Schizophrenie zu diagnostizieren kann selbst Experten Kopfzerbrechen bereiten, denn es gilt, das innere Erleben des Patienten richtig einzuordnen. Auch die Therapie kann sich schwierig gestalten. US-Forscher sind nun auf der Suche nach Biomarkern aus dem Labor.
Die Schizophrenie ist nach wie vor die große mysteriöse Unbekannte in der Medizin, die sich beschreiben lässt, aber nicht immer erkennen. Das Unfassbare macht vielen Menschen Angst und sorgt für Ablehnung. Zwar ist „nur“ rund ein Prozent der Bevölkerung betroffen, unabhängig davon, aus welchem Gebiet dieser Erde, doch kann es jeden treffen.
Es gibt eine klare familiäre Häufung. Verlass darauf ist aber nicht. Betroffene sind fast immer jung, zwischen 20 und 30 Jahre, und stehen nicht selten vor einer steilen Krankheitskarriere, in der mehr oder weniger plötzlich die Krankheit Regie führt. Es bleibt meist nicht bei einer Krankheitsepisode, ohne Therapie ist die Rückfallquote mit 70 Prozent immens, mit neuroleptischer Therapie 30 Prozent, also immer noch hoch.
Behandlung mit Folgen
Nur 20 Prozent der behandelten Patienten erfahren eine vollständige Wiederherstellung. Denn die Behandlung gestaltet sich schwierig. Die Devise: Finde nach der korrekten Diagnose die passenden Medikamente, die richtige Dosis und vor allem motiviere den Patienten, denn 60 Prozent gelten langfristig als non-compliant. Leider sorgt die Behandlung mit Neuroleptika nicht nur für Veränderungen im Kopf, sondern auch im Körper. Ob Non-Responder oder Non-Compliance, die Person und das Leben können sich bis zur Unkenntlichkeit verändern. Kein Partner, keine Arbeit, Stigmatisierung und soziale Isolation. Zehn Prozent setzen ihrem Dasein innerhalb der ersten zehn Jahre ein Ende, die Lebenszeit verkürzt sich durchschnittlich um 25 Jahre.
(K)ein Ass im Ärmel
Hauptproblem in der Psychiatrie ist, dass es keine verlässlichen Labortests gibt, die die Diagnose sicher zulassen, bei der Lenkung der Therapie helfen oder sichere Vorhersagen zur Entwicklung der Erkrankung zulassen. Der Arzt muss aus Verhalten und Angaben des Patienten oder anderer Personen auf das Innenleben des Betroffenen schließen. Angesichts der zur Krankheit passenden oft wirren Phänomenologie tun sich auch erfahrene Psychiater oftmals schwer mit der Diagnose, zumal einige Patienten kognitiv und funktionell beeinträchtigt sind und ihre Gedanken gar nicht klar äußern können.
Endophänotypen analysiert
Die Identifikation von neurobiologischen Biomarkern der Schizophrenie, sogenannte Endophänotypen, ist Thema einer Studie von Gregory Light, Psychiater an der Universität von Kalifornien in San Diego und Mitarbeitern. Endophänotypen sind quantitative laborbasierte Biomarker, die Verbindungen zwischen genetischer Variation und klinischer Krankheitserscheinung darstellen. Ziel war es, unter der ganzen Batterie von neurophysiologischen und neurokognitiven Untersuchungen, die in Diagnostik und Therapie der Schizophrenie angewendet werden, jene Verfahren herauszufiltern, die reliable und genaue Langzeitindikatoren sind, auch wenn offensichtliche Symptome nicht ohne Weiteres erkennbar sind.
Viele Untersuchungen erscheinen als geeignete Biomarker
Insgesamt 545 Studienteilnehmer, 341 mit einer Schizophrenie und 205 ohne psychiatrische Erkrankung, nahmen an 15 Untersuchungen der Kognition und Erinnerung sowie einer Reihe von neurophysiolgischen Tests teil. Ein Jahr später wurden 220 Personen nachuntersucht, davon 163 mit Schizophrenie. Die meisten neurophysiologischen und neurokognitiven Messungen ergaben mittelgeradige bis große Defizite bei Schizophreniepatienten. Diese Ergebnisse blieben über die Zeit relativ stabil, ergab die Nachuntersuchung. Zudem erwiesen sie sich als unabhängig vom klinischen Status. Doch auch klinische Symptome und funktionelle Messungen erwiesen sich als stabil.
Die Stabilität der Ergebnisse und die Unabhängigkeit vom klinischen Status deuten bei der Mehrzahl der Untersuchungen darauf hin, dass sie geeignete Endophänotypen, also geeignete Biomarker der Schizophrenie sind. Sie sind für Genomstudien und klinische Studien geeignet. Dass auch bei klinisch unauffälligen Verwandten von Schizophreniepatienten Defizite in Tests nachweisbar sind, wie Studien belegen, deutet auf Erbkomponenten hin. Biomarker könnten die Lücke zwischen Erbkomponenten und Erscheinung der Schizophrenie füllen.
Weitere Forschungsarbeiten sollten klären, ob sich mithilfe der Endophänotypen auch andere psychiatrische Erkrankungen unterscheiden lassen, so die Autoren der Studie. Die Validierung laborbasierter Biomarker ist für zukünftige Genomstudien und klinische Studien der Schizophrenie bedeutsam.
Interessant wären Biomarker auch im Zusammenhang mit der Vorhersage einer Konversion in eine Psychose, mit der Reaktion auf medikamentöse und nicht medikamentöse Therapien und zur Beobachtung der Krankheitsprogression.