Hautkrebs, Depressionen oder Alzheimer: Jüngsten Studien zufolge kann Kaffee – bei maßvollem Konsum – das Risiko für verschiedene Krankheiten senken. Insbesondere bei Basalzellkarzinomen soll Kaffee einen wichtigen Beitrag zur Prävention liefern.
Zuletzt haben US-Forscher vom Brigham Hospital und der Harvard Medical School in Boston herausgefunden, dass regelmäßiger Kaffeekonsum das Risiko an Basalzellkarzinom (BCC, „Weißer Hautkrebs“) zu erkranken, bei Frauen, die täglich mehr als drei Tassen Kaffee konsumieren um 20 Prozent reduziert, bei Männern waren es immerhin 9 Prozent. Dabei wurden die Daten von 113.000 Erwachsenen (davon 73.000 Frauen) innerhalb von mehr als 20 Jahren analysiert. Während des Beobachtungszeitraums sind 22.786 neue BCC, 1.953 Plattenepithelkarzinome (SCC) und 741 Melanome aufgetreten. „Unsere Studie zeigt, dass der Kaffee-Konsum eine wichtige Option sein könnte, um zur Prävention des BCC beizutragen“, so Studienleiterin Dr. Fengju Song, Postdoc an der Abteilung für Dermatology am Brigham and Women`s Hospital und der Harvard Medical School Boston.
„Die Menge des Koffeinverbrauchs stand in direktem Zusammenhang mit dem Risiko. Je mehr Kaffee die Teilnehmer tranken, desto geringer war ihr Hautkrebsrisiko.“ Überrascht zeigten sich die Wissenschaftler, dass es lediglich bei den Fällen von BCC einen inversen Zusammenhang gab. Tierstudien hätten auf einen Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und dem Hautkrebsrisiko hingedeutet, aber epidemiologische Studien seien nicht schlüssig zu denselben Ergebnissen gekommen. Da der genaue Wirkmechanismus noch nicht bekannt ist, handelt es sich vorerst lediglich um Schlussfolgerungen. Laut Song sind nun weitere Studien erforderlich, die den Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und BCC sowie den Mechanismus hinter diesem Zusammenhang gezielt untersuchen. Diese prospektive Studie ist die bislang jüngste, die in den vergangenen Jahren auf positive gesundheitliche Wirkungen des Kaffees hinwies.
Sonnencreme mit Koffein?
Verschiedene epidemiologische Studien haben bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass Kaffeetrinker seltener an Hautkrebs erkranken. Bereits 2007 veröffentlichte die „Women Health Initiative (WHI) eine Studie mit 93.000 Probandinnen, in der gezeigt wurde, dass bereits eine Tasse Kaffee das Risiko an nicht-melanotischen Hautkrebs zu erkranken um zehn Prozent verringert, sechs oder mehr Tassen verminderten das Risiko an BCC oder SCC zu erkranken um 36 Prozent. Die schützende Wirkung war bei Tee schwächer und bei entkoffeiniertem Kaffee nicht vorhanden, was für eine kausale Rolle von Koffein spricht. In einer im Herbst 2011 publizierten Studie der Ernest Mario School of Pharmacy der Rutgers University wird ein möglicher Mechanismus der protektiven Wirkung von Koffein beschrieben. Die Behandlung von Hochrisiko-Mäusen mit koffeinhaltigem Wasser führte zu einem Rückgang gegenüber der Kontrollgruppe von Spinaliomen von 72 Prozent. Einige Krebsforscher, darunter Professor Allan Conney, Direktor des Susan Lehman Cullman Laboratory for Cancer Research in Piscataway/New Jersey, vermuten, dass die Hemmung des Enzyms ATR dabei eine Rolle spielt. Dieses Enzym ist an der DNA-Reparatur beteiligt. Es markiert geschädigte Stellen, die dann von Reparatur-Enzymen ausgebessert werden. Dies verhindert eine Apoptose der Zelle. Paradoxerweise kommt dieser Schritt auch Krebszellen zugute, die vor einem Untergang bewahrt werden. Mehrere Wirkstoffe, die ATR hemmen, werden derzeit in klinischen Studien auf ihrer Fähigkeit hin überprüft, die Wirkung einer Krebstherapie, die ebenfalls häufig auf die DNA zielt, zu verstärken.
Um zu untersuchen, ob ATR in der Entwicklung von Hautkrebs tatsächlich eine Rolle spielt, experimentiert die Forschergruppe um Conney mit gentechnischen Mäusen, die keine ATR exprimieren. Sie simulieren damit die Wirkung von Koffein auf die Haut. Ergebnis: Die Gen-Mäuse waren weitgehend gegen Hautkrebs geschützt. Auch unter UV-Bestrahlung entwickelten sie zu 69 Prozent weniger Hauttumore, und invasive Tumore wurden sogar vierfach seltener beobachtet. Die protektive Wirkung war allerdings nur zu Beginn der Studie nachweisbar. Wurde die chronische UV-Strahlung lange genug fortgesetzt, kam es bei allen Tieren zur Bildung von Spinaliomen. Conney vermutet deshalb, dass Koffein eher eine präventive Wirkung hat, das Wachstum eines bereits bestehenden Tumors jedoch nicht aufhalten kann. Der Forscher hält es durchaus für möglich, dass Koffein in Zukunft zum Bestandteil von Sonnencremen wird. Diese Frage kann jedoch nicht im Labor, sondern nur in klinischen Studien geklärt werden.
