Plazenta-Pie von Jamie Oliver, Plazenta-Kapseln von Kim Kardashian oder Plazenta-Nosoden von Laufstegmodel Monica Meier-Ivancan: Der Mutterkuchen ist sprichwörtlich in aller Munde. Ärzte warnen jetzt vor gesundheitlichen Folgen durch Bakterien – und zwar für das Baby.
Seit Jahren rankt sich ein Hype um die Plazenta. Der Verzehr soll für junge Mütter gleich mehrere Vorteile haben: Es soll die Laktation ankurbeln oder gegen Wochenbett-Depressionen wirken. Forscher wollten herausfinden, inwiefern Plazentophagie für Mutter und Kind hilfreich sein kann, mussten allerdings erkennen, dass es dazu keine verlässlichen Daten gibt. Nun berichtet Genevieve L. Buser, Ärztin an den US Centers for Disease Control and Prevention (CDC), von möglichen Gefahren.
Ende 2016 brachte eine Frau aus Oregon ein gesundes Kind auf die Welt. Ihre Schwangerschaft verlief unauffällig und sie gehörte keiner besonderen Risikogruppe an. Kurz nach der Entbindung bekam ihr Baby plötzlich Atemprobleme und wurde auf die Intensivstation verlegt. Ärzte identifizierten Gruppe B-Streptokokken (GBS), was auf den ersten Blick nicht sonderlich überrascht, denn kleine Patienten erkranken meist innerhalb ihrer ersten sechs Lebenstage durch Infektionen im Geburtskanal. Die Blutkultur war positiv. Im Liquor cerebrospinalis waren jedoch keine Bakterien zu finden. Das gegebene Ampicillin wirkte rasch und das Kind durfte nach Hause. Wenige Tage später wiederholte sich aber die Erkrankung. Eine Blutkultur ergab Penicillin-sensitive und Clindamycin-sensitive GBS. Pädiater gaben weitere vierzehn Tage lang Ampicillin und in den ersten sechs Tagen zusätzlich Gentamicin. Danach konnten sie ihren kleinen Patienten wieder nach Hause entlassen. Sie waren allerdings ratlos, wie es zur neuerlichen Infektion mit GBS zu einem eher untypischen Zeitpunkt kommen konnte. Den entscheidenden Tipp lieferte schließlich ein Kollege aus der Geburtsklinik. Die Mutter habe sich nämlich ihre Plazenta mitgeben lassen.
Die Frau bestätigte Kontakte zu einer spezialisierten Firma, um ihre Plazenta gefriertrocknen und verkapseln zu lassen. Drei Tage nach der Geburt ihres Kindes hatte sie das Präparat erhalten und auch regelmäßig eingenommen. Drei GBS-Isolate (eines von jeder Infektion und eines aus den Plazentakapseln) waren per Gelelektrophorese im gepulsten Feld nicht zu unterscheiden. Bei der Genomsequenzierung fanden CDC-Wissenschaftler Virulenzfaktoren, die zur leichteren Aufnahme von GBS über den Darm führen. Der Hersteller, Details zur Firma nennen CDC-Forscher nicht, verarbeitet mütterliches Placentamaterial zwischen 46 und 71 Grad Celsius. Dabei werden nicht automatisch alle bakteriellen oder viralen Kontaminationen beseitigt. „Ärzte sollten bei späten GBS-Infektionen nachfragen, ob Mütter vielleicht Plazenta-Kapseln einnehmen“, rät Buser.