Onkologen haben eine neue Therapie entwickelt. Mit dieser kann das durchschnittliche Gesamtüberleben von AML-Patienten mit einer speziellen Genmutation von 25,6 Monaten auf 74,7 Monate verlängert werden. Jeder dritte Patient soll davon in Zukunft profitieren.
Mit dem Einsatz des Medikaments Midostaurin zusätzlich zur standardgemäßen Behandlung, kann das durchschnittliche Gesamtüberleben von Patienten mit einer akuten myeloischen Leukämie (AML) mit einer speziellen Genmutation – des FLT3-Gens – von 25,6 Monaten auf 74,7 Monate verlängert werden. „Die Studie ist deshalb so wichtig, weil sie nach vielen Jahrzehnten erstmals wieder zu einer Neuzulassung eines Medikamentes für jüngere Patienten mit AML geführt hat“, sagt Professor Ganser, Co-Autor und Direktor der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).
Dieses Medikament wird voraussichtlich für jeden dritten Patienten mit AML den Behandlungserfolg signifikant verbessern. Midostaurin ist kein klassisches Zytostatikum, sondern gehört zur Gruppe der molekular wirkenden Medikamente, die gezielt genetische Veränderungen in den Tumorzellen ausnutzen. Es ist ein Derivat des Bakteriums Streptomyces staurosporeus, das die Teilung der leukämischen Zellen verhindert, indem es die Weiterleitung von Signalen, unter anderem des Wachstumsfaktors FLT3 aber auch anderer Kinasen, blockiert. Um Midostaurin einsetzen zu können, müssen die Leukämiezellen bestimmte Mutationen in einem ganz bestimmten Gen, dem FLT3-Gen, aufweisen. Dies wird vor Beginn der Therapie getestet. „Bei etwa einem Drittel der AML-Patienten lassen sich diese spezifischen FLT3-Mutationen nachweisen und gezielt für die Therapie ausnutzen“, erklärt Professor Ganser. „An der MHH besteht eines der weltweit acht Labore, in denen im Rahmen der Studie Patientenzellen auf diese genetischen Veränderungen geprüft wurden.“
Im Rahmen der Zulassungsstudie für Midostaurin hat das Studienzentrum der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation Anfang dieses Jahres eine Inspektion durch die amerikanische Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) erfolgreich bestanden. Die FDA hat Ende April Midostaurin in Kombination mit der herkömmlichen Chemotherapie zur Behandlung der AML zugelassen, die Schweiz wenige Tage später. Die Zulassung für die übrigen europäischen Länder durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) wird wohl noch in diesem Jahr erfolgen. „Für uns bedeutet es einen großen Erfolg in der klinischen Forschung zum Wohle der Patienten“, betont Professor Ganser. Der Text basiert auf einer Pressemitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover. Quelle: Midostaurin plus Chemotherapy for Acute Myeloid Leukemia with a FLT3 Mutation Richard M. Stone et al.; The New England Journal Of Medicine, doi: 10.1056/NEJMoa1614359; 2017