„Zeig mir deine Freunde und ich sag dir wer du bist“ – ein abgedroschenes Sprichwort? Ganz und gar nicht, wenn es um das Körpergewicht geht. Denn Freunde gehen tatsächlich durch dick und seltener durch dünn, wie US-Forscher an High-School-Studenten herausfanden.
Dass der Freundeskreis das Denken und Verhalten beeinflusst, ist bei Jugendlichen allseits bekannt. Auch das Gesundheitsverhalten und die Gewichtsentwicklung sind ist da nicht ausgenommen. Bereits eine im Jahr 2007 vielbeachtete Längsschnittstudie mit über 12.000 Studienteilnehmern, deren Beobachtungszeitraum 32 Jahre betrug, ergab, dass Übergewicht in sozialen Netzwerken geradezu kontagiös ist und Netzwerke bedeutsamer für das Gewicht sind als irgendwelche Gene. Doch lässt sich anhand von traditionellen statistischen Analysen oft nicht sagen, ob die Ursache des gehäuften Auftretens von Fettleibigkeit in Gruppen in der Homophilie, d.h. in der Tendenz sich der eigenen Person ähnliche Freunde zu suchen, liegt oder ob die geteilten äußeren Einflüsse als entscheidend zu betrachten sind. Gleich und gleich gesellt sich gern, oder nicht? Warum Fettleibigkeit und damit verbundene Verhaltensweisen junger Menschen in sozialen Netzwerken gebündelt auftreten, versuchten David Shoham und Kollegen der Loyola Universität in Chicago zu klären. Wie in der Fachzeitschrift PLoS One veröffentlicht untersuchten sie die Daten von annähernd 1.800 Highschool-Studenten, die an der National Longitudinal Study of Adolescent Health teilnahmen. Die Schüler stammten aus zwei Schulen, einer eher ländlich gelegenen mit fast ausnahmslos angloamerikanischen Schülern und einer städtischen Schule mit ethnischer Vielfalt der Schüler. Erhobene Daten zu Gewicht (BMI), Freundschaften, sportlichen Aktivitäten und Bildschirmzeit stammten aus den Jahren 1994/95 und dem folgenden Schuljahr. Für die Datenanalyse nutzen die Forscher eine anspruchsvolle statistische Technik eines stochastischen Modells, um zu bestimmen, welcher Anteil der Beziehung Fettleibigkeit – soziales Netzwerk sozialen Einflüssen oder der Homophilie geschuldet ist. Freunde gehen eher durch dick als durch dünn Tatsächlich ist ein Teil der Ursache, warum Fettleibigkeit in sozialen Netzwerken vermehrt auftritt, in der Auswahl der Freunde zu suchen. Unabhängig davon zeigt die Studie aber auch einen signifikanten sozialen Einfluss auf den BMI. Hatte ein Schüler beispielweise grenzwertiges Übergewicht und dünne Freunde mit einem durchschnittlichen BMI von 20, betrug die Chance einer zukünftigen Gewichtsabnahme 40 Prozent. Die Chance an Gewicht zuzulegen betrug dagegen nur 27 Prozent. Hat der grenzwertig Übergewichtige jedoch fettleibige Freunde mit einem BMI von durchschnittlich 30, ist die Chance eines Gewichtsverlusts in Zukunft mit 15 Prozent eher gering, die der Gewichtszunahme mit 56 Prozent aber groß. Der soziale Einfluss wirkt offenbar stärker in Richtung Schädlichkeit, besonders für den BMI, so das Resümee der Forscher. „Deshalb ist es weniger effektiv, den Fokus auf den Gewichtsverlust zulegen anstatt auf Strategien der Primärprävention gegen Gewichtszunahme. Effektive Interventionen müssen diese Barrieren überwinden und dabei soziale Netzwerke genau betrachten und nicht ignorieren.“ Krankheitsüberträger Facebook Die Ergebnisse sind begrenzt aussagefähig, da die Daten auf Selbstberichten basieren. Studien sozialer Netzwerke sind Beobachtungsstudien, was Belege der Kausalität von Assoziationen einschränkt. Auch waren im statistischen Modell einfach Annahmen zu Bildung, Bestand und Trennung von Freundschaften gemacht worden, die nicht direkt überprüft wurden. Nicht zuletzt waren die Daten nicht ganz aktuell und zu einer Zeit erhoben worden als Fettleibigkeit bei Kindern noch seltener vorkam und auch von Facebook noch keine Rede war. Ob und wie auch Facebook als elektronisches soziales Netzwerk das Gewicht beeinflusst, ist Gegenstand einer Untersuchung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Freunde und soziale Nähe sind beispielsweise am Verlinken von Fotos erkennbar oder an Posts von Freunden an der Pinnwand. Die Untersuchung von Netzwerkstrukturen sind ebenso bedeutsamen wie Indikatoren, die für die Gewichtszunahme oder -abnahme eine Rolle spielen. In Zusammenarbeit mit einem Marktforschungsunternehmen stellen etwa 3.000 Facebook-User anonym Informationen zu Verfügung. Gleichzeitig entwickelten sie die Facebook-Anwendung „Calorie Cruncher“, die zu gesundheitsbewusstem Verhalten im sozialen Netzwerk motivieren soll und bereits nutzbar ist. Der Kalorienverbrauch kann errechnet und gepostet werden. Im Idealfall stehen virtuelle Freunde in Konkurrenz, wer die meisten Kalorien verbraten hat.