Wäre es nicht fantastisch: Eine Zahnarztpraxis, die Kunden magnetisch anzieht? Hinter entsprechenden Wunschvorstellungen stecken harte, handwerkliche Arbeit sowie ein Heilberuf aus Leidenschaft. Das allein reicht heute aber nicht mehr aus: Neue Zauberworte lauten Unternehmensführung und Kommunikation – unterstützt durch professionelles Coaching.
Nach dem Studium überlegen Zahnärzte immer häufiger, ob sie selbständig werden wollen oder nicht. „Neben rein fachlichem Können braucht es vor allem Kompetenz in Sachen Unternehmensführung und Mitarbeiterführung“, sagt Axel Thüne. Der gelernte Dentalkaufmann begleitet seit mehr als zehn Jahren Zahnärzte auf dem steinigen Weg zum Erfolg. Längst sind Praxen über den reinen Heilberuf hinaus zu Wirtschaftsunternehmen geworden. Thünes Maxime: „Jeder Behandler sollte deshalb pro Monat einen halben Tag nur für Themen wie Unternehmensführung oder Zukunftsplanung vorsehen.“ Genauso selbstverständlich wie bei der Steuer wären auch hier Beratungsleistungen notwendig, und zwar in allen Teilbereichen. Geheimnisvolles Gegenüber Das beginnt bei den Mitmenschen – also Patienten und Angestellten. Habe ich Zeit und Lust, zuzuhören? Interessiere ich mich nicht nur für die Zähne, sondern vielmehr für das komplexe Individuum? So lauten entscheidende Fragen, die sich jeder Zahnarzt stellen muss. Erfolgreiche Kommunikation ist aber kein Geheimnis. Axel Thüne hat beobachtet, dass sich Gesprächspartner ganz nach Carl Gustav Jungs Theorie extrovertiert oder introvertiert verhalten. Weitere Deskriptoren sind Denken oder Fühlen. „Beachten Sie das im Umgang mit Patienten oder Mitarbeitern, werden alle besser verstanden“, sagt der Trainer. „Je mehr wir über die verschiedenen Verhaltensmuster wissen, desto besser können wir reagieren.“ Und zwar nicht nur bei Patienten: Angestellte entwickeln eine ähnliche Eigendynamik, die geführt und in einen Rahmen gefasst werden will. Gute Chefs – motivierte Angestellte Kürzlich hat eine Studie in diesem Zusammenhang gezeigt, dass immer mehr Arbeitnehmer innerlich kündigen. Meist liegt es laut der Unternehmensberatung „Gallup“ am Vorgesetzten. „Es gibt für mich grundsätzliche Eigenschaften, die einen guten Chef ausmachen: Menschen Vertrauen schenken zu können, eine klare Vision zu haben, Erwartungen zu formulieren und zu vereinbaren, Vorbild zu sein und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen sowie konsequent und berechenbar zu handeln“, sagt Axel Thüne. Falls Inhaber klare Vorstellungen über die Entwicklung ihrer Praxis besitzen und das Team mit ins Boot nehmen, ist der Grundstein für eine fruchtbare Zusammenarbeit gelegt. Danach gilt es, mit einzelnen Teammitgliedern für jeden Bereich der Praxis klare Meilensteine zu definieren – eigenverantwortlich, nicht als Vorgabe. Jede Belohnung, und das muss nicht unbedingt mehr Gehalt sein, motiviert zusätzlich: Wie wäre es mit einem gemeinsamen Abendessen oder einem Sommerausflug? Ganz wichtig: „Ziele zu erreichen und wirtschaftlich zu arbeiten, steht nicht im Widerspruch zur ärztlichen Ethik“, stellt Thüne klar. Erster Eindruck: Chance genutzt Bei allen Neuerungen steht der Patient im Mittelpunkt. Wer eine Zahnarztpraxis sucht, recherchiert immer häufiger im Netz. Axel Thüne: „Die Kombination aus einer klaren Vision und der passenden Homepage mit Inhalten, die in der Praxis tatsächlich erlebbar sind, machen den Auftritt rund. Vom ersten Eindruck im Web bis zum Verlassen der Praxis entsteht ein einheitliches Bild, welches Sicherheit, Vertrauen und Bindung erzeugt.