Der Pap-Abstrich lässt – was die Sensitivität angeht – zu wünschen übrig. Kann ein zusätzlicher Test auf Humane Papilom Viren (HPV) im Primärscreening einen Nutzen bringen? Das IQWiG sieht dafür einen Anhaltspunkt.
Seit Jahren wird geglaubt, diskutiert, studiert, probiert, geforscht. Doch ob ein HPV-Test für Frauen Nutzen bringt und vor Gebärmutterhalskrebserkrankungen bewahren kann, ist noch immer nicht endgültig geklärt. Bestimmte Typen der Humanen Papilom-Viren, am häufigsten HPV-16 und HPV-18 (aber auch HPV-31, -33 und -35), sind Auslöser des Zervixkarzinoms. Über verschiedene Vorstufen mit zellulären Veränderungen am Gebärmutterhals (CIN, cellular intraepithelial neoplasia), kann sich ein Tumor bilden. Werden Krebsvorstufen rechtzeitig behandelt, kann die Entstehung eines Tumors verhindert werden. Allerdings heilen die zellulären Veränderungen oftmals auch ohne Behandlung vollständig aus. Das Institut für Qualitätssicherung im Gesundheitswesen (IQWiG) hatte den Auftrag, den Nutzen der HPV-Diagnostik im Primärscreening zu bewerten. Es hat kürzlich seinen Abschlussbericht vorgelegt.
Ein Hinweis auf Nutzen mit Gefahr der Übertherapie
Die Aussagen der IQWiG sind sehr verhalten: „Aus der vorliegenden Nutzenbewertung ergibt sich für eine HPV-Diagnostik allein oder in Kombination mit einem zytologiebasierten Verfahren gegenüber einer ausschließlich zytologiebasierten Strategie im Rahmen der Früherkennung des Zervixkarzinoms im Primärscreening ein Hinweis auf einen Nutzen hinsichtlich einer Reduktion des kombinierten Endpunkts CIN 3+. […] Der Schaden durch eine HPV-Diagnostik allein oder in Kombination mit einem zytologiebasierten Verfahren im Rahmen der Früherkennung des Zervixkarzinoms im Primärscreening kann aufgrund fehlender Daten nicht bestimmt werden.“ Unter Schäden sind beispielsweise unnötige diagnostische (z.B. Entnahme von Gewebeproben) und therapeutische Maßnahmen zu verstehen.
Für die Bewertung herangezogen wurden sechs randomisierte kontrollierte Studien aus Finnland, GB, Italien, den Niederlanden und Schweden. Insgesamt wurden mehr als 235.000 Frauen eingeschlossen und über mindestens zwei Screeningrunden im Abstand von drei Jahren verfolgt. In vier Studien wurde eine Kombination aus HPV-Test und Zytologie, in einer Studie der HPV-Test allein und in einer Studie HPV-Test plus Zytologie-Triage angewendet, immer im Vergleich zu einem ausschließlich zytologiebasierten Verfahren. Keine der Studien lieferte relevante Daten zum Gesamtüberleben oder zur Zervixkarzinom-Mortalität, da bereits ab mittelgradigen Dysplasien (CIN II) eine Therapie eingeleitet wurde. Für die Nutzenbewertung wurde daher die Diagnose von hochgradigen Dysplasien (CIN 3), in situ-Zervixkarzinomen oder invasiven Zervixkarzinomen herangezogen.
Eine generelle Empfehlung für den Einsatz des HPV-Tests wurde vom IQWiG nicht gegeben. Auf Grund der Unterschiedlichkeit der Studien konnte laut IQWiG auch keine Empfehlung für eine Screeningstrategie ausgesprochen werden. Damit ist mehr als fraglich, ob der HPV-Test in näherer Zukunft von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet wird. Bisher bietet die GKV zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs eine zytologische Abstrichuntersuchung von der Zervix pro Jahr an, den so genannten Pap-Test. Abhängig vom zytologischen Erscheinungsbild werden verschiedene Pap-Stadien von Pap I (normales Zellbild) bis zu Pap V (invasives Karzinom) unterschieden.
Sicherheit und Aussagekraft erhöhen?
Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass das zytologische Screeningverfahren fehleranfällig ist. Seine Sensitivität liegt teilweise nur bei etwa 51 %. Grund dafür sind Fehler bei der Abstrichentnahme und bei der Auswertung. Ein (zusätzlicher) HPV-Test könnte daher nach Meinung Vieler die Sicherheit und Aussagekraft erhöhen. Die Gefahr der Übertherapie zeigt sich, wenn man sich ansieht, mit welcher Häufigkeit leichte Dysplasien auftreten. Die Zahl der Frauen, bei denen – meist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren – eine zytologische Veränderung am Gebärmutterhals entdeckt wird, ist etwa 100 Mal größer als die Anzahl derer, bei denen sich tatsächlich ein Zervixkarzinom entwickelt. Leichte Dysplasien im Stadium CIN I bzw. Pap II oder Pap IIID bilden sich in 40 bis 70% der Fälle von selbst zurück. Bei etwa einem Drittel der Frauen persistieren die Dysplasien länger als ein Jahr und entwickeln sich in 10 bis 15% zu höhergradigen Dysplasien. Davon entwickelt sich etwa 1% zum invasiven Karzinom. CIN II bzw. Pap IIID oder Pap III-Dysplasien bilden sich in 30 bis 50% der Fälle zurück, in 30 bis 50% entwickeln sie sich weiter. Bei schweren Dysplasien und Carcinoma in situ (CIN III bzw. Pap IVA, Pap IVB) kommt es nur noch in wenigen Fällen zur spontanen Heilung, während sich 30 bis 70% unbehandelt zu einem malignen Tumor entwickeln. Selbstverständlich ist jeder höhergradige Befund für die Patientin eine Belastung und sie wird nicht in jedem Fall nachvollziehen können, warum man lieber abwarten soll, anstatt zu (be)handeln.
Vorbeugen ist besser als Heilen? Die HPV-Impfung
Ebenfalls seit Jahren diskutiert wird die Impfung gegen die beiden krebserregenden HPV-Typen -16 und -18. Zwei Impfstoffe sind erhältlich und werden von der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (STIKO) für die Impfung von Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren empfohlen. Viele Unklarheiten konnten inzwischen ausgeräumt werden, und die Impfung zeigt bereits erste Erfolge: In Australien ist nach Einführung der flächendeckenden HPV-Impfung mit dem Impfstoff Gardasil® nach nur drei Jahren die Anzahl an behandlungsbedürftigen Läsionen am Gebärmutterhals von unter 18-jährigen Mädchen um etwa 40% zurück gegangen. Die Häufigkeit von Genitalwarzen, vor denen der Impfstoff ebenfalls schützt, ging drastisch zurück. Auch wenn der kausale Zusammenhang zwischen Impfung und Rückgang der Läsionen bzw. Genitalwarzen auf Grund des Studiendesigns nicht einwandfrei zu belegen ist, so könnten es doch erste Hinweise auf einen möglichen positiven Effekt der HPV-Impfung sein.
Wie groß die langfristigen Erfolge sein werden, bleibt allerdings noch abzuwarten. Da die Tumorentstehung sehr langsam ist, wird ein Effekt frühestens in zehn Jahren zu messen sein. In Deutschland liegt die Impfrate bei Mädchen bei etwa 35%; viel zu gering, um die Tumorzahlen und Todesfälle durch Gebärmutterhalskrebs deutlich zu verringern, meinen Experten. Bessere und verstärkte Aufklärung der jungen Mädchen und der Mütter/Eltern junger Mädchen ist notwendig, um die Impfquoten zu verbessern.