaten (Online-VSD) durchführen können. Die Ärzte erhalten im Gegenzug den von ihnen eingeforderten Konnektor samt elektronischer Signatur. Das soll sicherstellen, dass die ärztlichen Anwendungen der eGK, etwa elektronische Notfalldaten oder auch die digitale Übermittlung von Arztbriefen und Befunden (KOM-LE), nach einem erfolgreichen Rollout des Online-VSD nicht in Vergessenheit geraten. Damit sich auch jeder an diese Abmachung hält, wurde das Ganze mit Fristen unterlegt, die – hier bleiben die eGK-Architekten sich treu – relativ unrealistisch sind. Ab Auftragsvergabe soll der Online-VSD innerhalb von zehn Monaten in noch festzulegenden Regionen getestet werden. Ab Start dieser Tests muss dann wiederum innerhalb von zehn Monaten auch die elektronische Signatur getestet werden. Ist der Online-VSD fertig getestet, darf er zügig in den Rollout gehen. Die elektronische Signatur wird dann später per Remote-Update auf den Konnektor aufgespielt. Das ist zumindest der Plan.
Die Arzneimitteltherapiesicherheitsprüfung hat wieder Aufwind
Das eigentlich spannende und aus Apothekersicht erfreuliche an der Gesellschafterversammlung war aber etwas ganz anderes. Wider Erwarten erteilten die Gesellschafter nämlich auch der elektronischen Arzneimittelsicherheitsprüfung (AMTS) via eGK ihren Segen. Damit steht jetzt neben den elektronischen Notfalldaten, der Kommunikation Leistungserbringer, dem Online-VSD und der Migration elektronische FallAkte eine fünfte Anwendung in den Startlöchern.
Auf Nachfrage teilte ein Sprecher der ABDA mit, dass die AMTS zwar auf der Online-Welt der eGK aufsetze, nicht zwangsläufig aber eine elektronische Signatur benötige. Und wenn das so ist, dann ergibt sich eine unerwartete Perspektive. Möglicherweise gelingt es den Apothekern mit ihrer AMTS, die anderen medizinischen Anwendungen rechts zu überholen, nachdem die AMTS zuvor qua Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums eigentlich erst einmal auf einem Abstellgleis geparkt worden war.
AMTS-Labor Bochum-Wattenscheid
Wer wissen möchte, wie sich die Apotheker die eGK-basierte AMTS vorstellen, muss nach Westfalen-Lippe gehen. Die dortige Apothekerkammer hat sich im Sommer um Fördermittel des Landes NRW für ein Projekt beworben, das sich TEAM eGK nennt und diese Fördermittel in Höhe von bis zu 620.000 Euro bekommen. Im Rahmen des TEAM eGK-Projekts, an dem auch die ABDA beteiligt ist, soll in Bochum-Wattenscheid eine eGK-basierte AMTS getestet werden. Ursprünglich sollte die Projektphase Anfang 2012 starten. Wie häufig bei IT-Projekten verzögert sich das etwas. „Die detaillierte Projektskizze liegt derzeit noch beim Projektträger. Aber wir gehen davon aus, dass wir im ersten Quartal 2012 loslegen können“, betont Projektleiter Stefan Lammers von der Apothekerkammer WL gegenüber DocCheck. In den Feldtest könnte es dann im Jahr 2013 gehen, so der bisherige Plan. Wie viele Apotheken dabei mitmachen, ist derzeit noch offen. „Wir haben in Bochum-Wattenscheid insgesamt 19 Apotheken. Und wir werden zumindest versuchen, alle mit ins Boot zu holen“, so Lammers.
Klar ist jetzt schon, dass die eGK nur der Authentifizierung des Patienten dienen wird. Für die eigentlichen Arzneimitteldaten wird ein eigener Dienst aufgesetzt, der über einen gesicherten Server verfügt. Nur berechtigte Personen haben dort Zugriff, und auch das nur dann, wenn der Patient mittels eGK sein Einverständnis erklärt. Die Authentifizierung des Apothekers wiederum erfolgt nicht über einen elektronischen Heilberufsausweis, sondern über eine Institutionskarte, eine so genannte SMC-B. Das ist auch mit Blick auf einen möglichen Rollout interessant. Denn der Verzicht auf den Heilberufsausweis reduziert den Aufwand auch für die einzelne Apotheke deutlich.
„Grundsätzlich ist geplant, das Projekt möglichst eng an die Entwicklung der Telematikinfrastruktur anzulehnen. Wenn Komponenten wie etwa der Konnektor vorhanden sind, dann werden wir sie auch einsetzen“, so Lammers. Über einen Beirat werden zudem auch Ärzte in das TEAM eGK-Projekt eingebunden. So sollen wichtige Abstimmungen zwischen den Berufsgruppen schon im Vorfeld erfolgen, um einer möglichen Anbindung von Arztpraxen in einem zweiten Schritt keine Steine in den Weg zu legen.