“ Heute ist eine entsprechende Webpräsenz ohne große Investitionen zu machen, doch kommt es auf ein paar Punkte an: Patienten in spe interessieren sich zuallererst für den Arzt und sein Team, freundliche Fotos lassen das Eis schnell schmelzen. Ein attraktives Dienstleistungsspektrum über klassische Zahnarztangebote hinaus wirkt ebenfalls anziehend. Dazu gehören zuallererst die Sprechzeiten. Wie wäre es ansonsten mit einem Rückruf-Service (Callback) zur Terminvereinbarung? Aber Achtung: Freundlichkeit an Telefon ist beim üblichen Stress im Wartebereich meist leichter gesagt als getan, prägt den ersten, positiven Eindruck jedoch ganz entscheidend. Service vor dem ersten Termin Haben neue Patienten angebissen und ihren ersten Termin vereinbart, punktet das Team durch professionellen Kontakt: Reicht die Zeit, erhalten Patienten umgehend per Post eine kleine Broschüre mit wichtigen Informationen rund um die Praxis sowie einen detaillierten Fragebogen für die Erstanamnese. Eine Anfahrtsbeschreibung mit Hinweis auf das nahe Parkhaus bewahrt davor, plötzlich Zahlungshinweise städtischer Angestellter unter dem Scheibenwischer vorzufinden. Schließlich ist es soweit, und ein neuer Patient betritt die Praxis. Statt sich auf dessen Versichertenkarte zu stürzen, zehn Euro zu vereinnahmen und das schlichtweg überforderte Gegenüber ins Wartezimmer zu komplementieren, schlägt Thüne vor, sich von der Masse positiv abzugrenzen: durch einen persönlichen Empfang inklusive Handschlag und Willkommensgruß vor den unvermeidlichen Formalitäten. Vorsicht Fluchtreflex Um der eigenen Betriebsblindheit entgegenzuwirken, lohnt ab und zu ein Blick durch die Brille der Kundschaft: Behandlung bleibt Behandlung, doch müssen unbedingt Makroaufnahmen kariöser Gebisse im Wartezimmer hängen? Der leuchtende Neonröhrenzahn tut sein Übriges, um Patienten in den „Alarmmodus“ zu versetzen. Mit einer Großinvestition allein ist das Problem nicht gelöst: „Manchmal habe ich den Eindruck, dass sehr viel Geld in Einrichtung investiert wurde, die Mitarbeiter darin aber eher wie Fremdkörper wirken, weil sie sich mit ihrem Umfeld nicht identifizieren können“, so Thüne. „Wohlfühlatmosphäre entsteht erst dann, wenn sie vom Team auch wirklich gelebt wird.“ Und zwar auf Schritt und Tritt. Sicher geleitet „Bei Praxis-Coachings fällt immer wieder auf, dass die Abholung aus dem Wartezimmer nicht besprochen wurde“, sagt Axel Thüne. „Dieser Punkt wird oft unterschätzt.“ Statt eines kräftigen „Der Nächste, bitte!“ steht auch hier der persönliche Kontakt, sprich die Abholung durch ein Teammitglied, an erster Stelle. Statt Patienten anschließend auf dem Behandlungsstuhl zu parken und bereits allerlei furchterregende Instrumente bereitzulegen, beruhigt oftmals ein neutraler Sessel im gleichen Raum. „Beim Gynäkologen würde auch niemand auf die Idee kommen, Patientinnen auf dem Behandlungsstuhl warten zu lassen“, gibt der Experte zu bedenken. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit Nach Diagnostik und Akutversorgung sind oft größere Sanierungsmaßnahmen angezeigt – heute fallen darunter viele Leistungen, die gesetzlich Versicherte aus ihrer eigenen Tasche berappen müssen. Jetzt gilt es, gemeinsam herauszufinden, wie die persönliche Idealvorstellung aussieht. Je größer der Wunsch, desto kleiner wird auch die Hemmschwelle sein. Wenn Behandler ihre Leistung allerdings selbst als hochpreisig ansehen, gestalten sich Beratungsgespräche schwierig. Bei der mehr oder minder erfolgreichen Überzeugungsarbeit steht plötzlich die Leistung im Mittelpunkt und nicht mehr der Mensch mit seinen Bedürfnissen. Laien schalten schnell ab – und sind nicht mehr bereit, höhere Summen für Qualität auszugeben. Ein Patient, dessen Wünsche hingegen individuell erfüllt werden, berichtet auch gerne darüber. Und schon ist die Praxis beim Empfehlungsmarketing angelangt, einem der besten Wege, neue Kunden zu gewinnen.