Das GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz spült mehr als 100 Millionen Euro zusätzlich in die Apothekenkassen. Die Krankenkassen finden das ungerecht, weil es ihrer Ansicht nach keine Grundlage dafür gibt. Der AOK ist zudem das RX-Versandverbot ein Dorn im Auge.
Mit ihrem GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) hat die Bundesregierung an mehreren kleinen Stellschräubchen gedreht, um apothekerliche Leistungen besser zu vergüten. Seit Mitte Mai gibt es für Rezepturen ein neues Fixhonorar in Höhe von 8,35 Euro abzüglich Kassenabschlag. Außerdem wurden die Arbeitspreise um jeweils einen Euro erhöht. Für die Dokumentation von BtM- und T-Rezepten können Pharmazeuten 2,91 Euro statt zuvor 26 Cent abrechnen. Die Maßnahmen sollen laut Regierung "zusätzliche 100 Millionen Euro" in Apothekenkassen spülen. Spitzenvertreter der Krankenkassen reagieren empört.
Im jetzt veröffentlichten Geschäftsbericht kommentiert der GKV-Spitzenverband: „Der Gesetzentwurf sieht eine Erhöhung der Apothekenvergütung im Segment der Rezepturen vor, obwohl hier belastbare Belege für eine Unterfinanzierung nicht vorliegen.“ Dies führe zu einer jährlichen finanziellen Mehrbelastung in Höhe von rund 115 Mio. Euro für gesetzliche Krankenversicherungen. Spitzenvertreter wünschen sich im Report ein methodisch ausgefeilteres Vorgehen: „Die vorgesehene Vergütungserhöhung konterkariert das Vorhaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, im Rahmen eines Forschungsprojekts den eklatanten Mangel an aussagekräftigen Zahlen zur Kosten- und Einkommenssituation der Apotheken in Deutschland zu beheben.“ Auf Basis dieses Forschungsvorhabens planen Politiker, evidenzbasiert Entscheidungen über die Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung zu treffen. „Eine Anpassung einzelner Elemente der Verordnung ohne Evidenz stellt die Sinnhaftigkeit des Forschungsvorhabens insgesamt infrage“, moniert der GKV-Spitzenverband.
Mit derart geringen Einsparmöglichkeiten gibt sich AOK-Chef Martin Litsch nicht zufrieden. In einem aktuellen Positionspapier schreibt er, das diskutierte Rx-Versandverbot sei „nicht zeitgemäß“ und schade Patienten. „Um die Arzneimittelversorgung gerade im ländlichen Raum und für Menschen mit chronischen Erkrankungen sicherzustellen, braucht es den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.“ Litsch weiter: „Statt weniger Wettbewerb ist hier mehr Wettbewerb angezeigt, beispielsweise durch Direktverträge der Krankenkassen mit Versandapotheken.“ Darüber hinaus müsse das bestehende Fremd- und Mehrbesitzverbot bei Apotheken aufgehoben werden. Exklusivverträge werden auch thematisiert: „Mit dem Verbot kassenindividueller Verträge für Krebsmedikamente und Impfstoffe wurde die Chance vertan, die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung zu verbessern.“ Liebsch fordert, alle entsprechenden Einschränkungen in der nächsten Legislaturperiode Kritsch zu überprüfen. Auf die neue Bundesregierung kommen gerade im Gesundheitsbereich etliche Aufgaben zu.