In normalen Haushaltsschwämmen tummeln sich mehr potenziell gefährliche Keime als in Fäkalien, berichten Mikrobiologen. Sie sehen vor allem Risiken für Patienten mit Vorerkrankungen und raten von pragmatischen Reinigungsmethoden ab.
In Deutschlands Privathaushalten, Büros und Firmen fristen mindestens 100 Millionen Schwämme ihr Dasein. Weltweit erstmalig haben Forscher um Professor Dr. Markus Egert von der Hochschule Furtwangen eine Stichprobe von 14 Stück mit modernsten Methoden untersucht. Um Bakterien zu identifizieren, sequenzierten sie 16S-ribosomale RNA. Außerdem kombinierten sie die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) mit modernen mikroskopischen Techniken.
Mikroskopische Aufnahmen und 3D-Modelle fluoreszenzmarkierter Bakterien in einem gebrauchten Küchenschwamm (Maßstäbe: A-D 10 μm, E-H 20 μm) © Hochschule Furtwangen Egert und Kollegen fanden 362 verschiedene Arten von Bakterien. Dazu gehörten auch Acinetobacter johnsonii, Moraxella osoloensis und Chryseobacterium hominis. Sie können bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem zu Infektionen führen. Dazu gehören Menschen mit Vorerkrankungen, aber auch Senioren. „Was uns überrascht hat: Fünf der zehn häufigsten von uns gefundenen Arten gehören in die sogenannte Risikogruppe zwei, das bedeutet sie sind potentiell pathogen“, fasst Egert zusammen. „Teils erreichten die Bakterien Dichten von mehr als 5 mal 10 hoch 10 Zellen pro Kubikzentimeter“, so Egert weiter. „Das sind Konzentrationen, wie man sie sonst nur noch in Fäkalproben findet.“ Seine Zahlen erklärt er vor allem mit optimalen Lebensbedingungen im Küchenschwamm. Neben der großen Oberfläche gibt es ausreichend Feuchtigkeit und organisches Material, das beim Reinigen in die Poren gelangt. Vielen Verbrauchern sind hygienische Probleme durchaus bewusst. Sie verhalten sich aus wissenschaftlichem Blickwinkel jedoch falsch.
Verbraucher waschen ihre Schwämme gründlich aus oder geben sie feucht in die Mikrowelle. Hier fanden Wissenschaftler um Egert sogar deutlich höhere Anteile der potentiell pathogenen Bakterien. Sie spekulieren, das Reinigen führe zwar kurzfristig zur Verminderung der Keimbelastung. In der schnell nachwachsenden Population hätten potentiell pathogenen Bakterien aber bessere Möglichkeiten, nachzuwachsen – vermutlich aufgrund ihrer höheren Stresstoleranz. Bleibt als Expertenrat: Küchenschwämme sollten wöchentlich ausgetasucht werden. In neu gekauften Exemplaren befanden sich keine Bakterien. Quelle: Microbiome analysis and confocal microscopy of used kitchen sponges reveal massive colonization by Acinetobacter, Moraxella and Chryseobacterium species. Massimiliano Cardinale et al., Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-017-06055-9; 2017