Zwischen 2005 und 2015 hat sich die Zahl der nachgewiesenen Hepatitis-E-Infektionen in Europa verzehnfacht. Forscher gehen davon aus, dass rohes Schweinefleisch, etwa als Mettbrötchen oder Tartar, die wichtigste Infektionsquelle darstellt. Sie warnen vor allem Risikopatienten.
Angesichts der Diskussion um Hepatitis C und dessen erfolgreiche, wenn auch teure Therapie geraten Hepatitis-E-Viren (HEV) mehr und mehr in Vergessenheit. Ärzte kennen die Erkrankung oft nur von Katastropheneinsätzen. Vor allem nach monsunartigen Überschwemmungen kommt es in Südostasien häufig zu Epidemien. Jetzt hat das European Centre for Disease prevention and Control (ECDC) neue Zahlen zum Vorkommen der Infektion in der EU veröffentlicht.
Obwohl HEV-Infektionen keine auf EU-Ebene meldepflichtigen Erkrankungen ist, haben 20 Länder Überwachungssysteme aufgebaut. Deutschland ist ebenfalls an Bord, Details regelt das Infektionsschutzgesetz (IfSG), § 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern. Europaweit hat sich die Zahl bestätigter HEV-Fälle zwischen 2005 (514 Patienten) und 2015 (5.617 Fälle) verzehnfacht. Im gesamten Zeitraum wurden 28 Todesfälle gemeldet. Für Deutschland gibt das Robert Koch-Institut (RKI) 1.983 Erkrankungen an, Stand 2016. Im Jahr 2005 waren es noch 54. „Mögliche Erklärungen für den Anstieg der gemeldeten Fälle im Laufe der Jahre könnten das erhöhte Bewusstsein und die Tests auf Hepatitis E sein, aber auch die Ernährung könnte eine Rolle spielen“, so ECDC-Experte Professor Mike Catchpole. „Wenn wir über das Ziel sprechen, Hepatitis bis 2030 zu eliminieren, sollten wir auch an Hepatitis E denken.“ Wie so oft sind schwangere Frauen, Patienten mit supprimiertem Immunsystem oder mit Vorerkrankung der Leber besonders gefährdet. Aber wie kommt es überhaupt zur Infektion?
Die European Food Safety Authority (EFSA) schreibt, Lebensmittelübertragungen von HEV scheinen ein wichtiger Weg in Europa zu sein; Schweine und Wildschweine gelten als Hauptquelle von HEV. Deshalb warnen Experten Verbraucher davor, rohes oder nicht durchgegartes Schweinefleisch zu konsumieren. Gleichzeitig sollte auf mehr Hygiene in der Küche geachtet werden. „In der Vergangenheit dachte man, die Hauptquelle für Infektionen sei das Trinken von kontaminiertem Wasser bei Reisen außerhalb der EU. Heute aber wissen wir, dass Lebensmittel die wichtigste Übertragungsquelle der Krankheit in Europa sind“, so Rosina Girones, Vorsitzende der Arbeitsgruppe der EFSA für Hepatitis E. Ihre Behörde bewertet HEV innerhalb der Union vor allem als Erkrankung reicher Länder. Bislang ist es nicht möglich, HEV in Lebensmitteln mit vertretbarem Aufwand nachzuweisen. Kausale Therapien sucht man vergebens. Lediglich in China wurde der Impfstoff Hecolin zugelassen.