PTA – ohne sie ginge nichts mehr in öffentlichen Apotheken von heute. Doch warum entschließen sich immer weniger junge Leute zu dieser Fachausbildung? Und reicht es aus, nur den Lehrplan zu entstauben – oder fehlen berufliche respektive finanzielle Perspektiven?
Bereits 1954 lamentierten Approbierte, sie bräuchten neben Apothekenhelfern einen weiteren Assistenzberuf. Dieser Wunsch erfüllte sich erst Jahre später – 1968 erschienen die ersten pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) auf der Bildfläche. Und zwar aus gutem Grund: Durch Neustrukturierungen des Pharmaziestudiums gab es plötzlich keine Apothekerassistenten („Vorexaminierte“) mehr. Fachlicher Ersatz musste gefunden werden.
„Von untergeordneten Aufgaben entlasten“
Seit diesem historischen Startschuss hat sich viel getan – pharmazeutisch, aber auch ökonomisch. Und so wurden PTA anno Domini noch eingestellt, um Apotheker „von untergeordneten Aufgaben zu entlasten“ (eine Broschüre von 1968), zur tragenden Säule in Handverkauf und Rezeptur. Verbände schätzen, dass mittlerweile rund 70 bis 80 Prozent der Kundenkontakte über diese Berufsgruppe laufen. Wenn sich Apotheken dem demografischen Wandel entsprechend aufstellen, werden auf PTA noch weitere Tätigkeiten zukommen. Dennoch ist Sand im Getriebe der Ausbildung. Das entsprechende „Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten“ sei laut Bernadette Linnertz, Vizechefin des Bundesverbands Pharmazeutisch-technischer AssistentInnen (BVpta), über Jahre nur unwesentlich geändert worden und bilde die Realität nicht mehr ab. Und Ingrid Heberle, Leiterin der Fachgruppe PTA bei der Apothekengewerkschaft ADEXA, ergänzt: „Allgemeinverbindliche Ausbildungsinhalte wie bei vergleichbaren Assistenzberufen fehlen.“ Auch der Bundesverband der Apotheker im öffentlichen Dienst - Unterricht und Ausbildung (BApÖD) hat sich die Harmonisierung des Lehrplans auf die Fahnen geschrieben. Auf der letzten Hauptversammlung forderten die Mitglieder den Vorstand deshalb auf, „eine Arbeitsgruppe einzurichten, die detaillierte Vorschläge erarbeiten soll“, und zwar bis Ende 2011. Das Thema brennt immer mehr unter den Nägeln, kommen generelle Zukunftssorgen der Branche noch mit hinzu.
Heiß umkämpft
Kein Wunder, dass sich immer weniger junge Menschen zu einer PTA-Ausbildung entschließen. Mittlerweile sind die Folgen schmerzhaft zu spüren, allein in Rheinland-Pfalz fehlen laut einer Studie der Uni Frankfurt rund 300 PTA. Andere Kammerbezirke stehen nicht besser da: „In Hessen wird derzeit nur die Hälfte der eigentlich benötigten PTA an Schulen ausgebildet“, sagt der Marburger Apotheker Thorsten Junk – er engagiert sich für den Fortbestand entsprechender Ausbildungseinrichtungen. Bundesweit wird von bis zu 3.000 fehlenden Kräften gesprochen. Darauf reagierten Standesvertreter gleich mit zwei Anträgen auf dem letzten Apothekertag in Düsseldorf: Die Hauptversammlung der Apotheker sprach sich dafür aus, „eine qualitativ hochwertige Ausbildung kompetenter PTA in ausreichender Zahl weiterhin zu ermöglichen“. Außerdem verwies man den Antrag, „Maßnahmen zu ergreifen, damit das Berufsbild der PTA dem europäischen Vergleich mit anderen Gesundheitsberufen standhält“, an den zuständigen Ausschuss. Fromme Wünsche, doch es ist an der Zeit, zu handeln. Und das beginnt beim Curriculum für PTA-Schulen.
Job von morgen – Lehrplan von vorgestern?
ADEXA hat zusammen mit dem BVpta an einem neuen Ausbildungskonzept gearbeitet. Ein Ergebnis diverser Arbeitsgruppensitzungen: „Inhalte der Ausbildung müssen modernisiert und vereinheitlicht werden“, sagt Ingrid Heberle. Neuer Stoff rund um die Beratungspraxis, speziell Selbstmedikation, klinische Pharmazie, pharmazeutische Betreuung, Interaktionen oder auch ökonomische Fragestellungen ist jedoch im aktuellen Zeitrahmen nicht mehr unterzubringen – sprich eine Verlängerung auf drei Jahre muss her. Das hat noch andere Gründe, gilt es doch, den Unterricht an europäische Mindeststandards anzupassen. Auch sinkt das Niveau allgemeinbildender Schulen immer weiter. Fächer wie Deutsch, Mathematik oder Fremdsprachen werden vielleicht schon bald zur Pflicht, allein schon, um die Fachhochschulreife als weitere Perspektive zu bieten. „Die Optionen, sich im Beruf weiter entwickeln zu können, sind momentan nur außerhalb der Apotheke beziehungsweise Krankenhausapotheke gegeben“, so BVpta-Bundesvorsitzende Sabine Pfeiffer van Rijswijk. Sollte aber ein Bachelor in Pharmazie kommen, könnten PTA Plätze füllen, die die in Rente gehenden Pharmazieingenieure beziehungsweise Apothekerassistenten hinterlassen. Stichwort Vertretungsbefugnis: „Die Aufgabe kann dann auch die Bachelor-PTA übernehmen“, ist sich Pfeiffer sicher. Das wiederum erzeugt bei Approbierten Gänsehaut. „Wir wollen nicht den Apotheker zweiter Klasse“, hieß es dazu aus den Reihen des Apothekerverbands Westfalen-Lippe.
