Schule - Studium - Karriere - Familie und Kinder. Die einzig wahre Abfolge der Lebensplanung? Viele junge Menschen bekommen schon während des Studiums Nachwuchs. Eine Doppelbelastung, die durchaus zu bewältigen ist und auch von Vorteil sein kann.
In Deutschland haben rund 7% aller Studentinnen und 5,7% der Studenten ein Kind, was ungefähr 100.000 Studentenmütter und -väter ergibt. Davon studieren 4% Medizin.
Diese Studenten, die den Meilenstein Familie vorziehen, noch vor dem Einstieg in das Berufsleben, haben dadurch viele zusätzliche Aufgaben, Verantwortungen und Belastungen im Gegensatz zu ihren Kommilitonen. Finanziell sind sie meist noch nicht abgesichert, haben noch gar kein oder kein festes Einkommen. Oft muss das Studium unter der neuen Lebenssituation leiden, es muss unterbrochen werden oder in Teilzeit weitergeführt werden. Zeitlich kollidieren die meist unregelmäßigen Uni-Zeiten mit den Öffnungszeiten der Kindertagesstätten. Außerdem kann es durch die hohe Anforderung gleichzeitig ein guter Elternteil und ein erfolgreicher Student zu sein zu psychische Belastungen kommen. Bei alleinerziehenden Müttern und Vätern kommen zusätzliche Schwierigkeiten hinzu. Die Art und Weise wie Studierende ihr Leben mit einem Kind organisieren und meistern ist sehr unterschiedlich und variiert abhängig von familiärer Unstützung, Unterstützung aus dem Freundeskreis, finanziellen Möglichkeiten, Studienmotivation und vielem mehr.
Finanzielle Herausforderung
Die meisten Studenten haben kein regelmäßiges Einkommen, abgesehen von einem gegebenenfalls vorhandenen Nebenjob, Bafög oder der Unterstützung der Eltern. Wenn die Versorgung eines Kindes zur Eigenversorgung hinzukommt, reicht das eigene Geld in den meisten Fällen nicht aus. Einige haben das Glück durch ihre Eltern zusätzliche finanzielle Unterstützung zu bekommen, wenn der Nachwuchs hinzukommt. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Partner im Arbeitsleben steht und durch sein Einkommen für die Familie sorgen kann. Zusätzlich gibt es auch die finanzielle Unterstützung durch den Staat. Das Elterngeld ist ein Ersatz für den Wegfall des Einkommens nach der Geburt des neuen Familienmitglieds und orientiert sich am Einkommen des Vorjahres. Es beträgt mind. 300 Euro, soviel also auch für Studenten, die bisher noch kein eigenes Einkommen hatten. Das Kindergeld ist unabhängig vom Einkommen und beträgt für das erste und zweite Kind 184 Euro, für weitere Kinder erhöht sich der Betrag. Es wird bis zum 18. Lebensjahr des Kindes gezahlt, bei nicht abgeschlossener Berufsausbildung bis zum 25. Lebensjahr. Für Studenten, die BAföG bekommen, kann ein Kinderbetreuungszuschlag beantragt werden. Bei diesem kommen zum schon vorhandenen BAföG-Betrag für das erste Kind monatlich 113 Euro hinzu, für jedes weitere Kind 85 Euro. Ansonsten gibt es noch den Kinderzuschlag und Leistungen für Bildung und Teilhabe.
