Der Umgang mit neuen Medien gehört nicht unbedingt zu den Stammdisziplinen deutscher Krankenhäuser. Während sich hierzulande die Betreiber meist schwer mit Facebook und Twitter tun, ist Social Media für US-Kliniken bereits ein fester Bestandteil des Kommunikationsportfolios.
1.832 Likes – so viele virtuelle Anhänger versammelt Deutschlands Vorzeigeklinik, die Charité in Berlin, auf ihrer Facebook-Seite. Ansonsten bleibt das Angebot überschaubar. „1710 gegründet“, steht dort zu lesen, und „Am 30. Juli 2009 Facebook beigetreten“. Weiter nichts. Zwar sind nicht alle Facebook-Seiten deutscher Kliniken so verwaist wie die des Berliner Großkrankenhauses, aber das Beispiel zeigt: Chirurgie wird fast überall angeboten, soziale Vernetzung ist jedoch meist Mangelware. Deutsche Kliniken unterschätzen offensichtlich, dass der Patient sich mittlerweile überall im Netz darüber informiert, ob eine Klinik für ihn geeignet ist oder nicht. Aus „Einweisungen“ und „Fällen“ sind gerade in Ballungsräumen mit großem stationären Versorgungsangebot kritische Kunden geworden. Mangelnde Präsenz in sozialen Medien stärkt da nicht gerade das Vertrauen. US-Kliniken haben die Nase vorn Wieder mal zeigen amerikanische Kliniken, wie man es besser machen kann. Viele Häuser informieren über den hauseigenen Youtube-Kanal ausführlich über ihr Leistungsangebot. Der Mayo Clinic Channel beispielsweise bietet auf Googles Videoportal mehr als 2.000 kurze Clips, die neue Behandlungsmethoden, Krankheitsbilder und aktuelle Veranstaltungen vorstellen. Die Zuschauerbilanz kann sich sehen lassen: Mehr als 5.000 Abonnenten und rund 7 Mio. Videoaufrufe zeigen, dass so ein Angebot gerne angenommen wird. Das Massachusetts General Hospital in Boston lässt auf Youtube sogar alle seine Spezialisten aus verschiedenen Abteilungen in kurzen Videoportraits auftreten. Das macht Sinn. Welcher Patient möchte nicht gerne sehen, ob sein zukünftiger Behandler die nötige Kompetenz ausstrahlt? Medizin ist mehr denn je „people business“. Auch auf Facebook sind die US-Kliniken schwer aktiv. Vorreiter Mayo Clinic betreibt sogar ein Kompetenzzentrum, das die zahlreichen Internet-Kanäle betreut, Mediziner in Social Media weiterbildet und Mayo-Apps entwickelt. Sein Auftrag: „Lead the social media revolution in health care, contributing to health and well being for people everywhere.“ Social Media ist mehr als Imagepflege Im sozialen Netz geht es aber nicht nur um Marketing und virtuelle Schmusepunkte, sondern auch ums Business. Durch gezieltes Fundraising werden online Spenden für teure Klinikprojekte eingesammelt. Das dürfte auch die ewig klammen deutschen Häuser interessieren. Das St. Jude Children’s Hospital, das bei Facebook auf sagenhafte 755.000 Likes kommt (Zum Vergleich: DSDS von RTL hat 872.000), bittet dort seine Fans auch aktiv zur Kasse. Die meisten Nutzer spenden zwar nur bescheidene Beträge, trotzdem kommen hier schnell sechsstellige Summen zusammen. Eine besonders innovative Form des Spendensammelns wählte das Medical Center der University of California, San Francisco (UCSF) - eine Kooperation mit dem Facebook-Spiel „Farmville“. Durch den Kauf virtueller Spielelemente zugunsten der UCSF wurden in wenigen Wochen knapp 800.000 US $ eingeheimst. Die Resonanz überraschte sogar die Macher, denn geplant waren nur 100.000 $. Aufruf zur Blutspende über Twitter Der kreative Umgang von Klinikbetreibern mit dem Web 2.0 lässt sich noch an vielen weiteren überraschenden Beispielen studieren. Das Massachusetts General Hospital nutzt Twitter nicht nur zur Nachrichtenverbreitung, sondern auch, um Mitglieder seiner Spenderdatenbank zu Blutspenden aufzurufen. Schneller und effektiver kann man seltene Blutspender kaum kontaktieren. Auch in der Transparenz der Versorgung geht man online neue Wege. Einige Kliniken betreiben Blogs, in denen die Patienten ihre Erfahrungen mit der Klinik und ihre Erlebnisse bei der Behandlung niederschreiben können. Damit bestätigen sie eine alte Erkenntnis, die durch Social Media neue Relevanz gewinnt: Die persönliche Empfehlung ist immer noch der stärkste Grund, sich für eine bestimmte Klinik zu entscheiden.