Gut ausgebildet für gutes Geld
Sollte die Novellierung – wann auch immer – umgesetzt werden, kann das teuer werden und auch die Existenz so mancher Schule gefährden. Tanja Kratt, Zweite Vorsitzende von ADEXA, rechnet mit bis zu 1.200 Euro mehr pro Ausbildungsplatz und Monat. Das dürfte für viele unbezahlbar sein, macht bereits die aktuelle Situation Sorgen: Mitte dieses Jahres stand in Marburg eine Ausbildungseinrichtung vor dem wirtschaftlichen Aus, nachdem sich die Deutsche Angestellten-Akademie aus der Förderung zurückgezogen hatte. Pro Person lagen die Kursgebühren ohnehin schon bei 360 Euro pro Monat, weitere 125 Euro schoss der europäische Sozialfonds zu. Ausgereicht hat das trotzdem nicht. Schließlich retteten drei örtliche Apotheker unter Federführung von Thorsten Junk die Institution. Andere Kammerbezirke stehen nicht besser da: Eine Mitgliederversammlung der Landesapothekerkammer Westfalen-Lippe beschloss, zum Erhalt von fünf PTA-Schulen 270 Euro „Solidaritätszuschlag“ pro Apotheke einzuführen – das Defizit der Ausbildungsstätten betrug in Summe 185.000 Euro. Kommunale Träger zogen sich mehr und mehr aus der Verantwortung zurück, ein bundesweites Problem. Zwangsläufig werden mit der Ausbildungsnovellierung auch die Kursgebühren steigen, und damit drängen sich auch Fragen nach dem späteren Gehalt auf. Tanja Kratt: „Eine bessere und vor allem teure Ausbildung bedeutet mittelfristig auch bessere Löhne.“ Doch welche Kompetenzen bekommen gut bezahlte, gut ausgebildete Fachkräfte?
Neue Ausbildung – alter Apothekenzopf
Anlässlich des Besuchs einer öffentlichen Apotheke interessierte sich Staatssekretärin Ulrike Flach (FDP) vom Bundesministerium für Gesundheit vor allem für die Tätigkeitsbereiche der PTA. Laut Sabine Pfeiffer sei die wortwörtliche Umsetzung der Aufsichtspflicht von Apothekern nicht möglich, allein schon wegen der Zahl an Kundenkontakten. Doch die Befugnisse passen auch jetzt schon nicht mehr zum Buchstaben des Gesetzes. „‘Unter Aufsicht des Apothekers‘ möchten wir ersetzen durch ‚unter Verantwortung des Apothekers‘, weil das der täglichen Realität entspricht.“ PTA wüssten genau, wo die Grenzen ihrer Beratung seien und wann die wissenschaftliche Kompetenz des Apothekers gefragt sei. Wo hingegen die Grenzen von PKA liegen, ist wieder eine andere Frage, hält ein Referentenentwurf zur neuen Apothekenbetriebsordnung hartnäckig am folgenden Passus fest: „Die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, für die ein Qualitätsmanagementsystem (…) erforderlich ist, darf auch durch nichtpharmazeutisches Personal erfolgen, soweit es entsprechend qualifiziert ist, über die bei den jeweiligen Tätigkeiten gebotene Sorgfalt nachweislich zu Anfang und danach fortlaufend unterwiesen wird und unter Aufsicht eines Apothekers arbeitet.“ Nicht gerade ein Beitrag zur viel gepriesenen Qualitätssteigerung. Und nicht gerade motivierend für PTA, die unter anderem dafür eine teure, lange Ausbildung absolviert haben.
Bei der Novellierung ist jetzt die Politik am Zuge. Mitte Oktober ging ein Konzeptvorschlag der ADEXA-Fachgruppe PTA an das Bundesministerium für Gesundheit, inhaltlich ist Ulrike Flach zuständig. Ihr Haus hat aber momentan ganz andere Sorgen wie die Apothekenbetriebsordnung oder die Pflegereform. Man darf gespannt sein, welche Priorität die Reform der PTA-Ausbildung haben wird.