Das Studium meistern
Es gibt verschiedene Möglichkeiten das Studium auch mit einer eigenen Familie noch unter einen Hut zu bekommen. Wie gut das funktioniert, ist stark davon abhängig wie viel Unterstützung die Mutter oder der Vater von dem Partner bekommt sowie von der Unterstützung durch die Großeltern, durch Freunde und Kommilitonen. Auch die Möglichkeiten, die die Uni in Bezug auf die Kinderbetreuung und auf duie Flexibilität bei der Auswahl der Fächer und Klausurtermine bietet, hat einen großen Einfluss. Die Studiendauer verlängert sich in sehr vielen Fällen unvermeidlich, vor allem bei Müttern. Das Studium kann dann eine gewisse Zeit unterbrochen werden oder in Teilzeit weitergeführt werden, um dann sobald es möglich ist, wieder in Vollzeit einzusteigen. Eine Studie von 2006 in Freiburg zeigte, dass die Motivation der Studenteneltern mit 90% sehr hoch war, das Studium beenden zu wollen. Im Medizinstudium ist durch den relativ hohen Anteil an Pflichtveranstaltungen und den hohen Lernaufwand im Gegensatz zu manchen anderen Fächern, die Aufgabe Studium und Kind zu vereinbaren, noch etwas schwerer zu bewältigen.
Alleinerziehende Studenten
Für alleinerziehende Studenten ist die Vereinigung von Kind und Studium eine noch größere Herausforderung. Insgesamt gibt es erwartungsgemäß mehr alleinerziehende Mütter als Väter unter den Studenten. Diese haben dann durchschnittlich die schlechteste finanzielle Absicherung, was unter anderem daran liegt, dass sie weniger Möglichkeiten haben zu jobben. Durch das Stillen zum Beispiel herrscht eine sehr große Abhängig des Säuglings von der Mutter und sie kann sich nur für kurze Zeit von dem Kind trennen. Außerdem kann sich der alleinerziehende Elternteil mit keinem Partner abwechseln, dadurch ist unter anderem der Schlafmangel höher und die Chancen am Tag soviel zu schaffen, wie bei zwei Elternteilen, geringer. Umso wichtiger kann in diesen Fällen eine Unterstützung durch die Eltern, durch Freunde und durch soziale Einrichtungen sein.
Kinderbetreuung
Die Planung der Kinderbetreuung ist unabdingbar für eine gute Organisation des Studiums mit eigener Familie. Die Möglichkeiten der Kinderbetreuung sind vielfältig und unterschiedlich einsetzbar. Kinderkrippen, Kindertagesstätten (Kitas) und Kindergärten bieten regelmäßige halb- bis ganztägige Betreuung. Es ist wichtig sich früh darüber zu informieren, da die Plätze sehr beliebt und in einigen Orten sehr schnell belegt sind. Es gibt öffentliche oder private Träger und kirchliche Einrichtungen. An einigen Unis gibt es auch Uni-Kindergärten oder Kindertagesstätte. Eine andere Möglichkeit ist die einer Kindertagespflege durch eine Tagesmutter, die nur ein oder wenige Kinder meist in ihrer eigenen Wohnung betreut. Probleme kommen öfters durch den nicht sehr regelmäßigen Tagesablauf beim Studium auf. Oft sind die Kurse auch am späten Nachmittag oder Abend, wenn Kindertagestätten oder Kindergärten keine Betreuung mehr anbieten. In den Klausur- und Lernphasen wird mehr Unterstützung gebraucht, was jedoch nicht immer möglich ist. Wenn Schulferien sind, ist auch oft nicht die gleiche Betreuung wie zur Schulzeit möglich. Für unregelmäßige, kurze Unterbringung auch am Wochenende, wenn zum Beispiel mal die seltene Freizeit genutzt werden will, bieten sich eher Babysitter an. Beratung und Hilfe beim Finden und Aussuchen einer passenden Einrichtung kann man zum Beispiel beim Kinder- und Jugendamt bekommen.
