In der Krebsforschung konzentrieren sich Toxikologen auf die krankhaften Veränderungen des Zellstoffwechsels. Bei Eierstockkrebs konnten sie nun Enzyme identifizieren, die die Wanderung der Zellen fördern und die Überlebensrate der Patienten verringert.
Ein charakteristisches Merkmal von Tumorzellen sind metabolische Veränderungen, die Ausmaß und Verlauf der Krebserkrankung bestimmen. Enzyme spielen dabei eine wesentliche Rolle, indem sie Reaktionen beschleunigen und lenken. Dementsprechen sind sie auch in der Krebstherapie ein zentraler Ansatzpunkt.
Als Schlüsselprotein im Cholinstoffwechsel konnten Experten des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) vor einigen Jahren erstmalig das Enzym EDI3 identifizieren. Neben dem Glukose- und Glutaminmetabolismus interessieren sich Krebsforscher zunehmend auch für den Cholinmetabolismus, da in besonders aggressiven Tumortypen bestimmte Metaboliten des Cholinstoffwechsels erhöht auftreten. Die IfADo-Forscher konnten zeigen, dass EDI3 in Krebszellen deutlich aktiver ist und mit der Wanderung und Anheftung von Zellen zusammenhängt. Diese Schlüsselprozesse beim Streuen von Tumorzellen gehen mit einer schlechteren Prognose für die Betroffenen einher. Welche Mechanismen genau den Einfluss von EDI3 auf diese Prozesse bestimmen, haben die Toxikologen nun untersucht.
EDI3 spaltet Glycerophosphocholin in Cholin und Glycerol-3-phosphat (G3P). Beide Produkte sind Vorstufen für zentrale Stoffwechselprodukte: Cholin wird durch Enzyme u.a. zu dem am stärksten vertretenen Phospholipid der Zellmembran verstoffwechselt, G3P zu Signallipiden. Welcher der beiden Stoffwechselzweige Einfluss auf die Krebserkrankung nimmt und auf welche Art, haben die Wissenschaftler in Zellkulturen analysiert. Dabei lag der Fokus auf den beteiligten Enzymen Cholin Kinase (CHKA) und Glycerin-3-Phosphat-Acyltransferase 1 (GPAM). Einen Zusammenhang von CHKA und der Wanderung der untersuchten Zelllinien konnte das Team ausschließen, wohingegen beim Enzym GPAM ein Einfluss auf die Zellmigration nachgewiesen wurde. War die Konzentration von GPAM hoch, beschleunigte sich die Zellwanderung. Wurde die Enzymkonzentration verringert, verlangsamte sich die Wanderung.
Die aktuellen Untersuchungen zeigen auch erstmals einen Zusammenhang zwischen der GPAM-Aktivität und der Überlebensrate von Betroffenen. Das Forscherteam hat dazu öffentlich verfügbare Daten von mehr als 3.000 Patienten verschiedener Krebsarten ausgewertet. Nur im Fall von Eierstockkrebs erwies sich eine hohe GPAM-Expression als negativ für die Überlebensprognose der Betroffenen. „Das ist die erste Studie, die dem Enzym GPAM eine schlechte Prognose bei Krebserkrankungen zuordnet“, sagt Studienautorin Dr. Büttner. „Unsere Experimente weisen darauf hin, dass GPAM durch das Stoffwechselprodukt LPA die Krebszellen im Wachstum und bei der Wanderung unterstützt.“ Dies wollen die Wissenschaftler am IfADo weiter analysieren. „Ein In-vivo-Nachweis des Einflusses auf Eierstockkrebs steht noch aus“, so Büttner. Der Text basiert auf einer Pressemitteilung des Leibniz-Institutes für Arbeitsforschung an der TU Dortmund. Quelle: Glycerol-3-phosphate acyltransferase 1 promotes tumor cell migration and poor survival in ovarian carcinoma Rosemarie Marchan et al., Cancer Research, doi: 10.1158/0008-5472.CAN-16-2065; 2017