Kaffee als Stimmungsaufheller
Laut einem Bericht in „Archives of Internal Medicine“ könnte Kaffee Frauen vor Depressionen schützen. Dr. Michel Lucas von der Harvard School of Public Health in Boston erkannte aus einer Auswertung der „Nurses Health Study“, dass Frauen, die drei bis vier Tassen Kaffee am Tag konsumierten, ein um 15 Prozent geringeres relatives Risiko aufwiesen, an einer Depression zu erkranken, als Frauen, die weniger als eine Tasse pro Woche tranken. Der Kaffeekonsum von Krankenschwestern aus Neuengland, die seit 1980 immer wieder nach ihren Lebensgewohnheiten befragt wurden, wurde mit späteren Diagnosen einer depressiven Erkrankung in Beziehung gesetzt. Es ergab sich eine dosisabhängige inverse Assoziation: Je mehr Kaffee die Krankenschwestern konsumierten, desto seltener wurde bei Ihnen später eine Depression diagnostiziert. Für eine Kausalität spricht neben dieser Dosis-Wirkungsbeziehung, dass die Assoziation nur für koffeinhaltigen Kaffee gefunden wurde. Entkoffeinierte Getränke zeigten keinerlei „protektive“ Wirkung. Unter dem Strich blieb für die Kaffeetrinkerinnen der höchsten Kategorie (550 mg Koffein am Tag) eine um 20 Prozent verminderte Erkrankungsrate (relatives Risiko 0,80; 95-Prozent Konfidenzintervall 0,68-0,95) gegenüber Frauen mit dem geringsten Koffeinkonsum (< 100 mg/Tag). Eine Therapieempfehlung lässt sich freilich aus dieser Studie nicht ableiten. Koffein ist zweifellos die weltweit am häufigsten konsumierte psychoaktive Substanz. Ob sie allerdings langfristig das Gemüt von Patienten mit Depressionen aufhellen kann, ist offen. Therapiestudien wurden niemals durchgeführt und auch Ergebnisse aus prospektiven Beobachtungsstudien sind rar.
Kaffee schützt vor dem Vergessen
Drei bis fünf Tassen Kaffee pro Tag sind laut einer finnisch-schwedischen Langzeitstudie das Geheimrezept gegen Alzheimer und Demenz im Alter. Wissenschaftler der finnischen Universität von Kuopio begaben sich bereits 2009 gemeinsam mit Kollegen vom Karolinska-Institut in Stockholm und dem Institut für nationale öffentliche Gesundheit in Helsinki auf die Spuren des Gesundheitseffekts von Koffein. Wie viel Kaffee die rund 1.400 Probanden konsumierten, ermittelte das Forscherteam per Fragebogen. Die Studie zeigte, dass Kaffeetrinker im mittleren Alter später seltener an Demenz und Alzheimer erkrankten. Das geringste Risiko stellten die Wissenschaftler für diejenigen Kaffeetrinker fest, die täglich drei bis fünf Tassen konsumierten. „Die pathologischen Prozesse, die zu Alzheimer führen, manifestieren sich möglicherweise schon Jahrzehnte bevor sich die Krankheit tatsächlich klinisch nachweisen lässt, sagte die Studienleiterin Milia Kivipelto von der Universität von Kuopio.
Die Menge macht´s
„Man kann aber nicht pauschal sagen, dass Kaffeekonsum immer gesund ist“, warnt Univ.-Prof. Dr. Veronika Somoza, Professorin für Biofunktionalität von Lebensmitteln an der Universität Wien. „Es kommt auf die Menge an. Man sollte es bei einem moderaten Konsum von drei, maximal vier Tassen zu je 150 Milliliter pro Tag belassen, um negative Effekte von Koffein weitgehend zu vermeiden.“ Bei dieser Konsum-Menge habe sich auch ein geringeres Risiko von Typ-2-Diabetes, Alzheimer-Erkrankungen, sowie bestimmten Krebsarten – Darm- oder Prostata-Krebs – gezeigt. „Die Betonung liegt aber auf vermindertem Risiko. Kaffee bietet keinen Schutz vor derartigem Erkranken. Aus gesundheitlichen Gründen wäre am besten entkoffeinierter Kaffee“, ergänzt Somoza. „Da hat man die Schutzeffekte etwa vor Typ-2-Diabetes, vermeidet aber gleichzeitig mögliche negative Auswirkungen auf das Zentralnervensystem, wie etwa eine erhöhte Herzfrequenz.“