Beratung
Die Aufgabe eine gute Mutter oder ein guter Vater zu sein ist zu jedem Zeitpunkt im Leben eine Herausforderung. Es kann helfen sich über Erfahrungen auszutauschen, von befreundeten Eltern Tipps entgegenzunehmen und Bestätigung zu finden, ob man alles richtig macht und die Entwicklung des Kindes den Erwartungen entspricht. Jedoch kann es als Student gut möglich sein, dass man der oder die Erste im Freundes- und Bekanntenkreis mit einem Kind ist. Die Kommilitonen sind in einem ganz anderen Lebensabschnitt, mit anderen Verantwortungen, Zielen und Freuden. Während bei ihnen die größten Verantwortungen darin bestehen, pünktlich zur Vorlesung oder zum Nebenjob zu kommen und ihre größte Sorge darin besteht, ob sie genug Alkohol für die nächste Party besorgt haben, muss man ein Neugeborenes bzw. ein Kind aufziehen und rund um die Uhr beschäftigen. Man ist nicht mehr nur für sein eigenes Leben sondern für ein weiteres ungeschütztes und hilfloses Leben verantwortlich. Es gibt an jeder Uni verschiedene Anlaufstellen an denen man Hilfe und Unterstützung finden kann, zum Beispiel soziale und psychologische Beratungsstellen, Beratungsstellen für Frauen, für Familien, Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen usw. Es gibt auch in jeder Stadt sogenannte freie Einrichtungen, zum Beispiel pro familia oder der Deutsche Familienverband e.V., die weder stattlich noch kirchlich gebunden sind. Außerdem können kirchliche Beratungsstellen und Seelsorge einigen bei Fragen, Unsicherheiten und Sorgen weiterhelfen.
Vorteile von Kind und Studium
Die Kinderlosigkeit, die heutzutage unter Akademikern herrscht, liegt unter anderem daran, dass es schwierig ist einen richtigen Zeitpunkt für die Familienplanung zu finden. Wann zwischen Studium und Kariere soll man die Kinder einplanen und ist zu diesem Zeitpunkt überhaupt ein Partner vorhanden? Besonders bei Frauen ist dieser Aspekt maßgebend durch die biologische Altersgrenze. Der Vorteil während des Studiums ist, dass man leichter auf Teilzeit umsteigen kann, als zum Beispiel in einem Job. Man kann auf freiwillige Veranstaltungen verzichten und diese zuhause nacharbeiten, man hat noch keine berufliche Verantwortung. Es ist eine relativ gute Flexibilität gegeben wie man seine Kurse und Klausuren einteilt. Im Speziellen beim Medizinstudium stellt sich danach die Frage, wann für Kinder Zeit ist, wenn man Kariere machen möchte: während der Assistenzarztzeit, nach dem Facharzt oder erst einige Jahre später? Bei der langen Ausbildung, den anstrengenden Arbeitszeiten, der hohen Verantwortung im Beruf ist vielleicht sogar das Studium die beste Zeit alles unter einen Hut zu bekommen. Zum Beispiel könnte das Kind dann schon in den Kindergarten kommen, wenn die Facharztausbildung beginnt. Ein junger Student hat vielleicht noch nicht so viel Lebenserfahrung, aber ist dafür noch ausgelassener, sorgenfreier und kann viel Motivation und Energie in die neue Aufgabe stecken.
Wunschkinder
Auch wenn das Kinderbekommen auf dem ersten Blick nicht zum Studieren passt, gibt es viele Möglichkeiten beides parallel zu meistern. Es gibt von der Uni-Seite, vom Staat und von vielen verschiedenen Einrichtungen, sowie von dem eigenen sozialen Netzwerk doch viele Anlaufstellen und Unterstützungen. Man steht nicht alleine da. Es gibt auch Studenten, die viele Vorteile des Nachwuchsaufziehens im Studium erkennen und sich bewusst für die Familiengründung entscheiden. Einer Studie nach sind ein Drittel aller während eines Studiums geborener Kinder Wunschkinder. Ein weiteres Drittel sind zwar Wunschkinder, aber zu einem verfrühten Zeitpunkt. Und auch wenn eine Schwangerschaft ungeplant oder ungewollt war, ist trotz mancher Schwierigkeiten und Sorgen, die Freude über das eigene Kind meist so groß, dass man vieles schaffen kann, auch über seine Erwartungen hinaus.