Kleine Geräte zur Langzeitmessung von Herzfrequenz, Blutdruck oder Sauerstoffsättigung stören Patienten häufig, da sie auf der Haut jucken oder in der Bewegung einschränken. Ein Pflaster, das am Finger getragen wird, soll die Messung dieser Vitalparameter alltagstauglich machen.
Im klinischen Alltag erfassen Ärzte etliche Vitalparameter wie die Körpertemperatur, den Sauerstoffgehalt des Blutes beziehungsweise die Leistung von Herz, Gehirn und Muskeln über Sensoren. Akihito Miyamoto von der University of Tokyo kritisiert zwei zentrale Nachteile: "Viele Gerätschaften seien zwar gut, aber zu groß, um Langzeitmessungen über Wochen hinweg durchzuführen", schreibt der Forscher. Außerdem reagieren die Patienten auf Klebstoffe zur Befestigung häufig mit Juckreiz oder Ausschlägen. Das ist nicht nur unangenehm, sondern kann die Messung selbst beeinflussen. Jetzt stellt er einen multifunktionalen Sensor vor, der über Wochen am Finger getragen werden kann.
Grundlage seines neuen Messpflasters ist eine hauchdünne Schicht aus Polyvinylalkohol. Es passt sich natürlichen Strukturen des Fingers an, fungiert aber gleichzeitig als Träger für dünne Nano-Goldstrukturen auf der Oberfläche. Im nächsten Schritt spülte Miyamoto den Kunststoff weg. Zurück blieben feine, elektrisch leitfähige Goldfilamente, die sich biologischen Strukturen perfekt angepasst hatten. Gleichzeitig waren die Strukturen luftdurchlässig und akzeptierten auch mechanische Belastungen in gewissem Maße: Das aus Polyvinylalkohol (PVA) und Gold (Au) gebildete Nanomesh haftet bei der Besprühung mit Wasser auf der Haut. PVA löst sich auf, und Goldstrukturen bleiben übrig. © 2017 Someya Laboratory
Nach der erfolgreichen Vorbereitungsphase im Labor wählte das Team 20 gesunde Probanden für weitere Tests aus. Dabei sollten sowohl die Alltagstauglichkeit als auch der Einsatz bei medizinischen Messungen überprüft werden. Miyamotos Nanopflaster überstand mühelos mehr als 10.000 Bewegungen des Fingers. Einzelne Goldröhrchen brachen zwar. Das Netzwerk reichte jedoch aus, um die Funktionalität zu gewährleisten, sprich Strom zu leiten. Reizungen traten bei den Studienteilnehmern nicht auf. Sensor to go: Der Strom fließt aus einer flexiblen Batterie in der Nähe des Knöchels durch den Leiter und versorgt die Mess-LED. © 2017 Someya Laboratory Tokyoter Wissenschaftler beschränkten sich momentan auf EMG-Ableitungen der Muskelaktivität. Die Ergebnisse seien durchaus mit Gelelektroden vergleichbar, heißt es im Artikel. Im nächsten Schritt sind umfangreichere Tests mit mehr Teilnehmern erforderlich. „Es wird bald möglich sein, die Vitalfunktionen der Patienten zu überwachen, ohne Stress oder Unannehmlichkeiten zu verursachen“, hofft Coautor Professor Takao Someya von der Uni Tokyo. Quelle: Inflammation-free, gas-permeable, lightweight, stretchable on-skin electronics with nanomeshes. Akihito Miyamoto et al., Nature Nanotechnology, doi: 10.1038/nnano.2017.125; 2017