Osteoporose ist häufiger bei Frauen, bei denen die Menopause früh einsetzt. Doch auch viele junge Frauen haben eine zu niedrige Knochendichte. Therapien sind für diese Frauen nur Off-Label möglich.
Eine prospektive bevölkerungsgestützte Langzeitstudie an 390 Frauen hat nun die Vermutung bestätigt, dass das Risiko für Osteoporose, osteoporosebedingte Frakturen sowie das Mortalitätsrisiko im Alter umso höher sind, je früher die Menopause beginnt. Das an sich ist eigentlich nichts Neues, führt doch eine früh einsetzende Menopause zu einem früh einsetzenden Östrogenabfall und damit zu einer vorzeitigen Aktivierung der Osteoklasten, der knochenabbauenden Zellen. Dennoch gibt es auch immer wieder Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass kein Zusammenhang zwischen dem Alter zu Beginn der Menopause und der Knochendichte in höherem Alter besteht. In der kürzlich publizierten Untersuchung von O. Svejme und seinen Kollegen von der Clinical and Molecular Osteoporosis Unit am Universitätsklinikum Skåne in Malmö/Schweden wurden Frauen im Jahr 1977 für die Studie rekrutiert und nach 29 bzw. 34 Jahren erneut untersucht. Bereits mit 48 Jahren hatten Frauen mit früher Menopause (Menopause im Alter von 42 Jahren) im Durchschnitt eine um 0,4 Standardabweichungen niedrigere Knochendichte als Frauen mit später Menopause (Menopause im Alter von 47 Jahren oder später). Im Alter von 77 Jahren hatten 56% der Frauen mit früher Menopause Osteoporose, während es bei Frauen mit später Menopause nur 30% waren. Auch der Vergleich zwischen der Häufigkeit von Frakturen und die Mortalitätsrate zeigte ein ähnliches Bild. Die Gründe für das erhöhte Risiko, Frakturen zu erleiden, lassen sich jedoch nicht alleine mit der erniedrigten Knochendichte erklären. Vielmehr scheinen noch andere Faktoren, wie der Zustand der Muskulatur oder neuromuskuläre Funktionen einen Einfluss zu haben. Vielleicht liegt die Ursache aber auch schon viel früher im Leben? Osteoporose bei jungen Frauen nicht selten Noch immer wird die Osteoporose vor allem als eine Krankheit älterer Frauen gesehen. Dabei gibt es auch viele junge Frauen, die davon betroffen sind. „In meiner Praxis sind etwa 60% der Patienten postmenopausale Frauen, etwa 25% Männer und 15 bis 20% Frauen vor der Menopause“, erklärt Prof. Dr. med. Reiner Bartl, Leiter eines Osteoporosezentrums München am Dom. „Das Problem bei jungen Frauen mit Osteoporose ist, dass es keine zugelassenen Medikamente für die Behandlung gibt. Die Therapie mit Bisphosphonaten erfolgt bei prämenopausalen Frauen Off-Label, weil die Hersteller Angst vor Problemen in Kombination mit Schwangerschaft und Stillzeit haben“, erklärt er weiter. Die Ursachen für eine geringe Knochenmasse bereits in jungem Alter sind vielfältig: „Mädchen und Frauen mit später Menarche, Magersucht und Störungen des Hormonhaushaltes, Frauen mit Magen-Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa haben oftmals eine verminderte Knochendichte“, weiß Prof. Bartl aus Erfahrung. Ebenso betroffen sind Rheumapatientinnen, die Kortison erhalten, Epileptikerinnen, die Antiepileptika einnehmen oder Patientinnen mit multipler Sklerose. Hinzu kommen die typischen Risikofaktoren wie eine Unterversorgung mit Vitamin D und Kalzium, zu wenig körperliche Bewegung, aber auch zu viel Bewegung. Leistungssportlerinnen können auf Grund von Störungen im Hormonhaushalt und Amenorrhö ebenfalls zu geringer Knochendichte neigen. Mit Vitamin D-Defiziten in die Schwangerschaft Eine Schwangerschaft an sich ist eigentlich kein Risikofaktor für eine Osteoporose, „doch heute gehen viele Frauen mit Kalzium- und besonders Vitamin D-Defiziten in die Schwangerschaft. Müssen sie zusätzlich noch längere Zeit liegen oder erhalten Kortison, so kommt es schnell zur schwangerschaftsassoziierten Osteoporose“, erläutert Prof. Bartl die Zusammenhänge. Durchschnittlich