Wer mit einer Depression zum Arzt geht, wird schnell mit Antidepressiva versorgt. Doch ist das gut so? Forscher haben nun herausgefunden, dass es bei leichten Depressionen oft hilfreicher ist, zunächst mit einer psychodynamischen Therapie zu beginnen.
Müdigkeit, Niedergeschlagenheit, Schlaflosigkeit, Appetitverlust und Grübeleien – halten depressive Symptome länger als zwei Wochen an, so ist laut Leitlinien eine Behandlung indiziert. Etwa 15 % der Frauen und 8 % der Männer erkranken innerhalb von 12 Monaten an einer Depression (IQWiG-Bericht 2009, Nr. 34). Ärzte behandeln die Patienten zwar individuell, jedoch verschreiben viele zunächst Antidepressiva. Jack Dekker und seine Kollegen vom Arkin Institut für Seelische Gesundheit, Amsterdam, fragten sich, wie der Arzt am besten vorgehen kann: Erst Psychotherapie und dann Tabletten, oder umgekehrt? Die holländischen Wissenschaftler führten eine Studie mit 103 Patienten durch, die an einer leichten oder mäßig schweren Depression litten. Die Patienten wurden auf zwei Behandlungsarme randomisiert: Eine Gruppe erhielt zunächst eine psychodynamische Therapie, die andere Gruppe erhielt initial Antidepressiva. Besserten sich die Symptome innerhalb von acht Wochen nicht um mindestens 30 %, wurde den Patienten eine kombinierte Therapie angeboten. Interessant dabei: Auch, wenn die initiale Behandlung nicht anschlug, wollten 40 % der Patienten ihre Monotherapie fortführen. Um die Symptome zu erfassen, nutzten die Autoren die Hamilton Depressions-Skala (HAM-D) sowie die "Clinical Global Impression Scale" (CGI). Außerdem verwendeten sie die Depressions-Subskala der Symptomcheckliste "SCL-90" sowie das "Euro-Quality of Life Questionnaire" (EuroQOL).
Das Thema "Depression" wird in unserem Dienst "Kollegen fragen" thematisiert: 1.) Literatur/Studien zur Post-Stroke-Depression? 2.) Prazosin bei Patienten mit Alpträume ohne PTBS 3.) Zusammenhang Thyreoiditis und psych. Auffälligkeiten Haben Sie auch eine Frage, die Sie gerne mit Ihren Kollegen diskutieren möchten? Dann stellen Sie hier Ihre Frage - und erhalten fachkundiges Feedback von Kollegen. Die Auswertung ergab: Am Ende der Studie hatte sich der Zustand der Patienten, die zuerst eine psychodynamische Therapie erhalten hatten, stärker verbessert als der Zustand der Patienten, die zunächst mit Medikamenten behandelt worden waren. Die Autoren schließen daraus, dass es sinnvoll ist, Patienten mit leichter oder mäßiger Depression zunächst eine Psychotherapie anzubieten und Medikamente erst bei ausbleibender Besserung hinzuzufügen. Frühe Besserung hilft Besonders wichtig für den Erfolg einer Behandlung sind anscheinend frühe Erfolgserlebnisse in der Therapie – das zeigt unter anderem eine Studie der Psychologin Amrei Schindler und ihrer Kollegen der Universität Mainz. Die Wissenschaftler wollten wissen, welche Faktoren zu einer erfolgreichen Verhaltenstherapie beitragen und wann Patienten ihre Therapie abbrechen. Hierzu untersuchten sie 193 Patienten, die an einer unipolaren Depression oder Dysthymie litten. Die Patienten erhielten eine kognitiv-behaviorale Therapie (CBT). Mit einem guten Ansprechen auf die Therapie war dann zu rechnen, wenn die Patienten vor der Behandlung eine schwerere Depression aufwiesen und bereits früh in der Therapie eine Verbesserung ihrer Symptomatik spürten. Ein Abbruch wurde dann wahrscheinlich, wenn die Patienten eine Persönlichkeitsstörung aufwiesen, geringere Erwartungen an die Therapie hatten und keine Verbesserung zu einem frühen Zeitpunkt der Therapie verspürten. Fazit Bei depressiven Patienten ist viel Umsicht bei der Einleitung einer Therapie geboten. Milde und mäßige Depressionen können zunächst mit einer psychodynamischen Therapie behandelt werden – erst bei Nichtansprechen sollte der Arzt auch eine medikamentöse Therapie anbieten. Erstaunlicherweise bevorzugen viele Patienten eine Monotherapie, wie die Studie von Jack Decker et al. zeigt. Die kognitiv-behaviorale Therapie ist ebenfalls wirksam; anscheinend tragen frühe Therapieerfolge entscheidend zu einem guten Therapieergebnis bei.