Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die meisten Mammakarzinome durch Mutationen in 30 bis 50 Genen verursacht werden. Eines der Schlüsselergebnisse ist, dass viele der neu entdeckten Brustkrebsmutationen spezifisch in den einzelnen, bereits etablierten vier Brustkrebs-Subklassen auftraten.
Die Studie „Comprehensive molecular portraits of human breast tumours“ wurde im Fachmagazin „Nature veröffentlicht. Die Studienautoren des „Cancer Genome Atlas Networks“, ein großes Konsortium, hauptsächlich in den USA ansässiger Forschergruppen, haben Tumorzellen und zur Kontrolle Keimbahnzellen von 825 Patienten mit einer großen Anzahl von molekularen Hochdurchsatzverfahren untersucht. Gesammelt wurden u.a. mRNA-Expressionsdaten, Informationen zur DNA-Methylierung, und zu DNA-Punktmutationen. Weiters wurde die microRNA sowie das komplette Exom sequenziert und die Expressionen bestimmter Proteine gemessen. Für 348 Tumoren waren schließlich Daten von allen angewandten Techniken vorhanden. Die Ergebnisse weisen auf eine sehr heterogene Erkrankung hin, nur drei Gene (TP53, PIK3CA und GATA3) wurden in zehn Prozent oder mehr aller Tumoren mutiert. Mammakarzinome können klinisch in drei therapeutische Gruppen eingeteilt werden: ER-positive Tumoren sprechen auf Hormonantagonisten an. Brustkrebszellen, in denen mehrere Kopien des HER2-Gens gefunden werden, können mit Antikörpern therapiert werden. Eine dritte Klasse, der diese Marker fehlen, sind auf Chemotherapie angewiesen. Diese Klassifizierung konnte in den letzten Jahren durch Genexpressionsanalyse auf vier Subtypen erweitert werden. Diese vier Typen unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer Prognose und der Therapie, auf die sie ansprechen. Die vier molekularen Klassen konnten durch die jetzt vorliegende Studie bestätigt und verfeinert werden. Die Brustkrebs-Untergruppen im Detail
„Wir sind durch unsere Studie jetzt einen großen Schritt weitergekommen, die genetischen Ursachen der vier wichtigsten Brustkrebsformen zu verstehen“, berichtet Studienleiter Matthew Ellis von der Washington University School of Medicine in St. Louis. Damit sei die Katalogisierung nahezu aller genetischen Mutationen bei Brustkrebs abgeschlossen. „Jetzt können wir auf Basis des genetischen Profils des Tumors untersuchen, welche Medikamente für die Brustkrebspatienten am wirkungsvollsten sind“, betont Ellis. „Möglicherweise können wir damit in Zukunft genauer voerhersagen, welchen Frauen man eine Chemotherapie ersparen kann“, ergänzt Prof. Dr. Matthias W. Beckmann, Direktor der Frauenklinik an der Universität Erlangen. Bis diese Forschungsergebnisse im Klinikalltag genutzt werden können, bedarf es jedoch weiterführender Studien, die Jahre in Anspruch nehmen werden. Derzeitige Behandlungsmethode Derzeit entscheiden Ärzte aufgrund der Größe des Tumors, der Art der Zellen und der Anzahl der befallenen Lymphknoten über die Behandlungsmethode. Eine wichtige Rolle spielen Marker im Tumorgewebe anhand derer Vorhersagen getroffen werden, wie schnell das Karzinom wächst und auf welche Medikation oder Chemotherapie zurückgegriffen werden sollte. Getestet wird außerdem, ob die Krebszellen Bindungsstellen für Östrogen und Progesteron aufweisen, und man sucht nach HER2-Rezeptoren, an die Wachstumsfaktoren binden. Auch der Marker Ki-67 wird bestimmt. In je mehr Zellen er auftritt, umso schneller teilen sich diese. Aufgrund dieser Faktoren wird die individuelle Behandlung festgelegt. Derzeit werden Mammakarzinom häufig operiert, wobei in 80 Prozent der Fäle nicht die gesamte Brust entfert werden muss, sondern nur der Tumor. Danach erfolgt eine Bestrahlung, dann eine Chemotherapie. Befinden sich in Krebszellen Hormonrezeptoren, wird zusätzlich eine Anti-Hormon-Therampie empfohlen. Nach WHO-Angaben erkranken pro Jahr weltweit etwa 1,3 Millionen Menschen an Brustkrebs, 450.000 von ihnen sterben, in Deutschland werden jährlich 72.000 neue Fälle diagnostiziert und 17.000 Personen sterben an Mammakarzinomen. Obwohl auch Männer an Brustkrebs erkranken können, sind mehr als 99 Prozent der Betroffenen Frauen. Der Krebsgenom-Atlas (TCGA) 2006 starteten Krebsgenetiker an US-Genomzentren und am britischen Sanger-Institut ein 100 Millionen-Dollarprojekt mit dem Ziel, defektes Erbgut von Tumoren zu decodieren. Der „Cancer Genome Atlas“ (TCGA) sollte sämtliche Gendeffekte aller bekannten Krebsarten umfassen. Ende 2008 wurde das International Genome Consortium unter Beteiligung von 22 Industriestaaten gegründet. Zunächst sollten die Zellfunktionen der 50 wichtigsten Tumorarten komplett dechifriert werden. Ziel ist es die Proteine kennen zu lernen, die der Körper anhand von krankhaft veränderten Genen herstellt, um sie anschließend zielgerichtet blockieren zu können. Weiters sollen Prognosen über den Krankheitsverlauf der Krebserkrankungen erstellt werden. Drittens möchte man ermitteln, ob ein Patient aufgrund seines individuellen Gencodes auf eine bestimmte Behandlungsform ansprechen kann. Für dieses Ziel sollen innerhalb von zehn Jahren für jede der 230 bekannten Tumorarten je 500 Proben von erkranktem und gesundem Gewebe analysiert werden. Die ersten Ergebnisse der Forschungsanstrengungen wurden schon publiziert: Das Genom eines Brustkrebs- und eines Leukämie-Patienten, jeweils als Vergleich zwischen Krebszelle und gesunder Körperzelle, wurde bereits veröffentlicht.