beträgt der Knochendichteverlust in einer Schwangerschaft 2–5%. Folgt eine sechsmonatige Stillzeit, so steigt Verlust um weitere 1,5–4%. Daher fordern Experten wie Prof. Bartl, dass zu Beginn der Schwangerschaft im Rahmen der Vorsorge auch der Vitamin D-Spiegel bestimmt wird. Alternativ könne man Schwangeren gleich zu Beginn der Schwangerschaft 1000 internationale Einheiten (IE) Vitamin D verordnen, denn es habe in dieser Dosierung keine Nebenwirkungen. Leitlinien zur Behandlung junger Frauen fehlen PD Dr. med. Vanadin Seifert-Klauss vom interdisziplinären Osteoporose-Zentrum der Technischen Universität München am Klinikum Rechts der Isar fordert ebenso wie sein Kollege Bartl dringend Leitlinien zur Diagnostik und Therapie für jüngere Patientinnen. Zugleich ist es jedoch notwendig, junge Frauen für das Thema Knochengesundheit überhaupt zu sensibilisieren. „Jeder kennt seinen Blutdruck und die meisten auch ihren Cholesterinspiegel. Aber die Knochendichte?“ fragt Prof. Bartl provokativ. Es braucht kein flächendeckendes Knochendichte-Screening, um gefährdete Personen rechtzeitig zu erkennen. Vielmehr sollte bei Frauen mit Risikofaktoren – sei es eine erbliche Vorbelastung oder andere chronische Erkrankungen – auch in jungen Jahren die Knochendichte gemessen werden. Besonders Gynäkologen wären hier geeignete Ansprechpartner, weil sie Frauen regelmäßig in ihrer Praxis haben und in der Regel auch über deren Grunderkrankungen Bescheid wissen. Für das Thema Kinderwunsch bzw. Schwangerschaft und Osteoporose wären sie ebenfalls die beste Adresse. Bei jungen Frauen wird eine Osteoporose erst behandelt, wenn zusätzlich zur messtechnischen Feststellung auch Frakturen aufgetreten sind. Dann sollte aber nach Aussage von Prof. Bartl auch therapiert werden, da ansonsten weitere Frakturen unweigerlich folgen. Die Behandlung erfolgt meist mit der Standardmedikation, den Bisphosphonaten. Sie hemmen den Abbauprozess im Knochen durch Osteoklasten. Als einmal jährlich verabreichte Infusion ist das für die Patientinnen angenehm und für die Wirkung auf den Knochen günstiger, als eine regelmäßige Einnahme wie bei Wochentabletten beispielsweise. Ergänzend ist die Einnahme von Vitamin D sinnvoll. Auch Männer sind betroffen Ebenso wie junge Frauen, gibt es auch betroffene junge Männer mit Osteoporose. Doch für die sind die gängigen Bisphosphonate unabhängig vom Alter zugelassen. Die Gruppe der älteren Männer mit Osteoporose nimmt ebenfalls zu: weil Männer immer älter werden. Der Beginn einer Osteoporose erfolgt jedoch etwa zehn Jahre später als bei älteren Frauen. Das liegt daran, dass Männer eine höhere maximale Knochendichte, die so genannte Peak bone mass, und einen größeren Knochenquerschnitt haben und keine Menopause mit relativ abruptem Abfall des Sexualhormons. Doch bei Männern wird der Knochenschwund seltener behandelt: in einer Studie an der Universität von Neusüdwales in Sydney zeigte sich, dass (nur) ein Drittel der Frauen in der Postmenopause und ein Zehntel der gleichaltrigen Männer nach dem ersten Knochenbruch eine Osteoporose-Behandlung erhalten. Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfehlen Senioren ab 60 Jahren, täglich 800 IE Vitamin-D als Nahrungsergänzung zu sich nehmen. Andere Experten propagieren 1000-2000 IE. Die Fähigkeit der Haut, Vitamin D3 zu bilden, nimmt im Alter um den Faktor drei bis vier (verglichen mit einem 20-jährigen Menschen) ab, so dass ein Mangel und damit Frakturen noch wahrscheinlicher werden. In einer aktuellen Veröffentlichung im New England Journal of Medicine wurde gezeigt, dass Senioren, die Vitamin D3 einnehmen, sicherer gehen, seltener stürzen und weniger Knochenbrüche erleiden. Im Rahmen der Osteoporosetherapie ist eine Gleichstellung der Patientinnen und Patienten dringend vonnöten: junge müssen ebenso gut behandelt werden, wie alte Menschen und Männer wie Frauen.