Wer seine Herzrisikofaktoren kappt, wähnt sich oft auf der sicheren Seite. Doch die Sicherheit ist gerade für Menschen mittleren Alters trügerisch: Laut US-Autoren ist das Fünf- oder Zehnjahresrisiko möglicherweise gering, nicht aber das Lebenszeitrisiko.
Übergewicht, Bewegungsmangel, Stress, Rauchen und mehr – in der Prävention von Herzkreislauferkrankungen zählt jeder Risikofaktor, der eliminiert werden kann. Solange noch keine körperlichen Veränderungen und Schäden feststellbar sind, ist noch nichts passiert - Umdenken und Verhaltensänderungen hin zu einem gesunden Lebensstil sind die beste Garantie für ein langes Leben.
Dies sei falsch - so die Meinung von Kardiologen um Jarret Barry des University of Texas Southwestern Medical Center. Denn der gegenwärtige Ansatz in der Herzprävention ist, nur die kurzzeitigen Herzrisiken zu ermitteln. Nur wenige Studien, z.B. eine Untersuchung aus dem Jahr 2006 mit Teilnehmern der Framingham-Studie beleuchten das Langzeitrisiko genauer. Frühe Lebensentscheidungen könnten große Auswirkungen auf das restliche Leben haben und das verhält sich mit dem Herz nicht anders. Risikofaktoren der jungen und mittleren Lebensjahre wirken sich auf die gesamte Lebenszeit aus, ergab eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studienanalyse der Wissenschaftler.
Jeder Risikofaktor zählt
Der Analyse des Lebenszeitherzrisikos zugrunde liegen die Daten von 18 Kohortenstudien, die im Cardiovascular Lifetime Risk Poolung Project gesammelt wurden. Die Daten sind Teil einer 50 Jahre andauernden Untersuchung. Erfasst wurden Risikofaktoren wie Blutdruck, Cholesterinwerte, Diabetes und Rauchen von über 250.000 Menschen, Männer und Frauen im Alter von 45, 55, 65 und 75 Jahren. sowie der kardiovaskuläre Krankheitsstatus. Für jede Alterskategorie wurde das Risiko kardiovaskulärerer Ereignisse ermittelt.
Ein optimales Risikoprofil war definiert als Cholesterinwert ˂180 mg/dl, Blutdruck ˂120/80 mmHg, Nichtraucherstatus und kein Diabetes. Bei diesem optimalen Risikoprofil im Alter von 55 Jahren ist das Lebenszeitrisiko (bis zum Alter von 80 Jahren) an einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben mit 4,7 Prozent für Männer und 6,4 Prozent für Frauen gering. Mit zwei oder mehr Risikofaktoren steigt das Todesrisiko aufgrund von Gefäßkrankheiten auf 29,6 Prozent bei Männern und 20,5 Prozent bei Frauen. Eine koronare Herzkrankheiten oder einen nicht tödlichen Herzinfarkt erleiden 3,6 Prozent der Männer und weniger als ein Prozent der Frauen, sofern sie keine Risikofaktoren aufweisen. Bei jenen mit zwei oder mehr Risikofaktoren sind dies 37,5 Prozent der Männer und 18,3 Prozent der Frauen.
Wer hat keinen Risikofaktor?
Noch drastischer ist der Vergleich der Risken 45-Jähriger. Ein Mann dieses Alters ohne Risikofaktoren trägt nur ein Risiko von 1,4 Prozent, bis zum Alter von 80 Jahren an einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben. Bei zwei oder mehr Risikofaktoren erhöht sich das Risiko auf 50 Prozent. Bei Frauen beträgt der Unterschied 4,1 versus 31 Prozent.
Berücksichtigt man wie in den meisten Studien nur die Fünf- oder Zehnjahresrisiken, ist das Risiko 50-Jähriger mit Risikofaktoren eher gering, bemängeln die Studienautoren. Auch nur ein geringgradiger Anstieg von Risikofaktoren wie leicht erhöhte Cholesterinwerte oder Blutdruckwerte lässt das Risiko signifikant ansteigen. Die meisten Studienteilnehmer wiesen mindestens einen Risikofaktor auf.
Hinsichtlich der Prävention kardiovaskulärer Ereignisse verdeutlichen die Ergebnisse, dass nur das Meiden von Risikofaktoren im jungen und mittleren Lebensalter Herzkreislauferkrankungen markant senken könnte. Erst später in mittlerem Alter entdeckt und behandelt lassen sich Risiken nur noch reduzieren und Krankheiten verzögern.