Nicht nur der objektive sozioökonomische Status beeinflusst die Gesundheit. Auch der subjektive soziale Status hat anscheinend einen Einfluss auf unser gesundheitliches Wohlbefinden, da er eng mit der Funktion der Beta-Adrenorezeptoren zusammenhängt.
In den USA schon länger Usus, im deutschsprachigen Raum jedoch erst zögerlich im Kommen, sind Studien zum Zusammenhang zwischen subjektivem sozialem Status (SSS) und der Gesundheit. Noch im November 2010 konnten Ruth Hegar und Andreas Mielck vom Helmholtz-Zentrum München keine einzige deutschsprachige Studie zum Thema "subjektiver sozialer Status und Gesundheit" finden.
Frank Eutenheuer (Philipps-Universität Marburg), Paul J. Mills (University of California, USA) et al. zeigten nun in ihrer aktuellen Studie, dass ein niedriger subjektiv empfundener sozialer Status in vivo die Beta-adrenergen Rezeptoren anscheinend downregulieren kann. Downregulierte Betarezeptoren werden als Anzeichen für eine anhaltende sympathische Überaktivierung angesehen ‑ diese wiederum ist verbunden mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko.
Die Wissenschaftler untersuchten 94 gesunde Studienteilnehmer. Diese sollten ihren Status anhand der "MacArthur-Skala zum subjektiven sozialen Status" einschätzen. Die MacArthur-Skala ist das gängige Instrument, um den subjektiven sozialen Status (SSS) abzubilden. Dabei handelt es sich um das Bild einer 10-stufigen Leiter, auf der die Studienteilnehmer ein Kreuzchen auf die Stufe einzeichnen sollen, auf der sie zu stehen meinen.
Die Sprossen der sozialen Leiter
Die Studienteilnehmer sollten dabei auf zwei verschiedenen Leitern ihre Kreuzchen setzen: einmal auf eine Leiter, die sich auf ihren sozialen Status in den USA bezieht (SSS-USA) und einmal auf eine Leiter, die den lokalen Status betrachtet (SSS-C, "C" = community). Interessant ist, dass es hier durchaus Unterschiede geben kann: Ein Teilnehmer kann sich beispielsweise innerhalb seines Landes als relativ weit unten auf der "sozialen Leiter" ansiedeln, weil er wenig gebildet ist und ein geringes Einkommen hat. Lokal kann er sich jedoch als relativ weit oben stehend empfinden, weil er beispielsweise in der lokalen Glaubensgemeinschaft oder im Sportverein ein angesehenes Mitglied ist. Der objektive Status der Teilnehmer wurde mit dem Hollingshead Two-Factor Index erfasst, der den Status "Beruf" und "Bildung" abfragt.
Um die Sensitivität der Beta-adrenergen Rezeptoren zu erfassen, nutzten die Autoren die sogenannte "Chronotrope Dosis 25", kurz "CD25", als Marker. Dabei wird den Studienteilnehmern der Beta-adrenerge Agonist Isoproterenol infundiert. Dann wird analysiert, welche Menge notwendig ist, um die Herzfrequenz um 25 Schläge pro Minute zu steigern. Je geringer die Beta-Rezeptorsensitivität, desto höher die notwendige Isoproterenol-Dosis. Es zeigte sich: Die Senisitivität der Beta-Rezeptoren war bei Teilnehmern mit geringem subjektiven sozialen Status signifikant reduziert (SSS-USA: p = 0,007, SSS-C: p < 0,001). Auch nach Anpassung der Daten nach soziodemographischen Variablen (Alter, Ethnizität, Geschlecht), Gesundheitsfaktoren (Bewegung, Rauchen, Body-Mass-Index) und objektivem sozialen Status, war der SSS-C immer noch ein signifikanter Prädiktor der Beta-Rezeptorsensitivität. Die Autoren schließen daraus, dass die Beta-Adrenorezeptorenfunktion eine entscheidende Verbindung zwischen dem subjektiven sozialen Status und der Gesundheit darstellt.