Zwar gibt es auf dem Markt bereits nicht-invasive Diagnostikverfahren, die kostengünstig Blasenkrebs nachweisen sollen, doch viele Experten stehen ihrer Zuverlässigkeit skeptisch gegenüber. Forscher haben nun einen spezifischeren Test entwickelt, der zukünftig die Heilungschancen der Betroffenen erhöhen könnte.
Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland rund 25.000 Menschen an Blasenkrebs, mehr als 6.000 sterben daran. Meist suchen die Betroffenen einen Arzt auf, weil sie Blut im Urin bemerken. Mit Hilfe einer Blasenspiegelung kann die Erkrankung fast immer rasch und sicher diagnostiziert werden. In seltenen Fällen führt dieses Verfahren jedoch nicht zum Erfolg, der Tumor bleibt unerkannt. Aus diesem Grund suchen Forscher aus aller Welt nach Methoden, die die Blasenspiegelung ergänzen und somit die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Diagnose erhöhen.
Ärzte der Asklepios Klinik St. Georg in Hamburg haben nun einen einfachen Test entwickelt, der die Heilungschancen von Patienten mit Blasenkrebs verbessern könnte. Wie die Mediziner um Professor Dr. med. Mathias Vierbuchen und Dr. med. Stephan Tauber in der Fachzeitschrift Der Urologe berichten, muss für diesen Test nur die Blase der Betroffenen ausgespült und anschließend die Flüssigkeit auf einen bestimmten Tumormarker untersucht werden. “Invasive Methoden wie die Blasenspiegelung, für die ein Zystoskop über die Harnöhre ins Organ eingeführt werden muss, sind aufwändig und belasten die Patienten”, berichtet Tauber, der Leitender Arzt in der Abteilung für Urologie an der Asklepios Klinik St. Georg ist. “Unser Test lässt sich dagegen auf einfache Weise einsetzen und könnte eines Tages auch bei urologischen Vorsorgeuntersuchungen Anwendung finden.”
Blasenkrebs wird oft zu spät entdeckt
Denn auch bei Blasenkrebs, so Tauber, komme es darauf an, die Diagnose möglichst rechtzeitig zu stellen, da davon die Überlebenschance des Patienten maßgeblich abhänge. Zwar beschränkt sich der Blasenkrebs bei seiner Entdeckung momentan in 80 Prozent der Fälle auf die Schleimhaut, doch in jedem fünften Fall haben die Tumorzellen schon auf die Blasenmuskulatur übergegriffen. Während bei oberflächlichen Tumoren eine sehr hohe Langzeitüberlebensrate besteht, sinkt diese mit zunehmender Ausdehnung des Tumors deutlich. Existieren bei der Erstdiagnose bereits Tochtergeschwülste, überlebt trotz Operation und Chemotherapie nur noch jeder Fünfte länger als fünf Jahre.
Für ihre Studie untersuchten Vierbuchen und Tauber 82 Probanden im Alter von 27 bis 85 Jahren, bei denen ein Verdacht auf Blasenkrebs bestand. Bei jeder Testperson erfolgte nicht nur eine normale endoskopische Untersuchung, sondern es wurde zusätzlich deren Blase ausgespült. Anschließend isolierten die Mediziner mittels Zentrifugation alle in der Probenflüssigkeit enthaltenen Blasenzellen. Diese behandelten das Team um Vierbuchen und Tauber immunozytochemisch mit einem Antikörper, der gegen das Protein p16INK4a gerichtet war. Als positives Ergebnis wurde eine Anfärbung der Zellen mit diesem Protein gewertet.
Tumorsuppressor verliert seine Wirkung
“p16 ist ein Tumorsuppressor, der als Marker schon seit einiger Zeit erfolgreich bei der Diagnose von Gebärmutterhalskrebs eingesetzt wird”, berichtet Vierbuchen, der Chefarzt in der Abteilung für Pathologie an der Asklepios Klinik St. Georg ist. “Wir hatten die Idee, dass p16 auch bei der Entwicklung von Blasenkrebs eine wichtige Rolle spielt und deshalb seine Konzentration in Blasenzellen auch eine Aussage darüber erlaubt, wie stark der Tumor entartet ist.” Zellen produzieren normalerweise p16 als eine Art Bremsschuh der Zellteilung. Mutieren Zellen im Rahmen der Karzinogenese und beginnen, sich ungehemmt zu vermehren, entsteht als Gegenreaktion immer mehr p16, das aber seine hemmende Wirkung in den entarteten Krebszellen immer weniger entfalten kann.
Insgesamt konnten die Hamburger Mediziner bei 46 Studienteilnehmern Blasenkrebs histologisch nachweisen, der bei 29 Patienten auch durch die Überexpression von p16 erkannt wurde. Bei 36 Probanden erbrachte die histologische Untersuchung keinen Hinweis auf einen Tumor, 30 davon wiesen auch keine erhöhte Expression des Tumorsuppressors auf. Insgesamt zeigte der immunozytochemische Test eine Sensitivität von 63 Prozent und eine Spezifität von 83 Prozent auf. Vor allem entdifferenzierte Blasenkarzinome, die mit einer schlechten Überlebensrate korrelieren, konnten durch den neuen Test relativ sicher erkannt werden: Bei diesen Fällen betrug die Sensitivität sogar 77 Prozent.
Automatisierung des Tests möglich
Tauber ist zufrieden mit diesen Ergebnissen, da – verglichen mit anderen Markern für Blasenkrebs – der neue Test offenbar ein spezifisches und insbesondere bei entarteten Tumoren auch ein sensitives Verfahren sei, dessen Weitererforschung sich lohne. Die hohe Sicherheit und die geringen Kosten, findet Tauber, machten die neue Methode interessant für die Entwicklung eines automatisierten Screening-Verfahrens, das durch Verbesserung der Früherkennung die Überlebenschancen der Patienten deutlich steigern könnte.